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Donald Trump plant radikale Wende der US-Politik im Ukraine-Krieg


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Krieg in der Ukraine
Trump, der Friedenspräsident?

  • Uwe Vorkötter
MeinungEine Kolumne von Uwe Vorkötter

17.12.2024 - 02:37 UhrLesedauer: 5 Min.
Donald TrumpVergrößern des Bildes
Donald Trump will, dass der Ukraine-Krieg bald vorbei ist. (Quelle: Evan Vucci/AP/dpa/dpa-bilder)
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Einen Weihnachtsfrieden wird es in der Ukraine nicht geben. Auch am Ende des dritten Kriegsjahres nicht. Aber es wird jetzt anders geredet über diesen Krieg. Weniger darüber, wie man ihn führt. Mehr darüber, wie man ihn beenden könnte.

Am 20. Januar 2025 beginnt die zweite Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident. Dass Trump die Verteidigung der Ukraine gegen Putins Russland weitere drei Jahre militärisch und finanziell unterstützen wird, kann man ausschließen. Er selbst hat das oft genug ausgeschlossen. Trump sieht weder im Donbass noch auf der Krim amerikanische Interessen ernsthaft berührt. Wenn die Europäer ihre Interessen berührt sehen, dann sollen sie sich selbst darum kümmern, findet er.

Am Rande der Wiedereröffnung von Notre-Dame in Paris hat Trump mit Emmanuel Macron und Wolodymyr Selenskyj gesprochen, danach erneuerte er seine Forderung nach einer "unverzüglichen Waffenruhe". Dem "Time Magazine", das ihn gerade zur Person des Jahres gewählt hat, gab er ein Interview, in dem er den von Joe Biden genehmigten Einsatz amerikanischer Raketen gegen militärische Ziele im russischen Hinterland kritisierte: "Warum tun wir das? Wir eskalieren diesen Krieg und machen ihn nur schlimmer." In einem NBC-Interview kündigte er an, die Ukraine müsse sich auf weniger Hilfe aus den USA einstellen. Das sind seine aktuellen Einlassungen, einen Monat vor dem Amtsantritt.

Uwe Vorkötter
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Uwe Vorkötter gehört zu den erfahrensten Journalisten der Republik. Seit vier Jahrzehnten analysiert er Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, er hat schon die Bundeskanzler Schmidt und Kohl aus der Nähe beobachtet. Als Chefredakteur leitete er die "Stuttgarter Zeitung", die "Berliner Zeitung" und die "Frankfurter Rundschau". Er ist Herausgeber von "Horizont", einem Fachmedium für die Kommunikationsbranche. Nach Stationen in Brüssel, Berlin und Frankfurt lebt Vorkötter wieder in Stuttgart. Aufgewachsen ist er im Ruhrgebiet, wo man das offene Wort schätzt und die Politik nicht einfach den Politikern überlässt.

Im Wahlkampf hat zuvor ein vielfach wiederholter Satz Trumps die Schlagzeilen dominiert: Er werde den Krieg an seinem ersten Amtstag beenden, innerhalb von 24 Stunden. Ein typischer Trump-Satz, großmäulig, herrisch, irrwitzig. Ein Satz, der Begeisterung bei den Gläubigen der MAGA-Religion auslöst: Unser Erlöser hat einen Plan! Und Empörung bei den Ungläubigen: Der hat doch nicht einmal einen Plan!

Hat er einen Plan? Und wenn ja, welchen? Eine Erkenntnis aus seiner ersten Amtszeit besagt, dass man Trump nicht immer wörtlich nehmen darf, dass man ihn aber unbedingt ernst nehmen muss. Konkret: Er wird den Krieg in der Ukraine nicht in 24 Stunden beenden. Aber: Vom ersten Tag seiner Amtszeit an wird die amerikanische Außenpolitik eine grundlegende Wende in Sachen Ukraine vollziehen. Er wird die Ziele neu definieren und neue Wege zum Ziel beschreiten.

Putin militärisch zu besiegen, hat für Trump keine Priorität. Die rechtmäßigen Grenzen der Ukraine wiederherzustellen, ist aus seiner Sicht ein nachvollziehbarer Wunsch, aber nicht erfüllbar. Er glaubt nicht, dass der freie Westen an der ukrainisch-russischen Grenze verteidigt wird. Sein großer Rivale sitzt nicht in Moskau, sondern in Peking. Also, so Trump, lasst uns diese Front bereinigen. Soweit das Ziel.

Kapitulation als Realpolitik

Und der Weg dahin? In Deutschland erheben AfD, BSW und Linke einfache Forderungen: Keine Waffen mehr für die Ukraine, kein Geld mehr für die Ukraine, die Sanktionen gegen Russland aufheben. Also Anerkennung der neuen Grenzen, Kapitulation als Realpolitik. Denkt Trump auch so? Nein, Putin takes it all – so denkt er nicht. Erst recht nicht, seit Putin diesen Krieg mit iranischen Raketen und nordkoreanischen Truppen führt. Schlechte Gesellschaft.

Inzwischen ist klar, wer für Trump den Krieg in der Ukraine beenden soll: Keith Kellogg, pensionierter General, ehemaliger Sicherheitsberater, eine interessante Personalie. Es gibt zwei aufschlussreiche Dokumente, die erkennen lassen, in welche Richtung Kellogg Trump beraten wird.

Das erste ist ein Strategie-Papier, das der Ex-General mit einem Co-Autor geschrieben und im April dieses Jahres veröffentlicht hat. Als unmittelbares Ziel der US-Politik nannte er schon damals den Waffenstillstand, wie Trump jetzt in Paris. Die Waffenlieferungen an die Ukraine sollten zwar fortgeführt werden, allerdings unter einer Bedingung: Kiew müsse sich auf Friedensverhandlungen einlassen. Und Putin bekommt ein Zugeständnis, damit er ebenfalls an den Verhandlungstisch kommt: Die Ukraine wird auf lange Sicht nicht Mitglied der Nato. Ihre Sicherheit soll trotzdem garantiert werden, wie auch immer.

Diplomatie statt Kampf

Das zweite Dokument ist ein Interview, in dem Kellogg ein paar Monate später seinen Plan gegenüber "Voice of America", dem staatlichen Auslandsradio der USA, konkretisierte. Die Ukrainer, so Kellogg, sollten nicht gedrängt werden, auf Teile ihres Landes zu verzichten. Genau das hatte kurz zuvor J. D. Vance, Trumps künftiger Vize, gefordert. "Wenn du einer von 100 Senatoren bist, kannst du eine Menge Dinge fordern", antwortete Kellogg ungerührt. "Wenn du für die Regierung sprichst, ändern sich die Dinge." Kiew müsse seine territorialen Ansprüche nicht aufgeben, allerdings einen anderen Weg einschlagen – Diplomatie statt Kampf. Dass dieser Weg nicht ans Ziel führen wird, solange Putin im Kreml herrscht, das kalkuliert auch Trumps Sondergesandter ein.

Bis 1990 verlief die Grenze zwischen der Nato und dem ehemaligen Warschauer Pakt mitten durch Deutschland. Die alte Bundesrepublik hatte die DDR erst in Gänsefüßchen gesetzt, dann faktisch als eigenen Staat anerkannt, ohne je auf die Wiedervereinigung als Staatsziel zu verzichten. Es dauerte 40 Jahre, bis die Zeit reif war. Damals, Anfang der 90er Jahre, war Keith Kellogg übrigens als General in Stuttgart stationiert, im Hauptquartier der US- Streitkräfte für Europa. Das deutsche Beispiel ist ihm also nicht fremd. Allerdings hat diese Analogie Grenzen: Westdeutschland stand von Anfang an unter dem Schutz der Nato. Der Westukraine soll seinem Plan zufolge genau dieser Schutz verwehrt bleiben.

Ein Fox-News-Mann schwadroniert

Hört Trump auf Kellogg? Und auf seinen Außenminister in spe, Marco Rubio? Der trat einst als Hardliner gegen Russland auf, heute sieht er wie Kellogg nur Verhandlungen als Ausweg aus der Sackgasse. Oder hört Trump auf seinen designierten Verteidigungsminister Pete Hegseth? Der ehemalige Fox-News-Mann schwadroniert darüber, dass Putin wahrscheinlich nicht viel weiter als bis zur polnischen Grenze gehen würde. Die Ukraine zu unterwerfen, in Kiew ein Marionettenregime zu installieren und der Erneuerung des großrussischen Reichs einen Schritt näher zu kommen, das waren Putins Ziele vor knapp drei Jahren. Er ist gescheitert. Hegseth kann sich offenbar vorstellen, ihm eine zweite Chance zu bieten.

Nicht erst seit Trumps Auftritt als De-facto-Präsident mit Macron und Selenskyj ist klar, dass sich die US-Außenpolitik grundsätzlich ändern wird. Die Europäer hätten sich darauf vorbereiten können. Passiert ist nichts. Macron ist ein Mann der großen Worte, weniger der großen Taten. Scholz zaudert in Wort und Tat. Die meisten anderen Europäer schauen auf Scholz und Macron. Bis auf Polen und die baltischen Staaten, denen ist es ernst mit der Verteidigung der Freiheit. Finnland und Schweden auch, dafür sind sie schließlich Mitglieder der Nato geworden.

Europa muss aber nach dem 20. Januar auf zwei Fragen Antworten geben.

Was kommt da auf Europa zu?

Erstens: Was kommt auf uns zu, wenn Trump tatsächlich einen Waffenstillstand zustande bringt? Übernehmen die Europäer dann Sicherheitsgarantien für die Ukraine? Nur mit den Amerikanern gemeinsam oder auch allein? Nur im Rahmen einer UN-Friedensmission oder auch als geopolitische Ordnungsmacht? Wer schickt Truppen in die Ukraine? Auch Deutschland? Zwischen Frankreich, Deutschland und Polen gibt es dazu keine Verabredungen. Zwischen Scholz, Pistorius und Baerbock auch nicht. Merz ist vorerst noch außen vor. Trump wird, siehe oben, einen Waffenstillstand nicht in 24 Stunden erreichen. Aber was, wenn er es in 24 Tagen schafft? Dann ist Berlin nicht handlungsfähig.

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Zweitens: Was kommt auf uns zu, wenn Trump die Ukraine letztlich doch sich selbst (oder den Europäern oder Putin) überlässt? Wozu sind die Europäer dann bereit und in der Lage, militärisch und finanziell? Wozu sind die Deutschen bereit, wenn es nicht mehr "nur" um Taurus-Raketen geht. Sondern darum, wie Europa für seine Sicherheit sorgt, ohne den Onkel aus Amerika. Eine Schicksalsfrage.

Jan van Aken, der Parteivorsitzende der Linken, hat in der Diskussion über mögliche Schutztruppen in der Ukraine diesen Vorschlag gemacht: Man könne die Demarkationslinie am besten durch chinesische Blauhelmsoldaten absichern. Denn auf die Chinesen würden die Russen nicht schießen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das ein Scherz sein sollte. Aber dieser Spruch ist ganz typisch für das Niveau der sicherheitspolitischen Diskussion in Deutschland: Es mangelt an Ernsthaftigkeit.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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