Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Tagesanbruch Das Geld zerrinnt
Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,
der Kitt unserer Gesellschaft ist Gerechtigkeit. Für alle gelten dieselben Gesetze, aber bei den Steuern und Abgaben nimmt der Staat den Reichen mehr, um den Ärmeren davon zu geben, damit die Wohlstandsschere sich nicht weiter öffnet. Soweit die Theorie.
Die Praxis sieht anders aus. Schon länger ist das Verhältnis zwischen Vermögenden und Geringverdienern außer Balance geraten, und die aktuellen Krisen drohen sie vollends zu zerstören. Wer viele Aktien besitzt, hat in der Corona-Pandemie glänzende Geschäfte gemacht. Der Besitz der zehn reichsten Familien Deutschlands wuchs um 40 Prozent auf sage und schreibe 230 Milliarden Euro. Das erscheint nicht nur ungerecht, sondern geradezu obszön. Wer dagegen als Angestellter oder Selbstständiger in der Veranstaltungsbranche, einem Kulturbetrieb oder der Gastronomie arbeitete, hat womöglich sämtliche Ersparnisse und obendrein vielleicht auch noch den Job und die Wohnung verloren.
Nun schlagen die Folgen des Krieges in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland ins Kontor. Die explodierenden Energiepreise und die hohe Inflation treffen jene am härtesten, die ohnehin schon jeden Euro umdrehen müssen. Eine repräsentative Umfrage für t-online zeigt: Immer mehr Bürger schränken sich im Alltag ein. Die Bundesregierung versucht, die Schäden zu lindern, indem sie aus ihrem scheinbar unerschöpflichen Füllhorn Steuermilliarden unters Volk wirft – 300 Euro Energiegeld hier, ein paar Monate lang für 9 Euro Bus und Bahn fahren da.
Einmalaktionen lösen das Problem aber nicht. Der Konflikt mit Russland wird noch Monate, womöglich sogar Jahre dauern. Wir stehen vermutlich erst am Anfang einer schweren ökonomischen Erschütterung.
Stolpern wir in eine Rezession, schlimmer als jene nach der Finanzkrise? Würgt ein Teufelskreis aus galoppierender Inflation, steigenden Löhnen und anziehenden Produzentenpreisen jede Chance auf eine wirtschaftliche Erholung ab? Diese Fragen mögen abstrakt klingen, aber sie haben konkrete Folgen für das Leben von Millionen Deutschen.
Deshalb sollten sie fachkundig und anschaulich beantwortet werden. Niemand in unserer Redaktion könnte das besser als der Leiter unseres Wirtschafts- und Finanzressorts, Florian Schmidt. Mit ihm und unserer Moderatorin Lisa Fritsch spreche ich in unserem heutigen Podcast über die Frage, was mit unserem Geld passiert. Wenn Sie nicht gerade Millionärin sind und sich ohnehin keine Sorgen machen müssen, sollten Sie sich das anhören.
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Diese Woche war ich für 20 Stunden in Tokio. Die Stippvisite hat ausgereicht, um mich für die größte Stadt der Welt zu begeistern. Ich wanderte nachts durch Hochhausschluchten, hörte in den Bars Partyleute jauchzen, ließ mir in einem Imbisslokal den Bestellautomaten erklären und war beeindruckt von der Höflichkeit der Menschen.
Japan hat bereits mehrere Wirtschaftskrisen durchlitten, auch Corona hat dem 125-Millionen-Einwohner-Land zugesetzt. Aber die Leute krempeln die Ärmel hoch, die Regierung von Premier Fumio Kishida hat diese Woche ein 45 Milliarden schweres Konjunkturpaket beschlossen, und Firmen erfinden neue Technologien. Auf einem Fabrikgelände zeigten uns Manager, wie sie den weltweit ersten Lieferkreislauf für Wasserstoff errichten. Falls sich der Ablauf global ausdehnen lässt, kann er die Energieversorgung revolutionieren.
Mir hat dieser Werksbesuch Hoffnung gemacht. Die Herausforderungen durch die Krisen unserer Zeit – Corona, Klima, Krieg – mögen riesig sein. Aber mit Kreativität, Ausdauer und Entschlossenheit lassen sie sich lösen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein erbauliches Wochenende.
Herzliche Grüße
Ihr
Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de
Mit Material von dpa.
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