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"Grüner Mist"-Plakate: Spuren führen zu rechtsextremen Netzwerkern


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"Grüner Mist"-Plakate
Spuren führen zu rechtsextremen Netzwerkern


Aktualisiert am 19.08.2021Lesedauer: 5 Min.
Alexander Kleine bei einer Demo der "Identitären Bewegung": Der YouTuber ist seit Jahren als Rechtsextremist bekannt, war er auch an der Plakatkampagne gegen die Grünen beteiligt?Vergrößern des Bildes
Alexander Kleine bei einer Demo der "Identitären Bewegung": Der YouTuber ist seit Jahren als Rechtsextremist bekannt. War er auch an der Plakatkampagne gegen die Grünen beteiligt? (Quelle: Christian Ditsch/imago-images-bilder)
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Eine Schlüsselfigur eines rechten Kampagnennetzwerks war offenbar in die Kampagne gegen die Grünen verstrickt. Konfrontiert man die Beteiligten mit Fragen, schweigen alle.

Es ist der 7. März 2016, als Alexander Kleine, der sich "Malenki" nennt, zum ersten Mal gefälschte Wahlplakate der Grünen verbreitet. In der Nacht haben Unbekannte sie im Stadtgebiet von Halle und Magdeburg platziert, wofür sie Hunderte echte Wahlplakate zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt beschädigt haben. Kleine verbreitet Fotos davon via Instagram und kommentiert: "Dem grünen Wahnsinn ein Ende bereiten". Auf einem der Plakate steht nun: "Grün für Masseneinwanderung".

Erstaunliche Parallelen

Ähnliche Sprüche werden fünf Jahre später erneut deutschlandweit für Aufmerksamkeit sorgen. Statt illegal über Nacht prangen sie nun 2021 ganz legal auf Werbeflächen in 50 Städten, darunter auch Plakatwände des Außenwerbevermarkters Ströer, zu dem das Nachrichtenportal t-online gehört (hier lesen Sie mehr dazu): "Masseneinwanderung. Arbeitslosigkeit. Klimasozialismus. #GrünerMist2021", heißt es dort beispielsweise. Die Optik ist offenkundig an das Parteilogo der Grünen angelehnt. Zusätzlich wurde eine Website erstellt. Die Kosten belaufen sich Schätzungen zufolge auf mehrere Hunderttausend Euro.

Ob sich die Sprüche und Motive der beiden Kampagnen von 2016 und 2021 nur zufällig gleichen? Dagegen spricht: Alexander Kleine. Seine mutmaßliche Beteiligung an der aktuellen Kampagne legt eine Spur ins rechtsextreme Milieu – und konterkariert Darstellungen des Kampagnensprechers, es handele sich lediglich um die Aktion einer angeblichen "Bürgerinitiative".

Finanzierung ist nicht transparent

Bislang trat als Verantwortlicher der Kampagne ein Mann namens David Bendels auf. Er macht seit Jahren von sich reden, indem er die AfD im Wahlkampf unterstützt. Mal sind es kostspielige Plakataktionen, mal Gratiszeitungen, mal soll ein Verein verantwortlich sein, mal eine GmbH. Immer ist die Finanzierung nebulös. "Spender", sagte Bendels stets. Mehr als einmal stand der Verdacht illegaler Parteispenden im Raum. Seine Verbindungen zu Protagonisten der AfD-Spendenskandale lassen viele an Bezüge ins Ausland glauben, beispielsweise in die Schweiz.

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Kleine alias "Malenki" legt nun zumindest eine weitere Verbindung nahe. Denn "Malenki" hat nicht nur 2016 die Plakate in Sachsen-Anhalt fotografiert und gutgeheißen. Seine Medienagentur ist mutmaßlich auch für Teile der aktuellen Kampagne "Grüner Mist" verantwortlich. Das zumindest legen Metadaten eines PDF-Dokuments der Kampagne nahe, über die zunächst das Onlineportal "Volksverpetzer" berichtete.

t-online hat die Angaben verifiziert. Die Metadaten deuten auf Kleines Agentur "Tannwald Media" als Urheber und auf Bendels als Auftraggeber hin. Und nicht nur das: Auch für die Verwaltung der Webdomain werden laut Informationen von t-online Kontaktdaten der Agentur verwendet. Damit rückt die Plakatkampagne des AfD-Unterstützers Bendels in die Nähe mutmaßlich verfassungsfeindlicher Organisationen.

"Gesichert rechtsextremistisch"

Denn Alexander Kleine hat nicht nur Web-, Video- und Plakatdesign im Angebot, sondern tritt als Rechtsextremist seit Jahren möglichst öffentlichkeitswirksam in Erscheinung. Zunächst war er einer der wenigen bekannten Aktivisten der Identitären Bewegung Deutschland, die vom Verfassungsschutz mittlerweile als "gesichert rechtsextremistisch" beobachtet wird. Für die Sache ließ sich Kleine schon 2017 von der Polizei in Berlin festnehmen.

Mit seiner Medienagentur produzierte er zuletzt mehrere Werbeclips für die hauseigene Modemarke der Identitären. Ansonsten blieb das junge Unternehmen bis auf ein bisschen Eigenwerbung und einen Image-Film für die Junge Alternative Rheinland-Pfalz eher unauffällig.

Ganz anders "Malenki" selbst, der offenkundig immer den großen Auftritt sucht. Von Medien wird er gern als "rechter Influencer" betitelt: lange Haare, Bart, Basecap und ein bis oben zugeknöpftes Hemd – bei manchen Journalisten geht das als irgendwie hip und irgendwie modebewusst durch. Eine eigene Medienagentur in einem denkmalgeschützten Leipziger Altbau ist dem Image nicht abträglich, ebenso wenig ein Podcast und ein eigener YouTube-Kanal.

Das Netzwerk hinter dem YouTuber

Tatsächlich hatte Kleine ein relativ erfolgreiches Videoformat, in dem er sich mitsamt Identitärem-Sidekick als eine Art rechter Comedian versuchte – bis der Kanal von der Plattform gesperrt wurde. Mittlerweile hat er ein weiteres YouTube-Projekt, das erheblich weniger Zuschauer anlockt. Gemeinsam haben beide Videoformate jedoch die Finanziers, die ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Für sie baute Kleine zuletzt an einem "patriotischen Filmstudio" in Dresden, in dem er seine Videos produziert.

Der Verein "Ein Prozent" gibt sich selbst als "Bürgernetzwerk", ist allerdings eher Kampagnennetzwerk und Schnittstelle zwischen verschiedenen Akteuren der rechtsextremen Szene. "Mosaikrechte" nennen das Strategen der Neurechten wie AfD-Politiker Björn Höcke, was bedeutet: Die rechten Parteien in den Parlamenten, die Vordenker im "Institut für Staatspolitik" von Schnellroda, die Autoren in den Zeitungen und Verlagen, Identitäre und Neonazis auf der Straße – alle arbeiten mit eigenen Mitteln auf ein gemeinsames Ziel hin. So beschrieb es Höcke zuletzt in einem Interview mit dem Verein.

Die Kampagnen gegen die Grünen

Besonders haben die rechten Netzwerker schon seit Längerem die Grünen im Visier: Mehrfach wurde die Partei schon Ziel von durch den Verein unterstützten Negativ-Kampagnen, die – zufällig oder nicht – erstaunliche Ähnlichkeiten mit der aktuellen Kampagne aufweisen.

  • 2019 wurden auf einer Homepage Zitate von Grünen-Politikern gesammelt, die anschließend gegen sie verwendet und in Form von Bildern in sozialen Netzwerken verbreitet werden sollten. "Ein Prozent" war der erste Twitter-Account, der die Kampagne bewarb. Einige der Zitate werden auch in der Kampagne 2021 verwendet.
  • Im gleichen Zeitraum tauchten wieder gefälschte Grünen-Wahlplakate auf. Dieses Mal brachten Aktivisten der Identitären sie an einem Wahlbüro in Donauwörth an, woraufhin der Staatsschutz Ermittlungen aufnahm. "Ein Prozent" verteidigte die Aktion öffentlich und verlinkte dabei auf die Zitatsammlung.
  • Im August 2019 startete "Ein Prozent" dann eine Plakat- und Anzeigenkampagne zu den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Kosten nach eigenen Angaben: mehr als 100.000 Euro. Motiv war unter anderem ein rot-grünes trojanisches Pferd, das mit "Klima" und "Asyl" beschriftet war. AfD-Kandidat Andreas Kalbitz dankte dem Netzwerk anschließend für die Wahlunterstützung.


Ist die angebliche "Bürgerinitiative", die laut Kampagnensprecher Bendels die Plakataktion "Grüner Mist" finanzierte, also möglicherweise das Kampagnennetzwerk "Ein Prozent"? t-online hat sowohl Bendels und seine "Conservare Communication GmbH" als auch den Verein um Stellungnahmen gebeten. Beide antworteten nicht. Eine Anfrage an Alexander Kleine und seine "Tannwald Media" blieb ebenfalls unbeantwortet.

Die Urheber und Organisatoren der illegalen Anti-Grünen-Kampagnen 2016 und 2019 wurden nie belangt. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelte zwar gegen zwei Tatverdächtige, stellte die Ermittlungen aber nach anderthalb Jahren ein. Der Verdacht ließ sich für eine Anklageerhebung nicht hinreichend erhärten. "Malenkis" Verbindungen zur Aktion blieben aber durch antifaschistische Recherchen dokumentiert. Die drei Identitären-Aktivisten im Fall der Plakataktion von Donauwörth wurden ebenfalls nicht angeklagt. Die Grünen verzichteten damals bei der Staatsanwaltschaft Augsburg auf einen Strafantrag.

Verwendete Quellen
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