Chats veröffentlicht Familienministerin besorgt um ihr Image während der Flut?
Das Verhalten der rheinland-pfälzischen Landesregierung in der Flutkatastrophe 2021 steht in der Kritik. Nun wurden Chatverläufe veröffentlicht, die auch Anne Spiegel belasten.
Familienministerin Anne Spiegel muss sich mit scharfen Vorwürfen auseinandersetzen: War sie zur Zeit der Flutkatastrophe im Ahrtal besorgter über ihr Image als über die Menschen? Mehrere Medien haben nun Chatverläufe veröffentlicht, in denen genau das deutlich werden soll.
Am Freitag soll Spiegel im Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags zur Flutkatastrophe aussagen. Gegenstand soll ihr Krisenmanagement im Ahrtal am 14. und 15. Juli 2021 sein. Damals war Spiegel noch in Malu Dreyers Kabinett für das Umweltressort zuständig. Schon zuvor hatte es deutliche Kritik an dem Vorgehen der Politik während dieser dramatischen Stunden gegeben.
134 Menschen starben
Das Landesamt für Umwelt (LfU) meldete zeitweilig viel zu niedrige Pegelstände, Feuerwehr und Krisenstab reagierten dementsprechend und ein frühes Eingreifen fand nicht statt. Kurz vor 17 Uhr am 14. Juli hatte das Ministerium noch eine Pressemeldung herausgegeben, dass nicht mit einem Extremhochwasser zu rechnen sei, berichtet "Focus". Zu diesem Zeitpunkt seien allerdings bereits die ersten Menschen am Campingplatz Stahlhütte an der Oberahr gestorben, im Eifelort Schuld drohten die ersten Häuser wegzubrechen. 134 Menschen waren bei der Flutkatastrophe im Sommer ums Leben gekommen.
Eine Mitarbeiterin habe am 15. Juli an den damaligen Pressechef Dietmar Brück eine Kurznachricht geschickt, dass die Lage durch den Starkregen "verdammt ernst" sei. Brück antwortete offenbar einem großen Verteiler, in dem auch Ministerin Anne Spiegel war. Die Nachricht hatte sie also bekommen.
Zitat aus der Nachricht: "Die Starkregen-Katastrophe wird das beherrschende Thema dieser und nächster Woche sein. Anne braucht eine glaubwürdige Rolle", wird Brück zitiert.
Er soll Vorschläge gemacht haben, welche Rolle Spiegel einnehmen könne. Sie solle etwa für Informationen zur Hochwasserlage und zu Warnungen weitergeben, presseträchtige Termine wahrnehmen.
"Anne bei Reparaturarbeiten, bei Hochwasserschutzprojekten, dort wo neue Gefahren drohen, Besuch mit Journalisten bei Hochwassermeldezentren."
Und weiter: "Annes Rolle muss meines Erachtens immer mit einer konkreten Rolle oder Zuständigkeit verbunden sein, es darf nicht nach politischer Instrumentalisierung aussehen."
"Das deckt sich mit meinen Überlegungen"
Anne Spiegel habe den Vorschlägen zugestimmt. Sie antwortete: "Lieber Dietmar, das deckt sich mit meinen Überlegungen, plus: Das Blame-Game könnte sofort losgehen, wir brauchen ein Wording, dass wir rechtzeitig gewarnt haben, ich im Kabinett." Mit "Blame-Game" meint Spiegel Schulzuweisungen zum Verhalten während der Katastrophe.
Spiegel fügte hinzu, dass "ohne unsere Präventions- und Vorsorgemaßnahmen alles noch viel schlimmer geworden wäre etc.".
Offenbar gab es auch Skepsis, ob sich SPD-Innenminister Roger Lewentz einmischen werde. "Ich traue es Roger zu, dass er sagt, die Katastrophe hätte verhindert werden können oder wäre nicht so schlimm, wenn wir als Umweltministerium früher gewarnt hätten, und dass es an uns liegt, weil wir die Situation unterschätzt hätten", schrieb Spiegel im Chat. Sie habe vorgeschlagen, einen "Mini-Krisenstab zusammenzutrommeln und uns die Themen vorzunehmen, um handlungsfähig zu sein".
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: Spiegels Sorge um ihr Image
- Focus: SMS-Protokolle der Flutnacht: Während Flut wütete, sorgte sich Grünen-Ministerin ums Image