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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Das war abzusehen" Dem besetzten Mariupol geht das Wasser aus

Russland hält die ukrainische Stadt Mariupol besetzt. Auf die Besatzer kommen allerdings handfeste Probleme zu – denn das Wasser wird knapp.
Die ukrainische Hafenstadt Mariupol gilt als eines der Symbole des Widerstands gegen die russische Invasion der Ukraine. Nach der Einnahme der Stadt harrten die letzten Verteidiger noch für Monate unter dem Asow-Stahlwerk im Südosten der Stadt aus. Erst nachdem sich die letzten Soldaten den Russen ergeben hatten, war die Stadt vollständig in russischer Hand.
Seitdem versucht Putins Regime alles, um die ukrainische Identität Mariupols und seiner Bewohner auszulöschen. Die Hafenstadt wird in russischen Werbeanzeigen als Paradies für junge Familien beworben, die Kriegsspuren werden mit der Zeit beseitigt. Doch für das größte Problem der Stadt scheinen die russischen Besatzer keine Lösung zu haben: In Mariupol wird laut einem Bericht des unabhängigen russischen Investigativportals "Meduza" das Wasser langsam knapp.
Nur sechs Stunden am Tag fließt das Wasser
Seit dem 3. März erhalten die Bewohner von Mariupol nur noch eingeschränkten Zugang zu Trinkwasser. Das teilte die lokale Versorgungsfirma mit. Demnach steht Wasser täglich nur von 6 bis 9 Uhr morgens und von 18 bis 21 Uhr abends zur Verfügung. Außerhalb dieser Zeiten sei zwar eine Versorgung mit geringem Druck vorgesehen, doch viele Haushalte berichten laut "Meduza", dass Wasser dann gar nicht aus den Leitungen käme.
Besonders betroffen seien außerhalb des Zentrums gelegene Stadtteile und Häuser mit mehreren Stockwerken. "Wir haben entweder gar kein Wasser oder es kommt nicht bis zu den oberen Etagen", sagte ein Anwohner dem unabhängigen russischen Nachrichtenportal "Bumaga". Zudem klagen Bewohner über Verunreinigungen. "Das Wasser ist gelblich oder rostfarben, wir müssen es mit Chlortabletten behandeln", erzählte eine weitere Anwohnerin.
Russland macht Reservoir verantwortlich
Laut den russischen Besatzungsbehörden ist der niedrige Wasserstand im Starokrymske-Reservoir die Ursache der Probleme. Dieses habe bereits mehr als 60 Prozent seines ursprünglichen Volumens verloren. Die ukrainische Stadtverwaltung von Mariupol, die derzeit aus dem Exil operiert, warnte bereits Ende 2024 vor einer kritischen Lage.
"Das war abzusehen", erklärte Wolodymyr Antonenko im Februar auf dem Telegramkanal der Stadtverwaltung. Antonenko leitete vor dem Krieg das Büro für Wasserversorgung. "Der Starokrymske-Stausee kann nur 40.000 Kubikmeter Wasser pro Tag liefern, während die Stadt 150.000 benötigt. Deshalb trocknet er aus." Er betonte außerdem, dass das Reservoir ursprünglich nur als Notversorgung diente und die Stadt vor der russischen Besatzung hauptsächlich vom Siwerskyj-Donez-Donbass-Kanal versorgt wurde. Dieser wurde jedoch durch die Kämpfe schwer beschädigt.
Zusätzlich verschärfen Leitungsbrüche die Lage. Immer wieder stehen laut "Meduza" ganze Viertel stunden- oder sogar tageweise ohne Wasser. Die Folgen sind bereits spürbar: Eine Woche nach der Einführung der neuen Versorgungszeiten meldeten die Besatzungsbehörden einen Anstieg akuter Darmerkrankungen. Viele Bewohner sind besorgt und kritisieren, dass sie mit verunreinigtem Wasser nicht einmal ihre Hände waschen können.
Ein geplantes Projekt soll ab 2027 Wasser aus dem Pawlopilske-Reservoir ins Starokrymske-Reservoir leiten. Bis dahin bleibt das Problem der Wasserversorgung in Mariupol allerdings bestehen.
- meduza.io: "'This was predicted': Mariupol is running out of water – and occupation officials don’t seem to have a plan" (Englisch)
- paperpaper.io: "Жители Мариуполя страдают от нехватки воды. На фоне масштабного строительства водоснабжение наладят только в 2027-м" (Russisch)
- Telegramkanal "Nowosti Mariupol" (Ukrainisch)
- Telegramkanal der Exil-Stadtregierung von Mariupol (Ukrainisch)