Röttgen zu Laschet-Nachfolge "Jetzt muss zügig die Basis zu Wort kommen"
Eine Mitgliederbefragung über den neuen CDU-Vorsitz wird zunehmend greifbarer. Jetzt haben sich zwei der potenziellen Kandidaten dafür ausgesprochen.
Die Bundes-CDU bereitet sich für eine Zukunft in der Opposition unter einer neuen Führung vor. Mehrere prominente Christdemokraten sprachen sich am Freitag dafür aus, die Basis in die Entscheidung über die Nachfolge von Parteichef Armin Laschet einzubinden. Doch es gab auch skeptische Stimmen zu einer Mitgliederbefragung – und Umfang der Beteiligung und Zeitplan sind noch völlig unklar.
Der CDU-Politiker Norbert Röttgen und CDU/CSU-Fraktionsvize Katja Leikert sprechen sich für eine Mitgliederbefragung bei der Auswahl des künftigen Parteivorsitzes aus. "Jetzt muss zügig die Basis zu Wort kommen", sagt Röttgen der "Welt am Sonntag". Er spricht sich gegen Versuche aus, einen Wettbewerb um die Zukunft der CDU zu unterbinden "und die Neuaufstellung von oben zu steuern". Röttgen hat selbst Ambitionen, CDU-Chef zu werden. "Wir sollten den Mut haben, die Mitglieder abstimmen zu lassen", sagt auch die CDU-Politikerin Leikert der Nachrichtenagentur Reuters.
Röttgen, der selbst als möglicher Kandidat für die Laschet-Nachfolge gilt, warnte vor einem Hinterzimmer-Deal über den künftigen CDU-Chef. "Jeder Versuch, den fairen Wettbewerb um die Zukunft der CDU zu unterbinden und die Neuaufstellung von oben zu steuern, ist nicht geeignet, neues Vertrauen zu begründen", sagte er der "Welt am Sonntag". "
Auch ein anderer potenzieller Bewerber sprach sich für eine Befragung aus. "Ich finde es richtig, dass wir über Mitgliederbeteiligung sprechen", sagte der Abgeordnete Friedrich Merz, der selbst als Anwärter für den Parteivorsitz gilt, im ZDF. Er ließ offen, ob der den CDU-Vorsitz anstrebt. Merz schloss aber aus, sich nach zwei vergeblichen Anläufen auf den Parteivorsitz erneut einer Kampfabstimmung auf einem Bundesparteitag zu stellen.
Mitgliederbeauftragter fordert mehr Basisbeteiligung
Der CDU-Mitgliederbeauftragte Henning Otte hat sich angesichts des historischen Wahldesasters seiner Partei dafür ausgesprochen, die Basis künftig stärker als bisher an Entscheidungen zu beteiligen. "Insgesamt gilt es, die Beteiligungsmöglichkeiten an Entscheidungsprozessen innerhalb der Partei zu stärken, damit die CDU auch attraktiv für neue und vor allem junge Menschen ist", sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
"Der Wahlkampf hat viele strukturelle Defizite offenbart", räumte Otte ein. "Es muss nun eine Neuausrichtung der Partei geben. Ziel ist es, dass die Partei ihre Seele und innere Mitte wieder findet." Er werde dazu mit den Mitgliederbeauftragten der Landesverbände und -vereinigungen ein Konzept erarbeiten.
Druck aus der CSU
Die Schwesterpartei CSU drängte die CDU zur Eile. "Ich erwarte, dass diese Neuaufstellung zügig stattfindet und in diesem Jahr noch abgeschlossen wird", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dem "Münchner Merkur" (Samstagsausgabe). "Es ist die richtige Entscheidung von Armin Laschet, den Weg freizumachen für eine Neuaufstellung an der Spitze."
Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl hatte CDU-Chef Laschet am Donnerstag eine personelle Neuaufstellung der Parteispitze angekündigt und deutlich gemacht, dass dies auch seinen Posten als Parteichef betreffen solle. Am Montag will er den Parteigremien einen Vorschlag zur Einberufung eines Sonderparteitags unterbreiten, auf dem seine Nachfolge geklärt werden dürfte. Auch Laschet sprach sich für eine stärkere Einbindung der Basis aus – ließ aber offen, in welcher Form.
Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) plädierte für eine nicht bindende Mitgliederbefragung - am Ende müsse aber ein Bundesparteitag über den Führungsposten entscheiden, sagte Linnemann den Sendern RTL und n-tv. Die Bereitschaft Laschets zum Rückzug von der Parteispitze bezeichnete der Abgeordnete als "richtig": "Das war ja auch brutal – auch menschlich gar nicht mehr auszuhalten, welchen Druck es da gab."
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte der "Rheinischen Post", die Union müsse nun "rasch gemeinsam und im Konsens mit unserer Basis auf einem Parteitag die Weichen neu stellen".
Der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe in der Unions-Bundestagsfraktion, Günter Krings, warnte vor einer Mitgliederbefragung. Er sei "skeptisch", ob diese für eine stabile Neuaufstellung der CDU das richtige Mittel sei, sagte er der Online-Ausgabe der "Welt". "Denn unsere Erfahrungen sind in dieser Hinsicht nicht durchweg gut."
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen, der selbst als möglicher Kandidat für die Laschet-Nachfolge gilt, warnte vor einem Hinterzimmer-Deal über den künftigen CDU-Chef. "Jeder Versuch, den fairen Wettbewerb um die Zukunft der CDU zu unterbinden und die Neuaufstellung von oben zu steuern, ist nicht geeignet, neues Vertrauen zu begründen", sagte er der "Welt am Sonntag". "
Von den derzeit diskutierten Laschet-Nachfolgern stößt einer Umfrage zufolge Röttgen auf die größte Zustimmung. 32 Prozent der Befragten hielten ihn in einer Kantar-Umfrage für die Funke Mediengruppe für geeignet. Unter den CDU/CSU-Anhängern liegt allerdings Merz demnach vorn.
- Nachrichtenagentur AFP