Reaktionen auf den Rücktritt Linke kritisiert Giffeys Vorgehen als "gänzlich unlogisch"
Nach dem Rücktritt von Familienministerin Giffey stärkt die SPD der Politikerin den Rücken für ihre Entscheidung. Andere Parteien reagieren dagegen mit Unverständnis. Ein Überblick.
Die SPD hat der zurückgetretenen Familienministerin ihren Respekt und Unterstützung für ihre Entscheidung ausgesprochen: "Franziska Giffey hat einen hervorragenden Job als Bundesministerin gemacht", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil t-online. Giffey habe alle Vorhaben der Groko umgesetzt, "trotz der vielen Blockaden von CDU und CSU". Klingbeil sprach von einem "geradlinigen und klaren Kurs" der Politikerin.
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Gleichzeitig hält es der Generalsekretär für richtig, dass Giffey weiter SPD-Landeschefin in Berlin bleibt und im September Michael Müller als regierenden Bürgermeister ablösen will: "Mit ihrem sozialdemokratischen Kompass und ihrer Leidenschaft wird sie eine tolle Regierungschefin in Berlin."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie bedauere Giffeys Rückzug. Sie nehme den Rücktritt "mit großem Respekt, aber auch mit ebenso großem Bedauern entgegen", sagte die Kanzlerin am Mittwoch in ihrer Rede auf dem Forschungsgipfel 2021. Sie habe immer "sehr gut und vertrauensvoll" mit der Ministerin zusammengearbeitet, wofür sie ihr "von Herzen" danke.
Wowereit: "Konsequente Entscheidung"
Ähnlich sieht es der ehemalige Regierende Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit: "Franziska Giffey hält damit Wort und bleibt ihrer Linie treu", sagte Wowereit t-online. Der SPD-Politiker nannte den Rücktritt eine "konsequente und geradlinige Entscheidung". Giffey habe als Ministerin großartige Arbeit geleistet und sämtliche Vorhaben des Koalitionsvertrags abgearbeitet. "Jetzt hat sie sich konsequent für Berlin entschieden."
Die SPD-Bundestagsfraktion bedauert Giffeys Rückzug: "Sie ist eine bodenständige, sympathische und fachlich geschätzte Politikerin", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, t-online.
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Wiese kritisierte, dass die Freie Universität Berlin mehrmals die Doktorarbeit der Politikerin untersuchen ließ und zu unterschiedlichen Ergebnissen kam. Das Verfahren sei für "eine Exzellenz-Universität kein gutes Aushängeschild", die Universität müsse ihre Verfahren anpassen.
CSU-Generalsekretär: Rücktritt von Giffey unzureichend
Achim Post, ebenfalls SPD-Fraktionsvize im Bundestag, sagte t-online, er habe "allerhöchsten Respekt" vor Giffeys Entscheidung: "Ihr Entschluss zum Rücktritt zeugt von politischem Verantwortungsbewusstsein und hoher persönlicher Glaubwürdigkeit. Der Schritt zeigt: Sie steht zu ihrem Wort – und das obwohl das Prüfverfahren zu ihrer Doktorarbeit noch nicht abgeschlossen ist." Nun könne sich Giffey voll auf den Wahlkampf in Berlin konzentrieren.
Bei den politischen Gegnern fällt das Urteil dagegen anders aus. Vor allem die Tatsache, dass Giffey weiter SPD-Landesvorsitzende in Berlin bleibt und dort in den Wahlkampf zieht, sorgt für Kritik: "Faktisch nimmt sie sich nur eine Auszeit, um sich auf den Wahlkampf für den Posten der Regierenden Bürgermeisterin zu konzentrieren", sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Mittwoch. "Der Rücktritt von Frau Giffey war – auch gemessen an anderen Fällen in der Vergangenheit – so zwingend wie konsequent. Weniger konsequent ist dagegen, dass sie an ihrer Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahlen in Berlin festhält."
In der Berliner CDU ist die Reaktion dagegen vorsichtiger: "Politiker haben eine Vorbildfunktion. Mit ihrem Rücktritt erspart Franziska Giffey dem Land eine quälende Diskussion", heißt es von Generalsekretär Stefan Evers, ohne auf Giffeys Kandidatur für Berlin Bezug zu nehmen.
Linke kritisiert Giffeys Entscheidung als "gänzlich unlogisch"
Der verfassungspolitische Sprecher der Linken, Niema Movassat, bezeichnet Giffeys Entscheidung auf Twitter als "gänzlich unlogisch": "Wenn es nicht zur Ministerin reicht, kann man auch kein Bundesland regieren."
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Deutlicher wird die AfD in Berlin: "Sie ist nicht nur als Ministerin, sondern auch und erst recht als Regierende Bürgermeisterin von Berlin ungeeignet", erklärte die AfD-Landesvorsitzende Kristin Brinker am Mittwoch. "Die deutsche Hauptstadt ist zu wichtig, um als Resterampe für gescheiterte Politikerexistenzen zu dienen." Giffeys Rücktritt von Ministeramt sei längst überfällig, ergänzte Brinker. "Wer bei einer wissenschaftlichen Arbeit betrügt, hat in einem Regierungsamt nichts zu suchen."
Für den Generalsekretär der FDP, Volker Wissing, ist Giffeys Rückzug als Ministerin die richtige Entscheidung: Wissing wies auf Twitter darauf hin, die SPD habe 2011 in der Plagiatsaffäre um den ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg den Rücktritt des Politikers gefordert. Man könne nicht "bei den eigenen Ministerinnen andere Maßstäbe anlegen als bei den Ministern anderer Parteien."
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Andere Politiker richten den Fokus dagegen auf weitere Minister im Bundeskabinett: "Aus aktuellem Anlass: Ist Andreas Scheuer noch im Amt?", kritisierte etwa die ehemalige Vorsitzende der Jungliberalen, Ria Schröder, auf Twitter. Ähnlich äußerte sich auch der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte. "Now we're looking at you, Andreas Scheuer", teilte er auf Twitter mit.
- Eigene Recherchen
- Nachrichtenagentur dpa und AFP