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Aufstand in Werteunion: Streit um Kurs eskaliert – Landesvorstände treten aus


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Streit um Kurs eskaliert
Aufstand in Werteunion – Landesvorstände treten aus


Aktualisiert am 17.08.2020Lesedauer: 3 Min.
Werteunion: Sie bewegt nichts mit ihrem radikalen Kurs gegen die Union. Thüringens Landesspitze verlässt den Verein deshalb enttäuscht (Symbolfoto).Vergrößern des Bildes
Werteunion: Sie bewegt nichts mit ihrem radikalen Kurs gegen die Union. Thüringens Landesspitze verlässt den Verein deshalb enttäuscht (Symbolfoto). (Quelle: imago-images-bilder)
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Führende Werteunion-Mitglieder haben die Nase voll: Die Thüringer Landesspitze ist zurück- und ausgetreten, andere Landesvorstände stehen offenbar davor. Eine Personalie hat die Entwicklung beschleunigt.

Prominente Mitglieder der Werteunion verlassen den Verein und planen, konservative Kräfte in der Union wieder stärker innerhalb von CDU und CSU zu sammeln. Die Linie der selbsternannten "Konservativen Basisbewegung in der Union" werde dominiert von "Krawallmachern, die kein gutes Haar an der CDU lassen", sagte Christian Sitter, bisher Vorsitzender der Werteunion Thüringen. "Es geht dort gar nicht mehr darum, inhaltliche Veränderungen zu erreichen."

Sitter und seine Stellvertreterin Angela Wanner haben ihre Ämter niedergelegt und den Austritt aus dem Verein erklärt, wie sie t-online.de sagten. Offenbar wird sich unter anderem auch der Vorsitzende des großen Landesverbands Baden-Württemberg, Holger Kappel, anschließen. Kappel war für eine Bestätigung zunächst nicht zu erreichen. Sitter und Wanner bestätigten, auch andere Landesvorstände wollten den Kurs nicht mehr mittragen.

Dynamik durch Vera Lengsfeld-Entscheidung

Hinter den Kulissen laufen deshalb bereits seit Wochen Gespräche, der Werteunion den Rücken zu kehren und unbelastet einen Arbeitskreis zu gründen, der innerhalb der CDU für konservative Positionen kämpft. Sitter: "Wir wollen die Auseinandersetzungen suchen, wo es nötig ist. Aber nicht Krach um des Krachs willen." Er sei "kein Jota" von seinen konservativen Positionen abgerückt, "die Werteunion ist nicht mehr die, in die ich eingetreten bin". Sie habe sich schnell radikalisiert,

Eine Personalie am Wochenende hat Dynamik in die Entwicklung gebracht. Die frühere Bundestagsabgeordnete und Bloggerin Vera Lengsfeld will in den Landesvorstand in Thüringen einziehen, wie es in einer Erklärung vom Sonntag heißt. Sie ist erst vor kurzem durch einen Mehrheitsbeschluss des Bundesvorstands aufgenommen worden.

Die bisherige Thüringen-Vizevorsitzende Wanner sieht darin "ein sichtbares äußeres Zeichen eines Kurses, der sich seit Monaten fortsetzt und den wir nicht mehr mittragen können." Lengsfeld wird mit einer Annäherung in Richtung AfD verbunden, sie vertritt zunehmend rechtspopulistische und auch verschwörungsideologische Positionen. Sie war mitverantwortlich für eine dubiose Zeitung "Der Wahlhelfer" im Thüringer Landtagswahlkampf, deren Finanzierung bis heute nicht transparent gemacht wurde und die für eine "bürgerliche Koalition" aus CDU und AfD warb.

Maaßen als Ministerpräsident?
Thüringens bisheriger Werteunion-Vorsitzender Sitter selbst hatte für Aufregung gesorgt, weil er mit dem Vorschlag in Verbindung gebracht wurde, Hans-Georg Maaßen zum Ministerpräsidenten zu küren. Das sei ein falsche Interpretation gewesen, so Sitter. Ganz unrecht war es ihm nicht: Es hatte die Werteunion ins Gespräch und ihr Zulauf gebracht. Sitter war auch einer von 17 Unterzeichner einer Forderung aus der CDU Thüringen, auch mit der AfD zu reden und schloss nicht aus, CDU-Ziele mit AfD-Stimmen zu beschließen. Zugleich sagt er: "Eine Zusammenarbeit kann es nicht geben."

Das ist auch offizielle Position der Werteunion, die im Februar noch einmal durch eine "Frankfurter Erklärung" bekräftigt wurde. Zugleich gab es laut Beteiligten im Bundesvorstand aber mehrheitlich keine Probleme mit einer für mehrere Hundert Teilnehmer geplante Sammlungsveranstaltung in Erfurt, bei der AfD-Politiker willkommen sind und eine "parteiübergreifende Resolution für eine andere Politik in Deutschland" angekündigt ist.

AfD-naher NRW-Verband dominiert Bundesvorstand

Werteunion-Aushängeschild Hans-Georg Maaßen und die stellvertretende Bundesvorsitzende Simone Baum sind bei dieser "Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz" auf der Bühne angekündigt. Baum ist auch Vorsitzende des Landesverbands NRW, dem etwa der WDR eine "offensichtliche Nähe" zur AfD bescheinigt und der im Bundesvorstand eine dominante Rolle spielt.

In Teilen der Werteunion hatte es letztlich vergebens Forderungen gegeben, als Vorstandsmitglieder bei diesem "Schwarm"-Treffen nicht teilzunehmen, weil das die CDU schädige. Aus dem Kreis der von der Werteunion Enttäuschten heißt es, Diskussionen um solche Fragen könnten kaum noch geführt werden. Wer den konfrontativen Kurs gegen die Union in Frage stelle, werde als Verräter diffamiert.

Bundesvorstand fällt lokal durch
Sowohl der Vorsitzende der Werteunion, Alexander Mitsch, wie auch seine Stellvertreterin, Simone Baum, sind in den vergangenen Wochen bei Kandidatenaufstellungen in ihren lokalen CDU-Verbänden durchgefallen. Simone Baum bekam bei der Nominierung von Kandidaten für den Rat in Engelskirchen mehr Nein- als Ja-Stimmen. Mitsch wollte für den Landtag Baden-Württemberg kandidieren, wurde aber unter drei Bewerbern im Wahlkreis Schwetzingen abgeschlagen Dritter. 2019 war er mit dem schlechtesten Ergebnis von 19 Bewerbern nicht in den CDU-Kreisvorstand wiedergewählt.

"Die Leisen, die noch in der CDU mitarbeiten und Zugang haben, das sind dann die Bösen", sagte Wanner. Dabei sei Kooperation sehr viel kraftvoller als Konfrontation. Werteunion-Vorsitzender Alexander Mitsch zeige keine Führung. "Nur mit Durchhalteparolen bekommt man den Laden nicht mehr in den Griff." Auch Meinungsfreiheit spiele nur nach außen eine Rolle.

Unter Werteunion-Mitgliedern, die sich den Unionsparteien verbunden fühlen und in Ortsvereinen integriert sind, wächst offenbar Unmut. Es gebe erhebliches Potenzial, mit diesen Menschen im konservativen Arbeitskreis an Veränderung in der Union zu arbeiten, sagte Sitter. Ziel dieser Mitglieder sei schließlich gewesen, dass die CDU nicht ohne Werteunion agiere. "Jetzt sehen sie, dass es auf eine Werteunion ohne CDU hinausläuft, und das wollen wir nicht."

Unmut über Klimamanifest

Dazu passt die öffentliche Austrittserklärung und Abrechnung eines bayerischen Mitglieds am Wochenende in einem Blogbeitrag: Engagierten Konservativen drohe die Situation, "sich von talentfreien Möchtegernpolitikern jahrzehntelange Arbeit in der eigenen Partei zerstören zu lassen".

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Ein Problem dabei ist für manche Mitglieder die Themensetzung. Der bayerische Landesverband der Werteunion hatte etwa ein Klima-Manifest vorgelegt, das den menschengemachten Klimawandel abstreitet und das auch andere prominente Mitglieder der Werteunion wie Hans-Georg Maaßen verbreitet hatten.* Auch in der Coronakrise habe die Werteunion sich fragwürdig positioniert, sagte Sitter. "Die Vernünftigen können sich nicht durchsetzen", sagt er. "Ich frage mich, ob es in der Werteunion den gesunden Menschenverstand noch gibt."

*In einer früheren Fassung hatten wir geschrieben, dass die Werteunion das Klimamanifest vorgelegt habe. Es stammte aber vom bayerischen Landesverband.

Verwendete Quellen
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