Maaßen und die Werteunion "Krebsgeschwür" oder Retter der Konservativen?
Die CDU will Hans-Georg Maaßen loswerden. Der frühere Verfassungsschutzpräsident ist neuer Chef der Werteunion. Was steckt hinter dieser Gruppierung?
Die Union ringt in der Opposition mit ihrer Rolle. Eigentlich müssen eine Neuausrichtung der CDU und klare inhaltliche Positionen her. Doch die Christdemokraten konzentrieren sich in der Tagespolitik auf die Kritik an der Ampel. In den Umfragen ist sie zwar stabil stärkste Partei, erreicht aber nicht den Zuspruch, den sie als Volkspartei anstrebt. Ihr Vorsitzender Friedrich Merz ringt mit enttäuschenden Beliebtheitswerten.
Die Wahl des CDU-Mitglieds Hans-Georg Maaßen zum Chef der rechtskonservativen Werteunion beschert der Partei weiteren Ärger. Maaßen hatte zuletzt wegen rassistischer Äußerungen für Empörung gesorgt. Zwar hat sich die Parteispitzen gegen ihn positioniert, seinen Austritt gefordert und wird auch seinen Rauswurf anstreben. Aber das Problem der Abgrenzung der CDU zu den immer radikaleren Positionen der Werteunion bleibt. Wo liegt das Problem?
Verein gehört nicht zur Partei
Die sogenannte Werteunion hat sich vor knapp sechs Jahren als eingetragener Verein gegründet – zunächst als "Freiheitlich-konservativer Aufbruch". Sie ist kein offizieller Teil der Parteien CDU und CSU, wie es der Namensbestandteil "Union" nahelegt. Den zweiten Begriff "Werte" bestimmt die Organisation in ihrer Selbstbeschreibung als "Wertefundament, das christlich, freiheitlich und patriotisch ist".
Die Gründung der Werteunion war vor allem eine Reaktion auf die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel. Immer wieder forderte die ultrakonservative Gruppe den Rücktritt Merkels. Ihre Argumentation: Die Kanzlerin habe die CDU nach links gerückt und konservative Wähler verprellt. Die will die Werteunion am rechten Rand zurückgewinnen. Kritiker – auch aus der CDU – werfen der Gruppe ihre Nähe zur AfD vor.
Das Verhältnis von CDU und Werteunion ist deshalb inzwischen mehr als angespannt: Führende Unionspolitiker betonen immer wieder, die Werteunion sei eine überbewertete Splittergruppe. Der ehemalige CDU-Europapolitiker Elmar Brok bezeichnete sie 2020 als "Krebsgeschwür".
Schwieriger Kurs der CDU
Andere CDU-Politiker, auch der heutige Parteichef Friedrich Merz, witterten in der Gründung des Vereins die Chance, konservative Strömungen in der Partei aufzunehmen. Er hielt die Werteunion 2019 für einen "Hilferuf von unten an die Parteiführung, sich wieder intensiver mit bestimmten Themen zu beschäftigen".
Nach Angaben der Werteunion haben 85 Prozent ihrer Mitglieder ein CDU-Parteibuch. Vollmitglied im Verein kann werden, wer Mitglied der CDU, der CSU oder deren angeschlossenen Vereinigungen wie der Jungen Union ist. Parteilose können Fördermitglied ohne Stimmrecht werden. Bei der Wahl zum neuen Vorsitzenden des Vereins am 28. Januar stimmten 95 Prozent für Hans-Georg Maaßen. Der Chefposten war seit einem Jahr vakant, weil Max Otte nach seiner Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten für die AfD aus der CDU ausgeschlossen worden war.
Die Werteunion hat nach eigenen Angaben mehr als 4.000 Mitglieder. Das sind zwar nicht viele bei derzeit noch rund 384.000 CDU-Mitgliedern. Aber in Zeiten innerer Machtkämpfe findet ihre Stimme immer wieder Gehör – nicht zuletzt, weil ihre Positionen meist im krassen Gegensatz zu denen der Parteiführung stehen.
Für Merz wird die Werteunion zum Problem
CDU-Chef Friedrich Merz steht vor einer unangenehmen Aufgabe. Er muss sich nicht nur klar von Maaßen und seinem antisemitischen Rassengeschwafel distanzieren, was er mit seiner Aufforderung zu dessen Parteiaustritt ja getan hat. Er muss auch den Umgang der CDU mit dem konservativen Kreis definieren.
In einer Stellungnahme hatte sich die Werteunion hinter ihren neuen Chef gestellt, darin heißt es: "Zu keinem Zeitpunkt hat es je eine antisemitische Aussage von Hans-Georg Maaßen gegeben. Auch keine entsprechende Aussage, die auch nur im Ansatz missverständlich war oder die man in Richtung Antisemitismus hätte deuten können." Maaßen habe "lediglich rassistische Parolen aus linken Kreisen (...) als 'eliminatorischen Rassismus' bezeichnet". Zugleich forderte die Werteunion: "Unsere Partei CDU und ihre Kandidaten müssen alle ungerechtfertigten und ehrabschneidenden Angriffe gegen Hans-Georg Maßen zurücknehmen."
Die CDU-Vizechefin Karin Prien forderte, dass ihre Partei die Mitgliedschaft in der Werteunion für unvereinbar mit einer CDU-Mitgliedschaft erklärt. Die Werteunion sei "ein Verein klar außerhalb der CDU, der sich anmaßt, den Diskurs innerhalb der CDU deutlich nach rechts, Richtung AfD, verschieben zu wollen", so Prien in der "Süddeutschen Zeitung".
Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, forderte nach der Wahl von Maaßen zum Vereinschef im "Spiegel" alle CDU-Mitglieder auf, "aus der Werteunion auszutreten und innerhalb unserer Partei gemeinsam an unseren Positionen zu arbeiten".
- Nachrichtenagentur dpa