"Wir wollen unbequem sein" SPD-Rebellen gründen neue linke Plattform
Ein Forum für Enttäuschte: Ein Abgeordneter der SPD gehört zu den Gründern der "Progressiven Sozialen Plattform". Die fordert mehr Soziales in der Politik – auch über Parteigrenzen hinweg.
Politiker innerhalb und außerhalb der SPD haben zur Bildung einer neuen "Progressiven Sozialen Plattform" aufgerufen. "Wir haben die Hoffnung, einiges bewegen zu können, gerade in der Zeit, wo viele enttäuscht sind", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow als einer der Hauptinitiatoren in Berlin. Die 30 Gründungsmitglieder eint unter anderem die Skepsis gegenüber der sich bildenden neuen großen Koalition im Bund.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
"Wir wollen unbequem sein", kündigte Bülow bei der Vorstellung der neuen Initiative an. Deren Gründungsaufruf wurde auf der Internetseite "www.plattform.pro" sowie über soziale Netzwerke freigeschaltet. Richtig loslegen will die neue Plattform allerdings erst dann, wenn 5000 Unterstützer zusammengekommen sind. Auf Twitter gab es immerhin am Mittwoch bereits mehr als 600 Follower. Zur Mitarbeit aufgerufen wurden neben SPD-Mitgliedern ausdrücklich auch Parteilose sowie Mitglieder anderer Parteien.
Bülow: "SPD ist keine soziale Partei"
Inhaltlich liegt ein Schwerpunkt im sozialen Bereich. "Wir brauchen eine starke soziale Partei, das ist die SPD im Moment nicht", sagte Bülow. "Deutschland ist reich, aber immer weniger Menschen profitieren vom Wohlstand", wird in dem Gründungsaufruf kritisiert. Gefordert werden etwa "bezahlbare Wohnungen und faire Steuern". Die Plattform fordert aber auch mehr Klimaschutz und eine offene Gesellschaft sowie ein Nein zur Aushöhlung von Asylrecht und Privatsphäre. Das Ziel sei eine Alternative "diesseits vom Neoliberalismus und jenseits vom Nationalismus".
Im Gründungsteam sind auch Europaabgeordnete der Piratenpartei vertreten sowie deren frühere Bundesvorsitzender Patrick Schiffer, zudem Mitglieder von Migrantenverbänden, der Bewegung Demokratie in Europa 2025 (DiEM25) und der frühere Finanz-Staatssekretär Heiner Flasbeck. Die Mehrheit sind aber SPD-Mitglieder, darunter die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin, die Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe und der Vorsitzende der Naturfreunde, Michael Müller.
Bülow ließ offen, ob es der neuen Plattform mehr um die Neuausrichtung der SPD oder um den Aufbau einer Alternative zu ihr gehe. "Wir fahren eine Doppelstrategie", sagte er dazu. Die Organisation der Plattform soll zum einen über Online-Netzwerke erfolgen, aber auch durch den Aufbau regionaler Koordinierungskreise. Hierarchien oder Mitgliedsbeiträge soll es nicht geben, sondern ein offenes Forum "für engagierte Menschen, die sich nach einer starken und echten sozialdemokratischen Kraft sehnen".
Abgrenzung zum "Linken-Nationalismus"
Skeptisch äußerten sich die Unterstützer der Plattform zu einer Zusammenarbeit mit Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, die sich gleichfalls um eine linke Sammlungsbewegung bemüht. Wagenknecht stehe eher für "linke Politik im nationalen Rahmen. Das ist keine europäische Politik, wie wir sie wollen", sagte der Berliner SPD-Politiker Kevin Hönicke. "Ich weiß nicht, ob sich Sahra Wagenknecht bei uns so wohlfühlen würde", sagte auch der Vorsitzende der AG Migration in der SPD, Aziz Bozkurt, mit Blick auf nationale und Migrations-kritische Töne der Linken-Fraktionschefin.
In einem Punkt legten sich Bülow und Kiziltepe auf der Veranstaltung nicht fest: Ob sie kommende Woche im Bundestag für die Wiederwahl von CDU-Chefin Angela Merkel zur Bundeskanzlerin stimmen wollen.
- AFP