Promoviert, lesbisch, AfD-Spitze Die talentierte Frau Weidel
Die Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl lebt am Bodensee mit einer Lebenspartnerin zusammen. Zur Familie gehören zwei Söhne. Auch sonst entspricht die 38-Jährige nicht dem gängigen Bild eines AfD-Anhängers. Die promovierte Betriebswirtin arbeitete bei Goldman Sachs und Allianz Global Investors Europe in Frankfurt. Zudem war sie sechs Jahre in der Volksrepublik China tätig.
Zur AfD stieß Weidel im Gründungsjahr 2013. Lange fiel sie in der Öffentlichkeit kaum auf. Anfangs versuchte sie sich mit ihrer finanz- und wirtschaftlichen Kompetenz zu profilieren, indem sie vor allem die Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung kritisierte. In dieser Rolle wuchs ihr Ruf als Vertreterin einer wirtschaftsliberalen Strömung in der AfD. Mit Parteichef Jörg Meuthen geriet sie einmal aneinander, als dieser eine verkleinerte Euro-Zone ins Gespräch brachte.
Weidel wird dem Flügel um Parteichefin Frauke Petry zugeordnet. Auch sie lehnt die umstrittenen Äußerungen des Rechtsauslegers und Thüringer Landeschefs Björn Höcke über das Berliner Holocaust-Mahnmal ab. Sie vermied es aber, in der ersten Reihen seiner öffentlichen Kritiker mit der Forderung nach einem Rauswurf aus der Partei zu stehen. Auch sonst hielt sich Weidel bislang mit Angriffen auf Parteimitglieder zurück.
"Angst als Frau die letzte S-Bahn zu nehmen"
Beobachter registrieren seit Monaten, dass Weidel ihre Sprache gegen Einwanderung und den Islam verschärft. Auch am Sonntag gab sie eine Kostprobe von den ihrer Ansicht nach vor allem von Muslimen ausgehenden Gefahren: "Heute müssen in unserem Lande christliche Feste mit Polizei, mit Maschinengewehren und Lkw-Barrieren geschützt werden." Das sei ein Skandal. Und sie setzte nach: "Ich will als Frau auch ohne Angst nachts noch die letzte S-Bahn nehmen können." Der Bundesregierung warf sie eine völlig unkontrollierte und unverantwortliche Migrationspolitik vor.
Weidel hat im Gegensatz zum Co-Spitzenkandidaten Alexander Gauland keine eigene Hausmacht in der AfD. Dies zeigte sich Anfang März, als sie sich um den Vorsitz des baden-württembergischen Landesverbandes bewarb, jedoch nach Warnungen von Meuthen durchfiel, Landesvorsitz und angestrebtes Bundestagsmandat seien zu viel für eine Person. Nach Medienberichten warf sie Meuthen danach vor: "Du hast mich abgeschossen."
Weidel hat in der Partei eine Scharnierfunktion
Parteimitglieder begründen die Kür Weidels auch damit, dass dadurch der beim Parteitag unterlegene Petry-Flügel in der Wahlkampfspitze vertreten sei. Ihrer Funktion als Scharnier zwischen den konkurrierenden Parteiflügeln ist sich Weidel bewusst. Gleich nach ihrer Wahl rief sie zur Geschlossenheit auf: "Wenn wir jetzt gemeinsam zusammenhalten und kämpfen, wird im Bundestag endlich wieder eine echte Oppositionspartei einziehen."