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Anschlag auf Bundeswehr in Mali: Wie Experten die Lage bewerten


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Angriff auf Bundeswehr in Mali
"Dann droht Westafrika unter Kontrolle der Islamisten zu fallen"


Aktualisiert am 25.06.2021Lesedauer: 3 Min.
Malische Soldaten bei einer Übung (Archivbild): Die Streitkräfte sind im Kampf gegen Extremisten auf die Hilfe des Auslands angewiesen.Vergrößern des Bildes
Malische Soldaten bei einer Übung (Archivbild): Die Streitkräfte sind im Kampf gegen Extremisten auf die Hilfe des Auslands angewiesen. (Quelle: Joe Penney/reuters)
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Ein Terroranschlag auf die deutschen Truppen in Mali führt vor Augen, wie gefährlich der Einsatz in Westafrika ist. Warum das Land immer tiefer ins Chaos rutscht und wie Experten die Lage bewerten.

Die jüngere Geschichte des westafrikanischen Mali ist eine Geschichte von oft blutigen Konflikten. Nach Aufständen nomadisch lebender Tuareg gegen ihre Unterdrückung folgten vor rund zehn Jahren Angriffe islamistischer Terrorgruppen: Sie hatten die dünn besiedelten Weiten der Sahelzone im Norden des Landes als ihr Rückzugsgebiet auserkoren. Die internationale Gemeinschaft, allen voran Frankreich, bemühte sich um Stabilisierung und entsandte Truppen in die Region. Doch seit gut einem Jahr versinkt Mali immer tiefer im Chaos.

Konflikte zwischen nomadischen Viehzüchtern und sesshaften Bauern brachen nicht mehr nur im Norden, sondern auch im Zentrum des Landes gewaltsam auf. Islamistische Fundamentalisten von al-Qaida und dem Islamischen Staat (IS) nutzten die Unruhen aus, um ihren Einfluss weiter zu vergrößern. Gleichzeitig stürzte Mali, das etwa 16 Millionen Einwohner hat und gut dreieinhalb mal so groß wie Deutschland ist, auch politisch in eine tiefe Krise. Nach der Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2020 kam es zu Massenprotesten gegen den wiedergewählten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta. Ihm wurden Korruption und Wahlmanipulation vorgeworfen. Die Opposition kritisierte Keïta zudem dafür, die Gefahr durch den islamistischen Terror nicht in den Griff zu bekommen.

Vergangenen August putsche das Militär Keïta aus dem Amt. Zunächst übernahm eine von Generälen eingesetzte Junta die Geschäfte, die im Januar von einer Übergangsregierung ersetzt wurde. Doch letztere ist bereits wieder Geschichte: Vor gerade einmal einem Monat nahmen Militärs Übergangspräsident Bah N'Daw und Ministerpräsident Moctar Ouane in Gewahrsam. Geführt wird das Land derzeit von Putschistenführer Assimi Goïta.

Frankreich erhöht den Druck

Zwei Staatsstreiche in nicht einmal einem Jahr haben Sorgen um die Zukunft des Landes und den internationalen Kampf gegen den Terror in Mali aufkommen lassen. Allen voran Frankreich scheint nicht gewillt, den Staatsstreich vom Mai einfach hinzunehmen. Um Druck auf die Putschisten auszuüben, setzte Präsident Emmanuel Macron den französischen Militäreinsatz in Mali vorübergehend aus und drohte den Generälen mit gezielten Sanktionen.

Denn für Paris geht es um viel – nicht nur in Mali, sondern in der Region insgesamt. 5.100 Soldaten hat die Grande Nation für den Kampf gegen Terrorgruppen in das riesige Sahel-Gebiet entsandt, aber auch, um sich in den ehemaligen Kolonien den Zugang zu Ressourcen zu sichern. Der Einsatz hat bislang über 40 französische Soldaten das Leben gekostet.

Um einen weiteren Zerfall Malis und damit eine weitere Destabilisierung der ganzen Region zu verhindern, ist seit 2013 eine UN-Mission im Land, zu der rund 15.000 Soldaten und Polizisten zählen. Daran ist auch Deutschland beteiligt. In der nördlichen Stadt Gao sind bis zu 1.100 Bundeswehrsoldaten stationiert, die Teil einer EU-Trainingsmission sowie des UN-Einsatzes sind.

Gefährlichster Einsatz der UN

Die Blauhelm-Mission in Mali gilt als derzeit gefährlichster UN-Einsatz. Seit ihrem Beginn 2013 wurden mehr als 240 Blauhelme getötet. Der Selbstmordanschlag vom Freitag, bei dem ein Dutzend deutsche Soldaten verletzt wurden, unterstreicht das noch einmal. Experten für die Region befürchten, dass vor allem durch den neuerlichen Staatsstreich und das Ende des Übergangsprozesses islamistische Extremisten von al-Qaida und dem IS neuen Auftrieb erhalten könnten.

Längst hat sich deren Kampf auf die benachbarten Länder ausgebreitet, wo Dschihadisten Anschläge auf lokale Sicherheitskräfte und Zivilisten verüben. Tausende Menschen fielen der Gewalt schon zum Opfer, Hunderttausende zwang sie zur Flucht.

In einer Analyse kommt das Soufan Center, ein politischer Thinktank des libanesisch-amerikanischen Ex-FBI Agenten Ali Soufan, zu dem Schluss: "Ohne robuste Unterstützung des Anti-Terror-Kampfes durch den Westen drohen weite Teile Westafrikas unter Kontrolle von Milizen mit Verbindungen zu al-Qaida und dem IS zu fallen." Mit Blick auf Mali schreibt das Soufan Center, dass der IS in der Region um Gao bereits an Boden gewinne und eine Schattenregierung aufbaue.

Frankreichs Präsident Macron kündigte nach dem jüngsten Staatsstreich in Mali eine "tiefgreifende Umgestaltung" der französischen Militärpräsenz in der Sahelzone und ein Ende des Anti-Terror-Einsatzes "Operation Barkhane" an. Er stellte eine starke Verminderung der entsandten Soldaten in Aussicht, ohne dabei eine Zahl zu nennen. Macron hatte bereits mit dem Rückzug der Truppen seines Landes gedroht, sollte sich Mali nach dem Putsch in Richtung radikaler Islamismus entwickeln.

Verwendete Quellen
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