Bundeswehr-Skandale Von der Leyen will die Truppe reformieren
Rechtsextreme, die einen Anschlag planen, eine Ministerin im Kreuzverhör, eine Affäre, die immer weitere Kreise zieht: Der Fall Franco A. beschäftigt das Parlament. Kritik schlägt von der Leyen nicht nur von der Opposition entgegen. Die Verteidigungsministerin plant nun Reformen in der Bundeswehr.
Wegen der Affäre um den terrorverdächtigen Soldaten Franco A. hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen grundlegende Veränderungen in der Bundeswehr angekündigt. Die aktuelle Aufklärung des Falls durch die Bundesanwaltschaft sei zwar das Wichtigste, sagte von der Leyen am Mittwoch vor einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses zu der Affäre. "Aber ich bin mir völlig darüber im Klaren, darüber will ich auch im Ausschuss heute berichten, dass wir einen breiten Prozess innerhalb der Bundeswehr selber haben, den wir gemeinsam gehen müssen, vom Rekruten bis zum General, vom Referenten bis zur Ministerin."
Fünf Felder für Veränderungen
Von der Leyen nannte fünf Felder für Veränderungen: Eine Revision der Disziplinarverfahren in der Truppe, die Stärkung des Prinzips Innere Führung, eine Verbesserung der politischen Bildung der Soldaten und schnellere Meldeketten. Auch der so genannte Traditionserlass zum Umgang der Bundeswehr mit der Vergangenheit soll demnach überprüft werden. Auf eine tatsächliche Änderung der Vorschriften legte sich von der Leyen zunächst nicht fest. "Wir werden in den eigenen Reihen uns auch beschäftigen mit der Frage Traditionserlass, der 1982 zum letzten Mal überarbeitet worden ist", sagte die Ministerin. Der Traditionserlass regelt unter anderem, in welcher Form Erinnerungsstücke der Wehrmacht gesammelt und gezeigt werden dürfen. Demnach muss eine "geschichtliche Einordnung" erfolgen.
Von der Leyen steht unter Druck, die Affäre um Franco A. zieht immer weitere Kreise. Ermittler nahmen am Dienstag einen weiteren Verdächtigen fest - den 27-jährigen Maximilian T.. Er soll gemeinsam mit Franco A. und einem weiteren Helfer einen Anschlag vorbereitet haben, um ihn Flüchtlingen in die Schuhe zu schieben. Mittlerweile sitzen drei rechtsextreme Verdächtige in U-Haft. Nach bisherigen Erkenntnissen war die rechte Gesinnung des Berufssoldaten A. den Vorgesetzten seit mehreren Jahren bekannt.
Von der Leyen soll Verantwortung übernehmen
Von der Leyen muss für die Affäre nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann die Verantwortung übernehmen. "Franco A. und seine Mitstreiter haben sich ja fast schon so auffällig verhalten, dass man es gar nicht übersehen konnte", sagte Oppermann am Mittwoch in Berlin. "Es ist trotzdem weggeschaut worden, dafür muss die Ministerin die Verantwortung übernehmen." Es sei nicht die Verantwortung der einfachen Soldaten. Die Ministerin müsse durch eine Führungskultur dafür sorgen, dass solche Dinge schneller entdeckt und die Betroffenen zur Rechenschaft gezogen würden. "Das ist offenkundig über Jahre systematisch versäumt worden."
"Die Ministerin tut so, als ob sie die große Aufklärerin ist, in Wirklichkeit hat sie einen Teil der Probleme selbst geschaffen", sagte SPD-Verteidigungsexperten Rainer Arnold. Sie habe eine völlig fehlerhafte Strukturreform ihres Vorgängers Thomas de Maizière (CDU) nicht korrigiert. Die hohe Belastung der Soldaten führe dazu, dass Themen wie politische Bildung hinten runterfallen würden.
Schlechte Umfragewerte für von der Leyen
Die Mehrheit der Deutschen sieht eine Mitschuld der Verteidigungsministerin an der Bundeswehr-Affäre. Das geht aus einer repräsentativen Online-Umfrage des Instituts YouGov hervor. Demnach sind 52 Prozent der Befragten der Ansicht, dass von der Leyen nicht genug gegen Führungs- und Haltungsprobleme in der Bundeswehr vorgegangen sei. Als Verteidigungsministerin ist von der Leyen seit Dezember 2013 die oberste Chefin der Bundeswehr. 45 Prozent der Befragten glauben, dass die Bundeswehr ein grundsätzliches Problem mit Rechtsextremismus hat.