Umstrittenes Gesetz Mehr Windräder: Bundestag beschließt Ökostrom-Paket
Erneuerbare Energien sollen künftig noch viel stärker gefördert werden. Dafür hat der Bundestag nun den Weg geebnet.
Der Bundestag hat am Donnerstag ein umfangreiches Gesetzespaket für einen schnelleren Ausbau des Ökostroms aus Wind und Sonne in Deutschland beschlossen. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte, das Paket sei das größte im Energiebereich der letzten Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte. Damit würden notwendige und dringend erforderliche Veränderungen umgesetzt.
Die Gesetzesvorhaben müssen noch den Bundesrat passieren. Der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Stromverbrauch soll bis 2030 auf mindestens 80 Prozent gesteigert werden, derzeit liegt er knapp unter 50 Prozent. Um das Ziel zu erreichen, sollen zwei Prozent der gesamten Bundesfläche für Windräder an Land ausgewiesen werden, das ist mehr als eine Verdoppelung.
Forderung von Photovoltaik und Wasserstoff-Kraftwerken
Diese Ausweisung von zwei Prozent der Landesfläche für die Windenergie war besonders umstritten. Derzeit sind es nur rund 0,8 Prozent. Tatsächlich genutzt werden 0,5 Prozent. Ziel ist es, die Leistung der Windräder an Land bis 2030 auf 115 Gigawatt zu verdoppeln. Die installierte Solarleistung soll bis dann sogar fast verdreifacht werden. Dafür werden unter anderem Fördersätze verbessert und der Einsatz von Photovoltaik über Agrarflächen möglich gemacht. Erstmals sollen auch Wasserstoff-Kraftwerke gefördert werden, die in kleinem Umfang Erdgas-Anlagen ersetzen könnten.
Nicht durchsetzen konnte sich die Bundesregierung mit dem Vorschlag, dass der Energie-Sektor insgesamt bis 2035 gar kein CO2 mehr produzieren darf. Zudem wurde auch auf Druck der FDP die Regelung gestrichen, wonach Zusatzgewinne von Anlagenbetreibern des Ökostroms aufgrund der hohen Strompreise künftig über sogenannte Differenzverträge abgeschöpft werden.
Länder müssen Flächen bereitstellen
Die Länder sollen nun gesetzlich verpflichtet werden, mehr Flächen bereitzustellen. Für die einzelnen Länder gelten unterschiedliche Ziele, weil es unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau der Windenergie gibt. Dieser war in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten, vor allem weil zu wenig Flächen ausgewiesen wurden.
Habeck sprach von einer fairen und gerechten Verteilung. Er sagte zugleich, die Länder würden in die Pflicht genommen. Die Ausbauziele müssten in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gemeinsam getragen werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energie spielt eine Schlüsselrolle in der Strategie der Bundesregierung, um Klimaziele zu erreichen. Außerdem soll mittel- und langfristig die Abhängigkeit von fossilen Energien verringert werden.
Ein zentraler Hebel für den Ausbau soll sein, dass erneuerbare Energien künftig im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Das soll Genehmigungsverfahren beschleunigen und Gerichtsverfahren erleichtern.
Bereithaltung von Ersatzkraftwerken
Am späten Abend wollte der Bundestag außerdem über die Bereithaltung von Ersatzkraftwerken entscheiden. Damit soll im Fall einer drohenden Gasmangellage die Gasverstromung zugunsten der Kohleverstromung reduziert werden. So wird Gas gespart, das schon bald noch knapper und teurer werden könnte.
Mit dieser Abstimmung sollten auch Änderungen am Energiesicherungsgesetz vorgenommen werden. Damit können höhere Preise der Energieversorger weitergegeben und auf die Kunden umgelegt werden; Staatsbeteiligungen an strauchelnden Energiekonzernen werden vereinfacht. Habeck sagte im Bundestag: "Wir sind in einer Phase, wo wir uns alle Optionen des Handelns erhalten müssen."
"Zügige Nachbesserungen"
Der Bundesverband Erneuerbare Energie forderte "zügige Nachbesserungen" an dem Gesetzespaket. "Es braucht jetzt jede Kilowattstunde Erneuerbarer Energie zur Kompensation der fossilen Importe", hieß es. "Den Booster bei Wind und Solar sehen wir noch nicht." Einige Branchen wie das Biogas erhielten "gar keine Perspektive". Daher müsse das aktuelle Paket durch ein Herbstpaket ergänzt werden.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft mahnte eine konsequente Umsetzung der Maßnahmen an. Die Flächenziele für die Windenergie müssten zudem "wesentlich schneller kommen als bis Ende 2032". Auch Naturschutzverbände hätten sich nach eigener Darstellung noch beherztere Vorgaben gewünscht – sie kritisierten unter anderem, dass das Ziel der komplett klimaneutralen Stromerzeugung bis 2035 gestrichen wurde.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP