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Antisemitismus-Skandal um documenta: Scholz wird Kunstmesse nicht besuchen


Antisemitismus-Skandal
Scholz wird documenta nicht besuchen

Von dpa
22.06.2022Lesedauer: 3 Min.
Olaf Scholz (Archiv): Der Bundeskanzler finde die Darstellung "abscheulich", sagte eine Sprecherin.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz (Archiv): Der Bundeskanzler finde die Darstellung "abscheulich", sagte eine Sprecherin. (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)

Der Eklat um ein als antisemitisch kritisiertes Werk bei der documenta zieht immer größere Kreise. Auch Kanzler Scholz reagiert – mit Abwesenheit.

Die Antisemitismus-Vorwürfe auf der Kasseler documenta haben Bundeskanzler Olaf Scholz nach einem Bericht der "Jüdischen Allgemeine" veranlasst, auf einen Besuch der Kunstausstellung zu verzichten. Eine Regierungssprecherin sagte der Wochenzeitung, der SPD-Politiker habe "in den vergangenen 30 Jahren wohl keine documenta versäumt", werde dieses Mal aber nicht nach Kassel reisen.

Grund seien judenfeindliche Abbildungen auf einem mittlerweile abgebauten Werk der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi. Der Bundeskanzler finde diese Darstellung dem Bericht zufolge nach den Worten der Sprecherin "abscheulich". Es sei "völlig richtig und angemessen" gewesen, das Wandbild zu entfernen. Seiner Meinung nach sei "in Deutschland kein Platz für antisemitische Darstellungen, auch nicht auf einer Kunstausstellung".

Scholz sprach sich dafür aus, die Einbeziehung der umstrittenen Arbeiten in die Ausstellung zu überprüfen. "Die documenta-Leitung sollte sich nach Überzeugung des Bundeskanzlers ihrer Verantwortung für diesen Vorgang stellen und sich prüfen", erklärte die Regierungssprecherin. Vor Beginn der documenta habe es eine ganze Reihe von Warnungen gegeben – "umso irritierender ist es, dass es nun dennoch zu diesem Skandal gekommen ist".

Nach dem Eklat bei der documenta fifteen werden die Rufe nach Konsequenzen deutschlandweit lauter. Zudem gibt es erste Erklärungsversuche, welche Fehlplanungen dazu geführt haben könnten, dass das als antisemitisch kritisierte Werk des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi installiert wurde.

Zentralrats-Chef spricht von "Schaden" für Deutschlands Image

"Es ist richtig, dass das antisemitische Werk des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi von der documenta entfernt wurde", sagte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, in Berlin. Damit sei jedoch das Thema Antisemitismus sowie die Debatte über eine Nähe der diesjährigen documenta zu BDS nicht abgehakt. BDS steht für "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen". Die Bewegung will Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren.

"Es muss jetzt über personelle Konsequenzen nachgedacht werden", sagte Schuster. Nähere Angaben machte er dazu nicht. Deutschlands Image in der Welt habe durch diesen Vorfall bereits Schaden genommen.

Kritik an den Verantwortlichen

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte, jetzt gelte es, "schonungslos aufzuklären, wie es zu diesem beschämenden Vorfall kommen konnte und wer wann für welche Entscheidungen konkret Verantwortung getragen hat". Das Wichtigste sei, dass daraus auch Konsequenzen gezogen würden. "Wer diese menschenverachtenden Ausfälle gutheißt, darf in Deutschland nicht die Verantwortung für ein international bekanntes Kulturevent tragen", forderte der FDP-Politiker.

Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) sieht das Problem teils in einem fehlenden verantwortlichen Kurator begründet. "Die Verantwortung für die gezeigte Kunst liegt in erster Linie bei der künstlerischen Leitung. Dass diese von der Findungskommission diesmal einem Kollektiv übertragen wurde, nicht einem einzelnen Kurator oder einer einzelnen Kuratorin, hat offenbar dazu geführt, dass die Sorgfalt und die Verantwortung des Kuratierens gelitten haben", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.

Dorn betonte, ihr sei auf mehrfache Nachfrage bei der documenta gGmbH immer versichert worden, es gebe keine Hinweise auf antisemitische Bildsprache auf der Ausstellung. "Warum nicht alle Werke gerade im Licht der Debatte im Vorfeld der Eröffnung eingehend betrachtet wurden und welchen Beitrag eine bessere Kommunikation durch die Gesellschaft hätte leisten können, wird zu klären sein." Die Gesellschafter hätten der documenta den klaren Auftrag erteilt, alle gezeigten Werke "im Sinne eines verantwortungsvollen Kuratierens" zu überprüfen.

"Noch ist nicht alles verloren"

Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, plädierte unterdessen für einen Blick nach vorn: "Noch ist nicht alles verloren, jetzt muss diese Krise als Chance genutzt werden, um wirklich ins Gespräch zu kommen", sagte Mendel der dpa. Ohne Dialog werde die Debatte weiter eskalieren.

Die Bildungsstätte Anne Frank wolle in Kassel mit Bildungsangeboten zur Aufklärung über Antisemitismus und Rassismus unterstützen. Darüber sei die Bildungsstätte in Kontakt mit der documenta. Für kommende Woche Mittwoch ist demnach eine Veranstaltung zusammen mit Ministerin Dorn geplant. Die documenta äußerte sich am Mittwoch zunächst nicht zu dem weiteren Verlauf der Debatte.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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