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Zum journalistischen Leitbild von t-online.t-online-Recherchen führten zu Verdächtigen Bundesweite Razzia gegen mutmaßliche Neonazi-Terrorgruppe
Es ist der größte Schlag gegen Neonazis in der Geschichte der Bundesrepublik: In elf Bundesländern geht die Polizei gegen ein deutschlandweites Neonazi-Netzwerk vor. Es geht um die "Atomwaffendivision".
Ermittler gehen seit dem Morgen mit einer großen Aktion in elf Bundesländern gegen mutmaßliche Rechtsextremisten der "Atomwaffendivision" vor, die in Kontakt mit weiteren Gruppen steht. Vermutet wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung. Vier Personen aus dem Umfeld der Eisenacher Kampfsportgruppe "Knockout51" in Thüringen seien festgenommen worden, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft t-online. Ihr mutmaßlicher Rädelsführer Leon R. aus Eisenach in Thüringen ist auch Beschuldigter im Falle der "Atomwaffendivision". Ebenfalls ins Visier rückten Mitglieder der verbotenen Gruppe "Combat 18".
Zuvor hatten mehrere Medien über die Razzia und "jahrelang geheime Ermittlungen" der Bundesanwaltschaft berichtet. t-online hatte allerdings bereits 2020 das Verfahren der Karlsruher Behörde öffentlich gemacht. Zuvor hatte t-online 2019 die Spuren eines Propagandavideos zu Leon R. verfolgt, der in den Folgejahren durch weitere militante Aktivitäten auffiel. Unter anderem bei Corona-Ausschreitungen der Reichsbürgerszene in Berlin 2020.
Laut Angaben der Bundesanwaltschaft begannen die Ermittlungen 2019 aufgrund von Hinweisen des Verfassungsschutzes auf die "Atomwaffendivision". Am Morgen durchsuchten nun 600 Polizeibeamte 61 Objekte in elf Bundesländern. Der Verfahrenskomplex zählt insgesamt 50 Beschuldigte vier davon wurden festgenommen, darunter Leon R. aus Eisenach, wo die Teilgruppierung "Knockout51" in bekannten Szenetreffs verkehrte.
"Wichtiger Schlag gegen die gewaltbereite rechtsextremistische Szene"
Die Fahnder werfen dem Neonazi-Netzwerk in fünf Ermittlungsverfahren die versuchte Bildung einer terroristischen Vereinigung vor. Gegen einen Teil der Beschuldigten wird aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei "Knockout51" wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Einen weiteren Teil verdächtigten die Behörden, den Neonazi-Verein "Combat18" trotz Verbots weiterbetrieben zu haben.
Unter den Tatverdächtigen ist nach "Spiegel"-Informationen ein aktiver Soldat der Bundeswehr im Rang eines Unteroffiziers. Der 26-Jährige diente demnach unter anderem bei der Panzertruppe im niedersächsischen Munster. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) habe den Soldaten beobachtet, konnte aber wohl nicht verhindern, dass C. Zugriff auf Waffen und Munition hatte. Der Generalbundesanwalt bestätigte, der MAD sei in die Ermittlungen eingebunden gewesen.
Die Durchsuchungen bei den mutmaßlichen Neonazis sind nach Einschätzung von Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang "ein wichtiger Schlag gegen die gewaltbereite rechtsextremistische Szene und ein großer Erfolg der Sicherheitsbehörden". Das zuletzt intensivierte Maßnahmenpaket der Bundesregierung gegen den Rechtsextremismus in Deutschland zeige Wirkung, sagte Haldenwang der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Gegen Nachfolgebestrebungen verbotener Organisationen gehen wir ebenso konsequent vor wie gegen die rechtsextremistische Kampfsportszene."
Terrorverdächtiger im Frühjahr 2020 festgenommen
Die "Atomwaffendivision" hat ihren Ursprung in den USA und wurde dort 2015 von internetaffinen jungen Rassisten gegründet. Inzwischen werfen US-Behörden AWD-Anhängern fünf Morde vor. 2018 etablierten Rechtsextremisten einen AWD-Ableger in Deutschland. Ein Jahr später beauftragte der Generalbundesanwalt das BKA mit Ermittlungen. t-online hatte darüber berichtet.
Kampfsportgruppe "Knockout 51"
Das Verfahren legte mutmaßliche Querverbindungen des AWD-Milieus zur etablierten Neonazi-Szene offen. Leon R., der unter anderem aufgrund von Flugblattaktionen wie vier weitere Personen als Beschuldigter im Komplex der "Atomwaffendivision" gilt, soll auch Rädelsführer der rechtsextremen Kampfsportgruppe "Knockout51" gewesen sein. Diese habe er zuletzt zum Schein auflösen lassen und die Mitglieder zum Beitritt bei der Jugendorganisation der NPD bewegen wollen, wo die Gruppe in Eisenach trainierte.
Sie habe in Eisenach einen "Nazikiez" errichten wollen, in der sie als "Ordnungsmacht" auftrat, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft t-online. Mitglieder seien Streife gelaufen und hätten gezielte Körperverletzungen gegen politische Gegner geplant. Im Laufe seiner Ermittlungen stufte der Generalbundesanwalt die Gruppe als kriminelle Vereinigung ein. Von "Knockout51" führten dann Verbindungen zu "Combat 18", einem verbotenen Neonazi-Verein. Mehrere mutmaßliche Rädelsführer seien unter den Beschuldigten.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Spiegel: Razzia in elf Bundesländern