Autobahnprotest in Berlin löst Krach aus Justizminister belehrt Umweltministerin Lemke
In der Ampelkoalition knistert es erneut. Grund ist ein Auftritt von Umweltministerin Steffi Lemke. Die Grüne äußerte Verständnis für Autobahnblockaden – und wurde auf Twitter abgewatscht.
Kaum hatte Umweltministerin Steffi Lemke bei einer Veranstaltung von "Tagesspiegel" und "Zeit" Verständnis für Autobahnblockierer geäußert, kam auch schon die Zurechtweisung von Justizminister Marco Buschmann – und das ganz öffentlich.
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Die Grünen-Politikerin hatte bei der Konferenz gesagt: "Es ist absolut legitim, für seine Anliegen zu demonstrieren und dabei auch Formen des zivilen Ungehorsams zu nutzen". Einschränkend fügte sie hinzu, dass dabei niemand zu Schaden kommen dürfe. Sie verwies auf die Demonstrationen in der ehemaligen DDR und ihre eigene Vergangenheit, räumte aber auch ein, dass die Situation derzeit anders sei. Sie rief die Opposition dazu auf, gemeinsam an den Klimazielen und der Akzeptanz zu arbeiten, damit es keine Radikalisierung von Protesten gebe.
Auf der Berliner Stadtautobahn A100 hatte es in der vergangenen Woche mehrere Blockaden von Klimaaktivisten gegeben. Sie hatten sich unter anderem auf der Straße festgeklebt und Lebensmittel auf die Fahrbahn gelegt. Die Aktion "Essen retten - Leben retten" der Initiative "Letzte Generation" wurde auch in Hamburg und Stuttgart weitergeführt. Die resultierenden bis zu 40-minütigen Staus lösten bei Autofahrern Unmut aus.
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Kritik aus der FDP
Umgehend meldete sich Buschmann zu Wort. "Aus gegebenem Anlass: Ziviler Ungehorsam ist im deutschen Recht weder Rechtfertigungs- noch Entschuldigungsgrund. Unangemeldete Demos auf Autobahnen sind und bleiben rechtswidrig. Protest ist ok, aber nur im Rahmen von Recht und Verfassung" schrieb der FDP-Politiker auf Twitter.
Unterstützung bekam er vom Vize-Fraktionschef der Liberalen im Bundestag, Konstantin Kuhle. "Mitglieder der Bundesregierung dürfen nicht zu Straftaten aufrufen. Punkt.", kommentierte er einen Tagesspiegel-Artikel. Das wiederum kommentierte der Grünen-Abgeordnete Sven Kindler mit den Worten "Üble Nachrede ist auch eine Straftat. Punkt."
Nachdem auch die künftige Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang friedliche Straßenblockaden als legitimes Mittel für einen Protest bezeichnet hatte, warnte Kuhle vor einer Ausweitung. "Aber wer heute Straßenblockaden von Klimaaktivisten gutheißt, muss morgen erklären, warum Impfgegner und Verschwörungsideologen nicht auch solche Blockaden durchführen dürfen", kommentierte er die Aussagen.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, sprach gar davon, dass Teile der deutschen Bundesregierung "lieber an der Seite von Gesetzesbrechern als in der Mitte der Gesellschaft" stünden.
Lemke selbst äußerte sich ebenfalls auf Twitter: "Alle, die darauf warten, dass es endlich einen saftigen Koalitionskrach geben möge, enttäusche ich jetzt mal. Ich stimme mit meinem Kollegen Marco Buschmann überein. Ist in meinem Statement klar formuliert." Die Umweltministerin hatte in der Konferenz deutlich gemacht, dass bei solchen Protestaktionen "keine Menschen zu Schaden kommen dürfen und dass niemand durch zivilen Ungehorsam auf eine Art und Weise tangiert wird, dass Schaden eintreten könnte."
- Tweet von Konstantin Kuhle
- Marco Buschmann auf Twitter
- Tweet von Steffi Lemke
- Tweet von Stefan Müller
- Tagesspiegel: So lief die Konferenz Europe 2022
- Eigene Recherchen