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CDU: Parteitag in Leipzig – wagt Friedrich Merz den Putsch gegen AKK?


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CDU-Parteitag in Leipzig
Riskiert Friedrich Merz den Putsch?

Eine Analyse von Tim Kummert

Aktualisiert am 21.11.2019Lesedauer: 4 Min.
Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer: Wagt er auf dem Parteitag den Putsch?Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer: Wagt er auf dem Parteitag den Putsch? (Quelle: imago-images-bilder)

Vor einem Jahr wurde Annegret Kramp-Karrenbauer zur Vorsitzenden der CDU gewählt. Beim jetzt anstehenden Parteitag steht sie unter Druck – auch durch ihren Rivalen Friedrich Merz.

Der große Auftritt von Annegret Kramp-Karrenbauer ist fast geräuschlos: Die zierliche Frau im karierten Sakko schiebt sich durch eine Hamburger Messehalle und schnell bildet sich eine Traube von Journalisten um sie herum. Es ist Anfang Dezember 2018, in wenigen Minuten findet hier die Neuwahl zum CDU-Vorsitz statt.

Kurz zuvor, als Angela Merkel ihren Rücktritt vom Amt der Parteichefin verkündete und Journalisten aus aller Welt dazu angereist waren, spürten viele: Das ist der erste Schritt vom Ende einer Ära. Dieses Bild wurde oft bemüht, doch in diesem Fall stimmte es.

Eine Rede wie das Referat eines Oberstudienrats

Dann die Neuwahl zum Parteivorsitz: Mit hauchdünnem Vorsprung vor Friedrich Merz siegte Kramp-Karrenbauer, es war auch ein Sieg von Angela Merkel: Die Kanzlerin hatte ihre Favoritin durchgesetzt, obwohl es noch wenige Wochen so ausgesehen hatte, als könnte Friedrich Merz Parteichef werden. Es war, mal wieder, einer der späten Triumphe der Kanzlerin.

Kramp-Karrenbauer hielt an dem Parteitag eine fulminante Rede, wobei sie vorher nicht als glänzende Rhetorikerin galt. Die Rede von ihrem Herausforderer Merz wirkte dagegen wie das steife Referat eines Oberstudienrats. Doch durch den knappen Sieg von Kramp-Karrenbauer offenbarte sich auch eine gespaltene Partei: Knapp die Hälfte der Delegierten hatten ihre Stimme nicht an die jetzige Vorsitzende gegeben.

Das Merz-Signal ist: Ich bin noch da

Ein knappes Jahr später treffen sich die 1001 Delegierten der CDU an diesem Wochenende wieder zum Parteitag in Leipzig. Und die Frage über die Parteiführung, die letztes Jahr geklärt wurde, könnte wieder aufbrechen: Denn Friedrich Merz hat angekündigt, eine Rede halten zu wollen.

Allein diese Nachricht sorgte für helle Begeisterung in Teilen der Partei und viele fragen sich: Kommt jetzt der große rhetorische Wurf, eine gute Rede, weil er es letztes Jahr so versemmelt hat? Merz beteuert zwar, dass er sich nur konstruktiv einbringen wolle, Spekulationen über eine Herausforderung an Kramp-Karrenbauer auf offener Bühne moderiert er ab.

"Wir haben auf diesem Parteitag keine Personalentscheidungen, und wir werden auch keine Personaldiskussionen führen", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er werde in Leipzig lediglich "einige wenige Anmerkungen" zu grundsätzlichen Fragen machen. Und dennoch will er Präsenz zeigen, seine Ankündigung ist auch ein Signal: Ich bin noch da.

Es rumort in der Partei

In der Jungen Union, der Jugendorganisation der Partei, sind sie allein über die Ankündigung der Merz-Rede dermaßen euphorisiert, dass sie gleich mal eine "Urwahl zur Kanzlerkandidatur" gefordert haben: Die Mitglieder sollen künftig ihren Kanzlerkandidaten direkt wählen. Die alte Gewohnheit der CDU, dass wer Parteichef ist, auch automatisch Kanzlerkandidat wird, soll so aufgebrochen werden.

Viele der jungen CDU-Mitglieder halten Merz für den besseren Parteichef. Nun wird klar: Am Wochenende unterstützen verschiedene Kreis- und Landesverbände der CDU den Urwahl-Antrag auf dem Parteitag. Es ist eines der vielen Signale dafür, wie es in der Partei rumort.

Merkel mischt sich in das Klein-Klein nicht mehr ein

Annegret Kramp-Karrenbauer steht vor dem Parteitag unter Druck: Im Saarland galt sie als unangefochtene Regierungschefin, der praktisch alles gelang. Sie war beliebt und ihre Landesregierung kam praktisch skandalfrei durch die Legislaturperioden. Doch mit dem Auftritt an Fastnacht 2019, bei dem sie sich über Gender-Toiletten lustig machte, zeigte sich zum ersten Mal eine ihrer großen Schwachstellen: Kramp-Karrenbauer ist keine große Meisterin der Selbstvermarktung.

Und im Kanzleramt sitzt nach wie vor Angela Merkel: Die mischt sich zunehmend weniger in das Klein-Klein der bundesdeutschen Alltagspolitik ein, fliegt lieber um die Welt, trifft Staatschefs und hält vor den UN große Reden über die Klimapolitik. Die Leute von Kramp-Karrenbauer beschweren sich, dass sie zu wenig Rückendeckung aus dem Kanzleramt bekommen.

Friedrich Merz prescht immer wieder vor

Von dort kam wohl dann aber der Vorschlag, Kramp-Karrenbauer zu einem besseren Image in der Öffentlichkeit zu verhelfen, indem diese das Verteidigungsministerium übernimmt: Aber die Deutschen haben keine sonderlich große Lust am Militarismus. Horst Köhler, der ehemalige Bundespräsident, beschrieb das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Armee als „freundliches Desinteresse“. Was tat Kramp-Karrenbauer? Beklagte eine "Entwöhnung" der Deutschen von ihrem Militär. Erneut grummelte es in der Partei.

Derweil prescht ihr alter Widersacher Friedrich Merz immer wieder vor, mal lauter, mal leiser. Nie hatte man so recht den Eindruck, dass er seine Niederlage im Dezember 2018 überwunden hatte. Vor zwei Wochen kam dann die bislang schärfste Attacke: In einem TV-Interview kritisierte Merz, die Arbeit der Bundesregierung sei "grottenschlecht".

Wie umgehen mit einer immer stärkeren AfD?

Das zielte formell auf die Kanzlerin, doch allen war klar, wen Merz mindestens mitmeinte: Die Favoritin von Angela Merkel für den CDU-Vorsitz, die sie durchgesetzt hatte, Annegret Kramp-Karrenbauer. Diese wiederum konterte bei „Anne Will“ und rief ihre Herausforderer wie Merz auf, sich klarer zu positionieren und gern einen offenen Kampf zu kämpfen.

Es könnte ein Parteitag werden, bei dem die CDU sich überlegen muss, mit welcher Strategie sie sich für die Zukunft rüsten will. Im Sommer bei den Landtagswahlen zeigten sich die ersten Probleme der Partei und Fragen brachen auf: Wie umgehen mit den rechten Strömungen in der CDU? Und wie umgehen mit der im Osten immer stärkeren AfD? Die CDU-Verantwortlichen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg versuchten es mit verschiedenen Strategien: Mal mit zaghafter Annäherung, mal mit klarer Abgrenzung.


Formell steht bei diesem Parteitag weder eine Wahl zum Vorsitz noch zu einem möglichen Kanzlerkandidaten bevor. Doch er könnte ein erster Stimmungstest dafür sein, wie groß der Rückhalt von Kramp-Karrenbauer in den eigenen Reihen noch ist. Und offen ist, wie deutlich sich Friedrich Merz hervorwagen will. Bei ihm wird mittlerweile die kleinste Andeutung direkt im medialen Echolot zu einer großen Nachricht gemacht. Merz weiß das – und wird sich gut überlegen, was er sagt und welches Signal er senden will.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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