Mieter-Proteste in deutschen Städten Der Frust wächst
In großen Städten steigen die Mieten in atemberaubenden Tempo. Gegen den "Mietenwahnsinn" wollen am Samstag Tausende auf die Straße gehen. In Berlin geht eine Initiative noch weiter.
Gegen rasant steigende Mieten wollen am Samstag in vielen deutschen Städten Tausende Menschen demonstrieren. Die größte Veranstaltung am Aktionstag von Mietervereinen und Protestinitiativen wird in Berlin erwartet, dort sind offiziell 6.000 Teilnehmer zu einer Kundgebung unter dem Motto "Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn" angemeldet. Die Veranstalter rechnen mit etwa 25.000 Teilnehmern. Vor einem Jahr waren es bei der ersten großen Protestaktion dieser Art laut Polizei mehr als 10.000 Teilnehmer.
Weitere Demonstrationen und Protestaktionen sind in anderen deutschen Städten geplant. In München werden 300 bis 500 Menschen erwartet, in Mannheim rund 500 und in Stuttgart 200 Teilnehmer. Auch in Köln, Frankfurt, Leipzig und Dresden sind Veranstaltungen geplant, außerdem in europäischen Metropolen wie Paris, Barcelona und Lissabon.
Wohnungskonzerne enteignen
In Berlin beginnt am Vormittag auch das Sammeln von Unterschriften für ein Volksbegehren zur Enteignung von Wohnungskonzernen. Die Initiatoren fordern, dass Firmen mit mehr als 3.000 Wohnungen enteignet werden. Das Bundesland Berlin soll diese Wohnungen dem Eigentümer zwangsweise abkaufen. Nach Schätzungen des Senats würde das mehr als 30 Milliarden Euro für das schon jetzt hoch verschuldete Land kosten.
Besonders im Visier der Initiatoren des Volksbegehrens ist der börsennotierte Konzern Deutsche Wohnen, der in Berlin rund 112.000 Wohnungen besitzt und wegen seines Umgangs mit Mietern häufig in der Kritik steht. Vorstandschef Michael Zahn zeigte gegenüber der Funke Mediengruppen zwar Verständnis für die Sorgen Wohnungssuchender. Allerdings werde die Debatte "sehr populistisch und ideologisch" geführt. Zahn forderte einen Verzicht auf die Umsatzsteuer bei Bauleistungen und eine einkommensabhängige Unterstützung finanziell schwächerer Mieter.
"Sozialer Sprengstoff"
Einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zufolge sind die von privaten Vermietern verlangten Mieten in den vergangenen Jahren am stärksten gestiegen. Während sie in kommunalen Wohnungen seit 2013 kaum und bei Genossenschaften sehr moderat angehoben worden seien, reagierten private Vermieter stärker auf Wohnungsknappheit, heißt es in der Studie, die der Funke Mediengruppe vorliegt. Demnach lag die Differenz zwischen privaten und kommunalen Wohnungsunternehmen 2013 bei 0,70 Euro je Quadratmeter, 2017 habe sie schon 1,30 Euro betragen.
- Grundrecht auf Wohnen: Wohnungskonzerne per Volksbegehren enteignen – geht das?
- Trotz Arbeit: Wegen steigender rutscht eine Million Haushalte unter Hartz-IV-Niveau
- Miet-Wahnsinn in Kalifornien: Warum der 26-jährige Cameron jetzt im Auto wohnt
Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete Wohnen als Grundrecht und Wohnungsnot als sozialen Sprengstoff. "Wir fordern eine Mietengarantie, die ein weiteres Explodieren der Mietkosten verhindert", sagte Göring-Eckardt der "Passauer Neuen Presse". Sie verlangte ferner ein Sofortprogramm, um schnell viele bezahlbare Wohnungen zu bauen. Der Bund solle dafür drei Milliarden Euro jährlich bereitstellen und zur Finanzierung auf das Baukindergeld verzichtet werden, forderte Göring-Eckardt.
- Nachrichtenagentur dpa