Merkel in Neujahrsansprache "Wir müssen mehr Verantwortung übernehmen"
Der Asylstreit, die schweren Wahlschlappen – hinter der Kanzlerin liegt ein schwieriges Jahr. In ihrer Neujahrsansprache übt sie Selbstkritik – und schwört die Bundesbürger auf große Aufgaben ein.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Bürger auf eine wachsende internationale Verantwortung Deutschlands und einen weiteren Strukturwandel der Wirtschaft eingestimmt. Um Herausforderungen zu meistern, setze die Bundesregierung auf globale Zusammenarbeit, sagte die CDU-Politikerin in ihrer am Sonntag veröffentlichten Neujahrsansprache.
"Da ist die Schicksalsfrage des Klimawandels, die der Steuerung und Ordnung der Migration, da ist der Kampf gegen den internationalen Terrorismus", sagte Merkel. "In unserem eigenen Interesse wollen wir alle diese Fragen lösen, und das können wir am besten, wenn wir die Interessen anderer mitbedenken."
"Erst haben wir lange gebraucht, dann gab es Streit"
In der Ansprache schlug sie auch selbstkritische Töne an. Sie wisse, dass viele Bürger im ablaufenden Jahr mit der Bundesregierung gehadert hätten. "Erst haben wir lange gebraucht, um überhaupt eine Regierung zu bilden, und als wir sie hatten, da gab es Streit und viel Beschäftigung mit uns selbst", sagte sie. Staatsdiener müssten alles in ihrer Macht Stehende für den inneren Frieden und den Zusammenhalt des Landes tun.
"Deutschland wird ab morgen für zwei Jahre Mitglied im UN-Sicherheitsrat sein und sich dort für globale Lösungen einsetzen", sagte Merkel. "Wir steigern unsere Mittel für humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe, aber auch unsere Verteidigungsausgaben weiter." Mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung betonte die Kanzlerin: "Um Arbeitsplätze, Wohlstand und unsere Lebensgrundlagen zu sichern, geht die Bundesregierung konsequent die nächsten Schritte beim Strukturwandel von traditionellen zu neuen Technologien und setzt ihre Strategie für den digitalen Fortschritt um."
Aktivere Rolle Deutschlands in der internationalen Politik
Gewissheiten der internationalen Zusammenarbeit seien unter Druck geraten, bedauerte Merkel offensichtlich in Anspielung auf nationale Alleingänge etwa der US-Regierung unter Präsident Donald Trump. Deutschland müsse für eigene Überzeugungen wieder stärker einstehen, argumentieren und kämpfen. "Und wir müssen im eigenen Interesse mehr Verantwortung übernehmen." Zugleich setze sich die Bundesregierung dafür ein, die Europäische Union robuster und entscheidungsfähiger zu machen. "Und mit Großbritannien wollen wir trotz des Austritts aus der Europäischen Union weiter eine enge Partnerschaft bewahren", sagte die Kanzlerin.
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Innenpolitisch werde um die besten Lösungen in der Sache gerungen. "Immer häufiger aber auch um den Stil unseres Miteinanders, um unsere Werte: Offenheit, Toleranz und Respekt. Diese Werte haben unser Land stark gemacht." Dafür müssten sich alle Bürger gemeinsam einsetzen - auch wenn es unbequem und anstrengend sei.
- Nachrichtenagentur dpa