"Das ist staatszersetzend" AfD-Pläne bringen Seehofer in Rage
Horst Seehofer rechnet in einem Interview hart mit der AfD ab und kennzeichnet diese als staatsfeindlich. Die Zusammenarbeit in der großen Koalition lobt er zugleich. Von einer Krise will der Innenminister nichts wissen.
Horst Seehofer hat die Arbeit in der Regierung als störungsfrei bezeichnet – und einen neuen Hauptgegner ausgemacht: die AfD. "Die stellen sich gegen diesen Staat", sagte der Bundesinnenminister in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. "Da können sie tausend Mal sagen, sie sind Demokraten."
Die Arbeit in der großen Koalition lobte der CSU-Chef überschwänglich – was angesichts der großen Koalitionskrise wegen der Flüchtlingspolitik im Frühsommer und dem aktuellen Streit um Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen bemerkenswert ist. Man habe "eine ganz, ganz gute Zusammenarbeit". "Es läuft – störungsfrei."
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Mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe er zwei große Debatten gehabt, die vor einigen Jahren um die Kopfpauschale bei der Krankenversicherung – und die um die Flüchtlingspolitik. "Aber da ist trotzdem immer noch ein großes Vertrauen zwischen uns."
Wutausbrüche bei Geschäftsordnungsdebatten
Die AfD habe sich in den vergangenen Jahren radikalisiert, sagte Seehofer. "Die sind auf der Welle, auf der sie schwimmen, einfach übermütig geworden und haben auch dadurch die Maske fallen lassen. So ist es auch leichter möglich, sie zu stellen, als wenn sie den Biedermann spielt."
Seehofer kritisierte insbesondere das Verhalten der AfD im Bundestag. "Mich erschreckt an der AfD dieses kollektive Ausmaß an Emotionalität, diese Wutausbrüche – selbst bei Geschäftsordnungsdebatten. Als ginge es jetzt um die Auflösung der Bundesrepublik Deutschland", sagte Seehofer. "So kann man nicht miteinander umgehen, auch dann nicht wenn man in der Opposition ist."
"Das ist staatszersetzend"
Einen Vorstoß der AfD kritisierte Seehofer besonders scharf. Die AfD hatte in dieser Woche im Bundestag über den Haushalt des Bundespräsidenten diskutieren wollen, weil der für ein Konzert gegen Rassismus in Chemnitz geworben hatte, bei dem aus Sicht der AfD gewaltverherrlichende Texte gesungen worden seien.
"Das ist staatszersetzend", sagte Seehofer, und ein Frontalangriff auf den Bundespräsidenten. "Ich kann mich nicht im Bundestag hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln." Das sei den Staat hochgefährlich und müsse scharf verurteilt werden. Für eine flächendeckende Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz sah Seehofer jedoch bislang keine Grundlage.
Sorge um schlechte Umfragewerte – auch für seine CSU
Seehofer zeigte sich besorgt über den Zustand der großen Parteien. "Die Volksparteien, die klassischen Volksparteien, verlieren immer mehr an Zustimmung", sagte der CSU-Vorsitzende und verwies auf die aktuellen Umfragen im Bund – aber auch in den Ländern. Für seine Partei steht am 14. Oktober in Bayern die Landtagswahl an. Und von der früher üblichen absoluten Mehrheit ist die CSU mit zuletzt nur noch 35 Prozent weit entfernt.
Nach dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer würden bei einer Bundestagswahl am kommenden Sonntag nur noch 30 Prozent (minus eins) CDU/CSU wählen. Das ist ein Rekordtief im ZDF-Politbarometer. Auf Bundeskanzlerin Angela Merkel schlug die schlechte Stimmung aber nicht zurück: Sie stieg in der Bewertung auf 1,2 Punkte, das sind 0,3 Prozentpunkte mehr als in der vorangegangenen Umfrage vom August. Einen deutlichen Ansehensverlusten muss allerdings Horst Seehofer selbst hinnehmen. Er kommt nur noch auf minus 0,9, zuvor waren es minus 0,5. Die Bewertungsskala des Politbarometers für Politiker reicht von minus 5 bis plus 5.
Ziemlich klar ist die Einschätzung der Wähler hinsichtlich der AfD. Nach Ansicht von 77 Prozent der Befragten sind rechtsextreme Ansichten in der AfD sehr weit oder weit verbreitet. "Jetzt stellt sich zunehmend die Frage, wie man der AfD stärker entgegentritt", sagte auch Seehofer . Seine Strategie sei, dass man "die Probleme, die Sorgen, die Ängste der Menschen aufnimmt. Und nicht nur darüber redet, sondern auch entsprechend handelt."
- dpa