Albig und Kraft Zwei Ex-Regierungschefs wechseln in die Wirtschaft
Schnelle Wechsel von Politikern in die Wirtschaft gelten oft als anrüchig. Nun zieht es zwei ehemalige Ministerpräsidenten kurz nach ihrem Ausscheiden aus der Politik auf Posten in Unternehmen. Beide kommen aus der SPD.
Die frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wird einem Bericht zufolge Aufsichtsratsmitglied des Steinkohlekonzerns RAG. Ihr früherer Amtskollege aus Schleswig-Holstein,Torsten Albig (SPD), geht als als Unternehmens-Repräsentant von DHL nach Brüssel.
Wie die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" am Mittwoch unter Berufung auf Kreise im RAG-Konzern berichtet, soll Kraft den Chef der SPD-Landtagsfraktion, Norbert Römer, beerben. Dieser hatte sein Mandat im Aufsichtsrat niedergelegt.
Kraft hatte sich nach der verlorenen Landtagswahl im Mai zunächst weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Ihre Amtszeit bei RAG läuft der WAZ zufolge zunächst bis zum Frühjahr 2019. Danach werde eine Wiederwahl erwartet. Ende 2018 schließen die letzten beiden RAG-Bergwerke im Ruhrgebiet. Danach soll sich der Konzern um die Umnutzung und den Strukturwandel der ehemaligen Bergbaugebiete kümmern.
Albig: "Wir ziehen nach Brüssel"
Albig tritt seinen Posten als Lobbyist der DHL-Gruppe am 1. Januar an. "Wir ziehen nach Brüssel", sagte Albig am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. "Ich sofort – der Rest nach den Schulferien." Albigs offizieller Titel lautet "Vice President Corporate Representation Brussels".
Der 54-Jährige führte von 2012 bis 2017 in Schleswig-Holstein eine Koalition aus SPD, Grünen und der Partei der dänischen Minderheit SSW. Die Landtagswahl im Mai 2017 verlor die SPD jedoch. Eine Woche nach der Niederlage kündigte Albig seinen Rückzug aus der Politik an.
Vor seinem Wechsel an die Spitze der Landesregierung war Albig Sprecher mehrerer Bundesfinanzminister und Konzernsprecher der Dresdner Bank sowie drei Jahre lang Kieler Oberbürgermeister. Einen erneuten Wechsel in die Wirtschaft schloss er schon zu seiner aktiven Zeit als Politiker nicht aus. "Es wäre kein dramatischer Bruch in meinem Leben, wenn nach der Frankfurter, der Berliner und der Kieler Zeit noch eine Tätigkeit in London, Chicago oder Buenos Aires stehen würde", sagte der SPD-Politiker.
Karenzzeit für Kabinettsmitglieder
Seit 2015 gilt für Mitglieder der Bundesregierung eine Sperrzeit von bis zu 18 Monaten bei einem Wechsel in die Wirtschaft. Kabinettsmitgliedern kann eine solche Karenzzeit auferlegt werden, wenn ihr bisheriges und künftiges Aufgabengebiet sich zu sehr überschneiden. Auf Länderebene gibt es unterschiedliche Regelungen. Mehrere Bundesländer haben aber in den vergangenen Jahren ebenfalls Karenzzeiten für den Fall von Interessenkonflikten eingeführt.