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Migrationspolitik: FDP-Fraktion will Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen


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Wenn sie aus EU-Ländern einreisen
Ampel-Partei will Flüchtlinge an Grenze zurückweisen


05.09.2024Lesedauer: 4 Min.
Beamte der Bundespolizei stoppen einen Pkw bei der Einreise (Symbolbild): Die unerlaubte Einreise über die Grenzen hat stark zugenommen.Vergrößern des Bildes
Beamte der Bundespolizei stoppen einen Pkw bei der Einreise (Symbolbild): Wer als Flüchtling aus einem anderen EU-Staat nach Deutschland einreist, soll nach dem Willen der Liberalen zurückgewiesen werden können. (Quelle: dpa)
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Die CDU will es, die SPD in Teilen auch. Jetzt bekennen sich auch die Liberalen im Parlament dazu: Wer als "Dublin"-Geflüchteter nach Deutschland kommt, soll an der Grenze gestoppt werden können.

Die FDP-Fraktion im Bundestag will in der Migrations- und Asylpolitik härter vorgehen. In einem Papier, das die Abgeordneten im Rahmen einer Klausurtagung in Hamburg verabschiedeten, fordern sie unter anderem Zurückweisungen von Flüchtlingen an deutschen Grenzen, das Streichen von Sozialleistungen für Ausreisepflichtige, schnellere Abschiebungen sowie Pilotprojekte für Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU.

"Wir wollen Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht in die sozialen Sicherungssysteme", heißt es in dem Papier, das auf 23 Seiten insgesamt 51 Ideen und Maßnahmen für eine bessere Migrationspolitik umfasst. Darunter sind auch zahlreiche Vorschläge für eine bessere Integration von Zuwanderern in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt.

Zum Beispiel plädieren die Liberalen dafür, stärker "in der Breite" Deutschlands zu verteilen, um den Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung zu verbessern und dem Entstehen von Parallelgesellschaften vorzubeugen. Umgekehrt will die FDP-Fraktion auch die Bereitschaft zur Integration abverlangen. So sollen Integrationskurse verpflichtend werden für alle mit einer realistischen Bleibeperspektive.

FDP schließt sich CDU-Forderung an

Für deutlich mehr Aufsehen und Diskussionen sorgen jedoch dürfte vor allem das, was seit Kurzem ohnehin die Debatte bestimmt: die Forderung nach der Rückweisung sogenannter "Dublin"-Flüchtlingen an der deutschen Außengrenze.

Dafür starkgemacht hatte sich zuletzt vor allem die CDU unter ihrem Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz. Beim Migrationsgipfel am Dienstag konnten sich Vertreter von Bund und Ländern aus SPD, Grünen, FDP und CDU in dieser Frage zu keiner gemeinsamen Linie durchringen, auch weil es rechtliche Bedenken gab. Merz stellte den Ampelparteien daraufhin ein Ultimatum bis nächsten Dienstag, sich zu einem solchen Vorgehen zu bekennen.

Mit den FDP-Abgeordneten, die bei potenziellen Gesetzesreformen als Regierungspartner ein entscheidendes Wörtchen mitreden, hat sich jetzt die erste Ampelfraktion hinter der Union gestellt. Zuvor hatten lediglich vereinzelte Sozialdemokraten Offenheit bei dem Thema signalisiert.

Zurückweisungen an der Grenze ermöglichen

In dem Papier der FDP-Fraktion, das t-online vorliegt, heißt es: Geflüchtete, die über einen anderen EU-Staat nach Deutschland einreisen, in dem sie eigentlich ihr Asylverfahren bekommen sollten – Flüchtlinge, die unter die Dublin-Regel fallen –, müssten öfter in die Länder rücküberstellt werden, die für die Verfahren zuständig sind. Und weiter: "Außerdem müssen Flüchtlinge bereits an den deutschen Grenzen zuverlässig zurückgewiesen werden, wenn Deutschland für die Asylverfahren nicht zuständig ist." Im selben Zuge sprechen sich die Abgeordneten für eine Verlängerung der temporären Grenzkontrollen anlässlich der Fußball-Europameisterschaft und der Olympischen Spiele aus.

Als Dublin-Flüchtling gilt, wer eigentlich in einem anderen EU-Staat ein Asylverfahren bekommen sollte. Der Name leitet sich vom Dublin-Übereinkommen ab, ein Völkerrechtsvertrag, der im Grundsatz besagt: Beantragt ein Mensch in der EU Asyl, ist in aller Regel das Land für die Prüfung zuständig, in dem er zuerst angekommen ist. Weil Deutschland keine EU-Außengrenze hat, heißt das theoretisch, dass Deutschland für Geflüchtete, die auf dem Landweg einreisen nicht zuständig ist. In der Praxis jedoch gilt das Dublin-Abkommen als gescheitert, weil gerade osteuropäische Länder Geflüchtete einfach weiterreisen lassen. In den kommenden Jahren soll Dublin deshalb von der Gemeinsamen Europäischen Asylpolitik (GEAS) abgelöst werden.

Der stellvertretende Fraktionschef Christoph Meyer sagte zu dieser Forderung im Gespräch mit t-online: "Für die FDP ist klar und da teilen wir die Auffassung der Union, dass die Zahlen bei der illegalen Migration runter müssen." Die notwendigen Änderungen in der Asylpolitik hingen jetzt an der Union und an den Grünen. "FDP und SPD sind zu Zurückweisungen an den deutschen Grenzen bereit." Er hoffe daher, dass CDU und CSU "an einer ernsthaften Lösung" interessiert seien.

Zuletzt hatte sich im t-online-Interview auch die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) dafür ausgesprochen, Dublin-Geflüchtete an der Grenze abzuweisen. "Wenn es rechtlich möglich sein sollte – und das muss sehr gründlich geprüft werden – dann sollten wir es tun", sagte sie. (Das ganze Interview lesen Sie hier.) Bei den Grünen ist man mit Blick auf den Vorschlag sehr verhalten. Die Partei vertritt traditionell eine Politik, die eher für offene Grenzen steht. Auch Abschiebungen im "großen Stil", wie es Kanzler Olaf Scholz (SPD) im vergangenen Winter gefordert hatte, sahen die Grünen lange kritisch.

Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien

Die FDP wiederum will Abschiebungen laut ihrem Positionspapier auch in andere Drittstaaten als das Herkunftsland ermöglichen. Sie verlangt darüber hinaus eine Wiederaufnahme regelmäßiger Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan. Zudem müssten Bund und Länder "gemeinsame Ausreisezentren" an den großen deutschen Flughäfen einrichten.

Die Liberalen wollen weiter "Fehlanreize in den sozialen Sicherungssystemen abbauen", um Sogfaktoren für Migration in Richtung Deutschland zu beseitigen. Dazu müssten die Höhe der Asylbewerberleistungen "kritisch" untersucht werden und – wie nun von der Regierung geplant – Sozialleistungen für ausreisepflichtige Menschen gestrichen werden. Zudem sollten Asylbewerber "verstärkt zu gemeinnütziger Arbeit" verpflichtet werden.

Und die deutsche Entwicklungszusammenarbeit müsse sich auf die Beseitigung von Fluchtursachen konzentrieren. "Dazu gehören neben Investitionen vor Ort auch eine stärkere finanzielle Unterstützung des (UN-Flüchtlingshilfswerks) UNHCR und des Welternährungsprogramms durch Deutschland". Gleichzeitig fordert die FDP einen Ausbau legaler Einwanderungswege, um den Arbeits- und Fachkräftemangel zu beseitigen.

Bundestag kommt erstmals nach Sommerpause zusammen

Die Fraktionsklausur der Liberalen in Hamburg dauert noch bis Freitag an. Parallel treffen sich in Nauen nahe Berlin auch die Abgeordneten der SPD-Fraktion. Die CDU/CSU-Fraktion hat sich ebenfalls zu Beratungen zurückgezogen.

Am Sonntag endet die parlamentarische Sommerpause, kommende Woche tagt erstmals wieder der Bundestag. Neben dem Bundeshaushalt soll es dabei auch um ebenjene Themen wie Migration und den Kampf gegen Islamismus gehen, wozu die Bundesregierung unlängst ein Maßnahmenpaket vorgestellt hat, um auf den islamistischen Terror von Solingen zu reagieren.

Verwendete Quellen
  • FDP-Fraktion-Positionspapier: "Für eine neue Realpolitik in der Migration"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur AFP
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