Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.AfD und die Justiz Das Land soll brennen
Nach zwei Gerichtsurteilen gegen sie geht die AfD zum Angriff über. Ihr Ziel: die dritte Gewalt. Ein perfides und gefährliches Spiel.
"Unrechtsurteil", "Prozesssimulation", "Zensur", "politische Schauprozesse" und "politische Verfolgung". Richter, die in Wahrheit Täter seien, mitschuldig am "Niedergang unseres demokratischen Systems":
Mit solch maßloser Kritik reagieren AfD-Funktionäre, nachdem sie in dieser Woche in zwei wichtigen Verfahren Niederlagen kassiert haben: In Münster urteilte das Oberverwaltungsgericht, dass die Gesamtpartei vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und beobachtet werden darf. In Halle verurteilte das Landgericht den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke wegen Verwendung einer SA-Parole zu einer Geldstrafe.
Was auf den ersten Blick paradox erscheint: In der Partei hatten viele die Urteile so oder so ähnlich erwartet. Zu gut wissen die meisten selbst, wie sehr sich die AfD in den vergangenen Jahren weiter radikalisiert hat. Und zu genau wissen gerade AfDler, wie groß Höckes Faszination für und sein Wissen über die NS-Zeit ist, um seiner Verteidigung zu glauben, er habe von der SA-Parole noch nie gehört.
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Was man selbst weiß und was man nach außen transportiert, sind aber gerade bei der AfD zwei sehr verschiedene Paar Schuhe. Und so teilen ihre Funktionäre nun aus, zielen auf die Gerichte und die Richter, nähren so die große Erzählung von der Unterdrückung der AfD: Nicht nur die anderen Parteien, der verhasste Verfassungsschutz und die Medien verfolgten sie aus politischen Gründen – sondern jetzt auch die Justiz.
Die Botschaft: Widerstand!
Es sind verbale Attacken auf die so wichtige, unabhängige dritte Gewalt, die bei manchem gleich auch recht offen verbunden wird mit einer großen Hoffnung: Das Urteil gegen Höcke erzeuge "millionenfach Erkenntnis und Wut", twitterte der Thüringer Co-Fraktionschef, Höckes rechte Hand, Stefan Möller.
Übersetzt: Brennen soll das Land, bitte, ja. Widerstand!
Ein Hohn ist das, bedenkt man den Ablauf der Verfahren vor Gericht: Da nutzte die AfD über Tage alle Mittel des Rechtsstaats aus, stellte Befangenheits- und Beweisanträge in großem Umfang, führte Zeugen an. Und die Richter konstatierten: Unüblich sei das Vorgehen, verschleppe den Prozess, oft hätten die Anträge mit der Fragestellung im Verfahren auch gar nichts zu tun. Doch, so formulierten es die Richter in beiden Verfahren immer wieder: "Es ist Ihr gutes Recht."
Allein: Ebendiese Fairness ist von der AfD nicht zu erwarten. Sie wird wohl in beiden Verfahren in die nächste Instanz ziehen, die Urteile überprüfen lassen. Dabei aber wird sie ein bösartiges doppeltes Spiel treiben: Den Rechtsstaat weiter nutzen – und zugleich massiv an seinen Pfeilern sägen. Das ist scheinheilig und brandgefährlich.
- Eigene Beobachtungen in Halle und Münster