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Potsdamer-Adlon Treffen: Drahtzieher Gernot Mörig plante nächste Schritte


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Bittbrief an Unterstützer
Drahtzieher des Potsdam-Treffens plant nächste Schritte


17.05.2024Lesedauer: 5 Min.
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Organisator Gernot Mörig setzt sich für Teilnehmer des Treffens im Landhaus Adlon ein. (Quelle: IMAGO/Jürgen Ritter/imago)
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Millionen gingen auf die Straßen, als im Januar ein Treffen von Rechtsextremen im Landhaus Adlon in Potsdam bekannt wurde. Nun liegt t-online ein brisanter Brief vor.

Sie trafen sich vor den Toren Potsdams mit Blick auf den Lehnitzsee, um über die Ausweisung von Menschen ohne und mit deutschem Pass zu diskutieren – und lösten damit Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus in ganz Deutschland aus. Jetzt ist klar: Der Kreis, der das Treffen organisierte, verfolgt seine Pläne weiterhin.

In einem Brief an mutmaßliche Unterstützer bittet einer der Organisatoren, Gernot Mörig, um Spenden für das rechte Netzwerk. Das Schreiben, in dem Mörig die Empfänger mit "Liebe Freunde!" anspricht, liegt t-online exklusiv vor. Das Geld soll offenbar dazu dienen, Prozesskosten zu decken und geplante Projekte zu finanzieren. Demnach geht es um mehrere Hunderttausend Euro.

Im November 2023 hatte sich ein Kreis von Mitgliedern der Werteunion und der AfD mit Martin Sellner getroffen, der Führungsfigur der rechtsextremen Identitären Bewegung. In Potsdam diskutierten sie die Ideen Sellners, Millionen Menschen außer Landes zu schaffen. Es ging dabei auch um deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund, wofür die Möglichkeiten "erst noch geschaffen werden" müssten, wie es hieß.

Mörig fordert, "aus der Defensive herauszukommen"

Als das Treffen einige Wochen später durch Recherchen von "Correctiv" öffentlich wurde, schlugen die Wellen hoch und es wurde unangenehm für die Teilnehmer. Darüber beklagt sich Mörig in dem Brief an mutmaßliche Unterstützer. Er schwört sie auch darauf ein, nun "aus der Defensive herauszukommen" und ein in Potsdam vorgestelltes Projekt voranzutreiben. Offenbar ist dazu aus seiner Sicht Geld notwendig. Der Brief liest sich, als sei er an einen größeren Kreis gegangen, t-online hat aber keine Informationen, wie viele Personen ihn tatsächlich erhalten haben. Gernot Mörig beantwortete eine Anfrage nicht.

In dem Schreiben ruft Mörig auch zur "Solidarität mit denjenigen" auf, über die namentlich berichtet worden sei. Neben psychischen Belastungen durch die ungewollte Öffentlichkeit wird von einem "teils in extrem großen Maßen finanziellen Schaden" für Teilnehmer berichtet. Es folgt eine Aufzählung, die offenbar die Dringlichkeit verdeutlichen soll, und der Wunsch, dass einige Empfänger des Briefes "auch bereit wären, mit größeren Summen die finanziellen Schäden zumindest zu begrenzen".

Mörig selbst schreibt von gut 400.000 Euro Verlust allein durch verlorene Aufträge nach dem Treffen. Weiter erwähnt er entgangenes Gehalt nach Kündigung. Und allein die Rechtsanwaltskosten, "die aufgrund des großartigen Engagements von Ulrich Vosgerau entstanden sind", sollen sich laut Schreiben schon auf fast 50.000 Euro belaufen.

Werteunion- und CDU-Mitglied Vosgerau hatte selbst an dem Treffen im Landhaus Adlon teilgenommen. Gegen Randaspekte der Berichterstattung bei "Correctiv" zog er später mit wenig Erfolg vor Gericht. Über den Kern der Recherche haben die Richter nicht befunden, sie waren kein Gegenstand des Rechtsstreits. Jurist Vosgerau muss unter anderem mehrere Tausend Euro an die Kanzlei zahlen, die "Correctiv" vertritt. Vosgerau beantwortete eine Anfrage von t-online bisher nicht.

Im Brief führt Mörig noch "diverse Ausgaben" an, die nach dem Treffen angefallen seien, "z. B. für die Erstellung unserer Homepage, die an Spitzentagen über 30.000 Zugriffe zu verzeichnen hatte". So schreibt es Mörig an den Adressatenkreis, von dem er Unterstützung erhofft. Für die Internetseite war er laut Impressum verantwortlich.

Rechtes Influencer-Projekt in Geldnot?

Geld braucht auch ein weiteres Projekt, das auf dem Treffen im Landhaus Adlon vorgestellt worden sein soll. Mörigs Sohn Arne sprach über die Gründung einer Agentur, die sich auf die Monetarisierung und Unterstützung von rechten Influencern konzentriere. Das Projekt ziele darauf ab, ein "alternatives YouTube-Netzwerk" zu schaffen, berichtete "netzpolitik.org" anhand einer unveröffentlichten Homepage des Projekts. Inhaltlich gehe es dabei nicht um den Aufbau einer neuen Plattform. Vielmehr sollen Videoblogger, die von herkömmlichen Monetarisierungsmöglichkeiten ausgeschlossen sind, von einer Agentur unterstützt werden. Ein Aspekt des Projekts sei auch die Einbindung in politische Kampagnen, insbesondere Wahlwerbung, die traditionelle Zielgruppen nicht erreiche.

Mörig Juniors Projekt war offenbar zunächst gut aufgenommen worden. "Correctiv" berichtete, dass der damalige enge Berater der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel, Roland Hartwig, der Agentur Co-Finanzierung durch die AfD in Aussicht gestellt habe. Nur noch der Bundesvorstand müsse von dem Projekt überzeugt werden. Nach Bekanntwerden des Treffens entließ Weidel allerdings Hartwig.

Spendenaufruf für "Geschädigte"

Die Suche nach Finanzspritzen für die Videoblogger-Agentur geht offenbar weiter. Mörig setzt in seinem Brief auf spendierfreudige Geldgeber und gibt in dem Schreiben direkt eine Kontoverbindung an. Sie soll genutzt werden für Spenden, die bis zu 5.000 Euro betragen.

Es gebe auch einen Weg für höhere Spenden. Da dieser Weg "in jedem Fall den gesetzlichen Vorgaben entsprechen muss", bittet er darum, ihm diese grundsätzliche Bereitschaft "postalisch oder durch ein kurzes 'Daumen hoch' (z. B. bei Threema) mitzuteilen." Er werde dann eine direkte Verbindung zu Geschädigten herstellen, "sodass alles weitere DEZENTRAL und im direkten Austausch kreativ geregelt werden kann".

In der rechtsextremen Szene verwurzelt

Mörig hatte bereits vor seinem Ruhestand viele Kontakte zu den Reichen und Prominenten geknüpft, die ihn als umgänglichen und eloquenten Zahnarzt mit "ganzheitlichem Konzept" schätzten. Seine Ideologie trug er nicht offen zur Schau, Sahra Wagenknecht etwa bekam von ihm jahrelang "nette E-Mails" und traf sich zum Abendessen mit ihm und dem linken Kabarettisten Volker Pispers – einem Mörig-Patienten.

Es war auch 2018 nicht öffentlich geworden, dass und warum die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität dem Zahnmediziner die Lehrerlaubnis entzogen hatte. Studenten hatten sich mit Recherchen an die Hochschule gewandt, die belegten: Mörig ist tief verwurzelt in der rechtsextremen völkischen Szene. In den 1970er-Jahren war er "Bundesführer" des "Bundes Heimattreuer Jugend" und in der Folge auch Nachfolgeorganisationen verbunden. In der Familie gibt es vielfältige Beziehung zur sogenannten Identitären Bewegung. Mörig weist zurück, rechtsextrem zu sein.

Mörig ist einer der Köpfe des sogenannten "Düsseldorfer Forums", das hinter dem Treffen im Landhaus Adlon in Potsdam steckt. Es ist ein Netzwerk aus rechten politischen Akteuren und vermögenden Personen, das unregelmäßig zusammenkommt und die Finanzierung von Projekten ermöglichen soll. Die Treffen des Kreises sind nicht öffentlich, die Teilnehmerliste wird geschützt.

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Bitte um Unterstützung per Post verschickt

Konspirativ geht Mörig nun offenbar auch mit der Bitte an mögliche Unterstützer um. Er bittet die Empfänger des Schreibens, den Brief aus Sicherheitsgründen zeitnah zu schreddern und fügt hinzu: "Bitte VORHER die Kontodaten abschreiben". Der t-online vorliegende Brief wurde nicht per E-Mail, sondern postalisch an potenzielle Spender versendet. Dies sollte offenbar das Risiko verringern, dass Informationen an Dritte gelangen.

Mörig jedenfalls zeigt sich nach "intensiven Recherchen" überzeugt, dass die Information zum Treffen im Adlon entweder über einen ehemaligen Angestellten des Adlon durchgesickert sei "oder die 'Altpapierwühler' von Correctiv/Greenpeace bei jemandem erfolgreich im Altpapier geschnüffelt haben, der ebenfalls öffentlich massivst angegriffen worden ist". So schreibt er es an die potenziellen Spender. Es gebe "keine undichte Stelle aus unserem Kreis".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Spendenaufruf von Gernot Mörig, Mitorganisator des Potsdam-Treffens
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