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Bundestagswahl: Donald Trumps Wahlsieg ist eine Warnung für Deutschland


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Tagesanbruch
Eine Warnung für Deutschland


25.11.2024Lesedauer: 6 Min.
Donald Trump: Aus seinem Wahlsieg lassen sich Lehren für die Bundesrepublik ziehen.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Aus seinem Wahlsieg lassen sich Lehren für die Bundesrepublik ziehen. (Quelle: Mark Peterson/dpa)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

wissen Sie schon, wen Sie im Februar wählen? Keine Sorge, das dürfen Sie selbstverständlich für sich behalten. Weit mehr als das "Wen" interessiert mich ohnehin das "Warum". Eine Freundin erzählte mir kürzlich, ihre Mutter wähle seit Jahrzehnten grundsätzlich dieselbe Partei – völlig egal, ob die Ideen im Wahlprogramm ihr Leben oder das ihrer Kinder und Enkel verbessern oder verschlechtern. Das hat mich einigermaßen sprachlos zurückgelassen.

Andererseits ist so viel Loyalität fast schon wieder beeindruckend – und hat den Nebeneffekt, wenig empfänglich für die leeren Versprechen und Falschaussagen von Rechtsaußen zu sein. Bei einem erheblichen Teil der Bürgerinnen und Bürger ist das offenbar anders: Schaut man sich die aktuellen Antworten auf die sogenannte Sonntagsfrage an, also die Frage, wen die Deutschen wählen würden, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, dann zeigt sich: Fast jeder Fünfte würde die AfD wählen – und sie damit zur zweitstärksten Kraft im Bundestag machen.

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Ein Grund, warum so viele Menschen Demokratiefeinden in die Arme laufen, liegt genau in dieser Feindseligkeit: Denn sie haben das Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen verloren. Wer das Gefühl hat, dass die Demokratie nicht mehr für ihn liefert, der wendet sich ab. Das hat man in den USA gesehen. Und so könnte man es im Frühjahr auch in Deutschland beobachten.

Ein Problem, das die Demokraten in den USA komplett unterschätzt haben, war die wirtschaftliche Not vieler Amerikaner. Die meisten haben nicht deshalb für Donald Trump gestimmt, weil er gegen Migranten oder Abtreibung gewettert hat, sondern weil er ihnen weisgemacht hat, mit ihm hätten sie wieder mehr Geld in der Tasche. Dass dem wirklich so sein wird, lässt sich bezweifeln, aber Trump hat das Problem immerhin benannt. In fast keinem Wahlkreis sind die Reallöhne seit der Trump-Ära gestiegen. Die Inflation hat in den USA voll zugeschlagen. Und das, obwohl die Wirtschaft deutlich besser lief als in vielen anderen Staaten – insbesondere auch besser als in Deutschland.

Das US-Wahlergebnis sollte daher eine Warnung für Deutschland sein. Zwar zogen die Reallöhne hierzulande zuletzt leicht an, die Menschen konnten sich also wieder mehr kaufen, doch erstens liegt die Kaufkraft trotzdem noch unter dem Niveau von vor der Corona-Pandemie und zweitens erfahren nicht alle Inflation in gleichem Maß. Wer etwa vor dem Preisanstieg sein Brot beim Handwerksbäcker gekauft hat, kann auf billiges Supermarktbrot umsteigen. Wer hingegen schon immer auf die günstigsten Angebote angewiesen war, bleibt auf der Belastung sitzen.

Im Warenkorb, mit dem die Statistiker die Inflation messen, sind diese Unterschiede nicht einberechnet. Dort gibt es nur ein Durchschnittsbrot. Will heißen: Nur weil sich die Inflation im Schnitt wieder auf einem normalen Niveau eingependelt hat, muss das nicht für jeden Bürger gelten. Mieter zum Beispiel erleben mitunter eine höhere Inflationsrate als Eigentümer, wenn ihre Mieten steigen, während der Zinssatz für den Hauskredit über mehrere Jahre stabil bleibt. Und wer mehr Geld hat, kann einen Teil davon anlegen, um die Inflationslast zu mindern. Diese Option haben viele mit niedrigem Einkommen nicht, weil sie schlicht jeden Euro benötigen.

Wenn der Bundestagswahlkampf mit der Nominierung von Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat heute so richtig beginnt, sollten die demokratischen Parteien nicht denselben Fehler machen wie die Demokraten in den USA. Sie sollten nicht unterschätzen, welchen Einfluss das Portemonnaie auf die Wahlentscheidung vieler Menschen hat. "Es reicht nicht, darauf zu setzen, dass man Investitionen in der Wirtschaft ankurbelt, die dann irgendwann bei den Leuten ankommen", sagte die deutsche Ökonomin Isabella Weber, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der University of Massachusetts Amherst in den USA, im Interview mit dem Podcast "Lage der Nation". Es brauche Maßnahmen, die die finanzielle Situation der Menschen sofort verbessern. Nur so lasse sich ihr Vertrauen in die Demokratie zurückgewinnen.

Als Beispiel für eine solche Maßnahme nannte sie Preisbremsen, wie sie die Ampelkoalition bei Strom und Gas durchaus schon genutzt habe. Ähnliches sei denkbar für bestimmte Grundnahrungsmittel oder bei den Mieten. Bis neuer Wohnraum geschaffen ist und dadurch die Preise sinken, vergehe Zeit, die viele nicht hätten. Die Bauprojekte sollte man daher mit einem Mietendeckel kombinieren. Rechtlich möglich wäre das in jedem Fall. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel in Berlin gekippt, aber nur deshalb, weil das Land nicht zuständig war. Der Bund hingegen könnte dieses Instrument sehr wohl einführen.

Ein weiterer Vorschlag: Mieter sollen ihre Heizkostenabrechnung selbst senken können, indem sie von ihren Vermietern verlangen dürfen, eine Wärmepumpe einzubauen. Der Vermieter wiederum würde dafür vom Staat kompensiert werden. So hätte man gleichzeitig noch etwas zur Bekämpfung des Klimawandels getan und den Bürgern gezeigt, dass dieser Kampf nicht nur mit Entbehrungen einhergehen muss, sondern ihren täglichen Lebensstandard verbessert – indem Heizen für sie günstiger wird und sie in den immer heißer werdenden Sommern zu Hause nicht mehr schwitzen müssen. Schließlich kann eine Wärmepumpe auch kühlen.

Das Geld für solche Staatsausgaben ließe sich zum Beispiel über eine Lockerung der Schuldenbremse holen, jetzt, wo die FDP absehbar nicht mehr in Regierungsverantwortung kommt. Warum das gut und richtig wäre, will ich nicht noch einmal aufrollen. Das hat meine Kollegin Heike Vowinkel in diesem Tagesanbruch bereits getan. Andere Möglichkeiten wären eine Reform der Erbschaftsteuer oder die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen. Es ist allein eine politische Entscheidung, so zu tun, als gäbe es diese Optionen nicht.

Die Wahlkämpfer dürfen sich gerne andere Sofortmaßnahmen ausdenken, um die Menschen zu entlasten. Wichtig ist nur, dass sie es tun. Sonst spart man sich die Demokratie kaputt.


Geheuchelte Geschlossenheit

Lasset die Spiele beginnen: Wenn Präsidium und Bundesvorstand der SPD Olaf Scholz an diesem Montag als Kanzlerkandidat nominieren, ist klar: Spätestens jetzt ist Deutschland im Wahlkampfmodus. Und da es sich immer besser kämpft, wenn man sich nicht bereits intern zerlegt, versuchen es die Spitzenpolitiker der SPD nun mit demonstrativer Geschlossenheit – und sei die auch nur geheuchelt.

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Den Zustimmungswerten hat die verstolperte Kandidatenkür jedenfalls nicht gutgetan. In der Insa-Umfrage vom Wochenende verlor die SPD zwei Prozentpunkte im Vergleich zur Vorwoche und kommt nur noch auf 14 Prozent Zustimmung (mehr dazu hier). Auch vor der letzten Bundestagswahl stand es zeitweise ähnlich schlecht um die Sozialdemokraten. Nur blieb damals noch deutlich mehr Zeit für den Umschwung.

Auch hatte man sich bereits über ein Jahr vor der Wahl auf Scholz als Kandidaten festgelegt, während die Union noch zwischen Markus Söder und Armin Laschet schwankte. Diesmal läuft es genau umgekehrt – auch mit umgekehrtem Ausgang?


Was steht noch an?

Erschreckende Entwicklung: Bundesweit steigt die Gewalt gegen Frauen und Mädchen, täglich werden sie Opfer häuslicher Gewalt und sexualisierter Angriffe. Zum heutigen Internationalen Tag für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen setzen Politik und zahlreiche Organisationen daher quer durch die Republik Zeichen gegen Diskriminierung und Gewalt in jeder Form. Unter anderem ist eine Kundgebung von Terre des Femmes gegen Partnerschaftsgewalt mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Brandenburger Tor geplant.


Abkommen wackelt: Im südkoreanischen Busan startet heute die letzte Verhandlungsrunde für das UN-Plastikabkommen, das die globale Vermüllung stoppen soll. Die Verhandlungen fußen auf einer UN-Resolution aus dem Jahr 2022, wonach der Prozess in diesem Jahr abgeschlossen werden soll. Viele Staaten wehren sich allerdings gegen Maßnahmen, die die Herstellung von Plastik weltweit begrenzen. Ob das Abkommen zustande kommt, ist also fraglich.


Das historische Bild

Diamanten sind heiß begehrt. Dieses edle Exemplar im Bild gilt allerdings als verflucht. Mehr dazu lesen Sie hier.


Ohrenschmaus

Normalerweise stehe ich eher nicht im Verdacht, auf einen Helden zu warten. Am Samstag habe ich jedoch eine Ausnahme gemacht. Da bin ich nämlich im Aufzug stecken geblieben. Selten fand ich jemanden so heldenhaft wie den Monteur, der mich nach 45 Minuten befreite. Den passenden Soundtrack dazu gibt's hier. Keine Sorge, es ist keine Fahrstuhlmusik.


Lesetipps

Die AfD fordert harte Konsequenzen für Männer, die Frauen Gewalt antun. Das scheint nicht für die eigenen Parteimitglieder zu gelten, wie ein Fall aus Berlin zeigt, den meine Kollegin Annika Leister recherchiert hat.


Olaf Scholz und Wladimir Putin haben telefoniert, die Botschaft des Kreml-Chefs war wohl deutlich. Gleichzeitig geht in Russland Unheimliches vor, schreibt unser Kolumnist Wladimir Kaminer.


In Aserbaidschan haben sich die Teilnehmer des Klimagipfels COP29 auf einen Kompromiss geeinigt. Potsdamer Forscher kritisieren den Beschluss und fordern ein neues Format.


Das ZDF setzt im "Traumschiff" immer wieder auf Influencer und andere Promis, um das Format zu bewerben. Dahinter scheint eine ausgeklügelte Strategie zu stecken, wie meine Kollegen Ricarda Heil und Steven Sowa schreiben.


Zum Schluss

Im Landtagswahlkampf in Brandenburg hat das Modell immerhin geklappt.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Start in die Woche! Morgen schreibt wieder Florian Harms für Sie.

Herzliche Grüße

Christine Holthoff
Redakteurin Finanzen

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Mit Material von dpa.

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