Scholz zum Holocaust-Gedenken "Unsere Demokratie braucht uns, wenn sie angegriffen wird"
Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus mahnt Kanzler Scholz zur Wachsamkeit. Innenministerin Faeser ordnet Trauerbeflaggung an.
Anlässlich des Holocaust-Gedenktags ruft Bundeskanzler Olaf Scholz zum entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus auf. "´Nie wieder´ ist jeden Tag", sagt der SPD-Politiker in seinem wöchentlichen Video "Kanzler kompakt", das am Samstag veröffentlicht wird. "Der 27. Januar ruft uns zu: Bleibt sichtbar! Bleibt hörbar! Gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Menschenhass – und für unsere Demokratie."
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Scholz betont in dem Video, dass die heutige Demokratie auf dem zentralen Bekenntnis "Nie wieder" gründe. "Nie wieder Ausgrenzung und Entrechtung, nie wieder Rassenideologie und Entmenschlichung, nie wieder Diktatur." Dafür zu sorgen, sei die zentrale Aufgabe des Staates. "Deswegen bekämpfen wir jede Form von Antisemitismus, Terrorpropaganda und Menschenfeindlichkeit."
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"Unsere Demokratie ist nicht gottgegeben"
Der Kanzler begrüßte nochmals die zahlreichen Großdemonstrationen gegen Rechtsextremismus der letzten Tage und Wochen. Das "Nie wieder" fordere die Wachsamkeit aller. "Unsere Demokratie ist nicht gottgegeben. Sie ist menschengemacht. Sie ist stark, wenn wir sie unterstützen. Und sie braucht uns, wenn sie angegriffen wird." Neonazi-Netzwerke und die Ausbreitung des Rechtspopulismus seien keine Fügung, die man einfach hinnehmen müsse.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb auf der Plattform X (vormals Twitter), Nazi-Deutschland habe "die Welt in den Abgrund der Menschlichkeit schauen lassen. Es ist an uns Lebenden, aus der Verantwortung für unsere Vergangenheit heraus unsere Gegenwart zu gestalten. Nie wieder ist jetzt."
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Shoah-Überlebende: "Hätte nie gedacht, dass es wieder so kommen würde"
Bundesweit wird heute an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen die Überlebenden des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet, überwiegend Juden, aber auch Sinti und Roma. Seit 1996 wird das Datum in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser ordnete zum 79. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz Trauerbeflaggung an. Die Flaggen an den Dienstgebäuden des Bundes wehen auf halbmast.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, mahnte anlässlich des Gedenktages: "Wir müssen neue Formate finden, um die breite Bevölkerung und insbesondere die junge Generation emotional anzusprechen." Es gebe nur noch wenige Überlebende des Holocaust, die persönlich Zeugnis ablegen und von den Verbrechen der Schoah berichten könnten, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Gedenkstätten müssten daher etwa "digitaler und auch mobiler werden, um gerade junge Menschen da 'abzuholen', wo sie sich gerne aufhalten". Dazu zählten neben den sozialen Medien auch Sportvereine oder die Musikschulen.
Auch die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer sagte zum Umgang der Deutschen mit Erinnerung und Gedenken an die Shoah: "Sie wissen zu wenig". Im Interview mit den ARD-Tagesthemen zeigte sich die 102-Jährige besorgt über den Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland. "Ich hätte es nie gedacht, dass es wieder so kommen würde, denn so hat es ja damals auch angefangen", sagte Friedländer. Für "die, die wir das erlebt haben", sei es "besonders schwer, zu verstehen, und sehr traurig".
- Nachrichtenagentur dpa