"Lieber Robert Habeck" CDU-Chef Merz richtet Bittbrief an Wirtschaftsminister
Friedrich Merz möchte mehr Gelder für seinen Landkreis. Das Brisante: Er bittet nur Tage nach dem Haushaltsurteil um Förderung aus einem gesperrten Topf.
Überall soll gespart werden, aber ungern im eigenen Landkreis: CDU-Chef Friedrich Merz hat sich wohl mit einem Brief an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gewandt. Das berichtet das Magazin "Spiegel".
Darin schreibt er, dass sich sein Wahlkreis "vielfältig im Bereich des Klimaschutzes" einsetze und entsprechende Maßnahmen "mit großer Motivation und Gestaltungsfreude" voranbringen wolle. Doch es gebe Verzögerungen bei der Bewilligung von Projekten.
Deshalb schreibe er an seinen "lieben Kollegen": "Ich bitte Sie um die positive Verfahrensbegleitung im Sinne wichtiger Klimaschutzmaßnahmen auf kommunaler Ebene." Konkret geht es um einen Antrag des Sauerländer Landrats und Parteikollegen von Merz, Karl Schneider an die bundeseigene Agentur "Zukunft – Umwelt – Gesellschaft" (ZUG) aus dem Juni. Mit der Förderung wolle der Landkreis Klimaschutzmanager einstellen, die für die Einsparung von Treibhausgasen sorgen sollen. Die Datierung des Briefs ist dabei besonders interessant.
Zeitpunkt überrascht
Ein solches Schreiben ist zwar an sich nicht ungewöhnlich – viele Politiker, aber auch Unternehmer und Interessenvertreter richten Briefe an den Minister. Auch die handschriftlich ergänzte persönliche Anrede "lieber Robert Habeck", wie sie laut "Spiegel" auf dem Schreiben zu finden ist, gehört häufig dazu. Doch dass der Brief vom 17. November stammt, ist überraschend.
Denn nur zwei Tage zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht den Nachtragshaushalt der Bundesregierung für 2021 für verfassungswidrig erklärt. Die Ampelkoalition stürzte das in eine erneute Krise, und die einzelnen Minister begannen sofort, nach Sparmaßnahmen zu suchen. Für 2024 steht deshalb bislang immer noch kein Haushalt. Mehr dazu lesen Sie hier.
Für Habeck hatte das Urteil auch direkte Auswirkungen auf sein Ressort, denn es sollten Gelder aus dem Corona-Fonds für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) umgewidmet werden. Diese 60 Milliarden Euro fehlten in der Planung von einem Tag zum nächsten. Harsche Kritik kam dafür auch aus der Union.
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Merz selbst sprach davon, dass das "Rumtricksen" der Ampel nun beendet sei. Und an Habeck gerichtet: Es sei richtig, dass der KTF gesperrt sei, nun müssten andere Finanzierungswege gefunden werden.
Ministerium stellt Dinge anders dar
Für die eigene Heimat wäre es Merz wohl aber recht, entweder doch Gelder aus dem Fonds zu erhalten oder sie schnellstmöglich aus anderer Quelle aufzutreiben. Denn die verantwortliche Bundesagentur verfügt über Mittel aus der Nationalen Klimaschutzinitiative, die wiederum Teil des KTF ist.
"Diese lange Antragsbearbeitung lässt viel zu viel wertvolle Zeit verstreichen, frustriert die kommunal politischen Akteure und verstimmt mich als heimischer Abgeordneter", schreibt er. Die Agentur habe zudem einen "vorzeitigen Maßnahmenbeginn" abgelehnt, behauptet Merz weiter.
Das Bundeswirtschaftsministerium wollte den Brief auf Anfrage des "Spiegel" nicht kommentieren. Allerdings stellte das Ministerium klar: "Durch einen sehr hohen Antragseingang haben sich die Bearbeitungszeiten leider deutlich verlängert." Die Programme aus dem KTF würden "sehr erfolgreich" laufen, hieß es laut "Spiegel" weiter.
Auch bei der Frage nach einem vorzeitigen Maßnahmenbeginn blockt das Ministerium ab. Ein entsprechender Antrag liege nicht vor.