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Deutschlandpakt: Bundeskanzler Olaf Scholz unter Druck


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Scholz' Deutschland-Pakt
Notfalls eben mit Merz

Von Sara Sievert

Aktualisiert am 08.09.2023Lesedauer: 4 Min.
CDU-Chef Merz und SPD-Kanzler Scholz könnten ein Bündnis eingehen.Vergrößern des Bildes
CDU-Chef Merz und SPD-Kanzler Scholz könnten ein Bündnis eingehen. (Quelle: dpa)

Der Kanzler schlägt der Opposition und den Ländern einen Deutschlandpakt vor. Steckt dahinter eine brillante Strategie – oder ein Verzweiflungsakt?

Olaf Scholz versucht dieser Tage mal wieder ein Zeichen zu setzen. Am Mittwoch lädt der Kanzler die Länder, die Kommunen und die Opposition mit Ausnahme der AfD zu einem gemeinsamen Kraftakt ein. Während der Generaldebatte im Bundestag schlägt er den "Deutschland-Pakt" vor. Ein Plan, der die Bundesrepublik schneller, moderner und sicherer machen soll, so Scholz.

Was will der Kanzler damit bezwecken? Für Themen wie den Bürokratieabbau braucht er die Opposition nicht – dafür braucht er eher die Länder, weil dort (und in den Kommunen) im Zweifel die Zuständigkeiten liegen. Scholz müsste also nicht zwingend auf Merz zugehen. Und wenn es um die Demonstration eines gemeinsamen Kraftaktes ginge, hätte es bessere, weniger vor den Kopf stoßende Wege gegeben.

Schließlich kam Scholz' Vorstoß für die Union ziemlich überraschend. Nicht nur, weil der Kanzler in seiner Rede wenige Minuten zuvor noch mit Merz und dessen Fraktion abrechnete. Sondern auch, weil es vorab keinerlei Anzeichen für eine Zusammenarbeit gegeben hatte. Wie t-online erfuhr, bekam die Unions-Fraktion das Papier mit den Vorschlägen zum Deutschland-Pakt über die Medien. Scholz und Merz hatten sich zuletzt für ein Frühstück zu Beginn der Sommerpause getroffen. Das war im Juli. Seitdem hatte der Kanzler bis zur Generaldebatte nicht noch mal den Kontakt gesucht.

Auf das plötzliche öffentliche Angebot, nun zusammenzuarbeiten, das zwischen den Zeilen auch an die staatspolitische Verantwortung der Union appelliert, zeigten sich nicht nur die CDU/CSU-Fraktion, sondern auch CDU-Ministerpräsidenten irritiert, wenn nicht sauer. "Ich fühle mich offen gesprochen veräppelt", schreibt etwa der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst. Der Deutschlandpakt sei "ein reiner PR-Gag für Projekte, die ohnehin schon in der Pipeline sind und die wir als Länder schon seit Langem fordern", so Wüst.

Tatsächlich finden sich in dem Papier kaum neue Vorschläge.

Hinter Scholz' Deutschland-Pakt steckt eine Strategie

Ist das Ganze nur heiße Luft? Wer Scholz kennt, weiß, dass das unwahrscheinlich ist. Der Kanzler ist Stratege durch und durch. Man kann davon ausgehen, dass er sich etwas dabei gedacht haben wird. Aber was? Was ist Scholz' Ziel jenseits des, wie Wüst ihn nennt, "PR-Gags"?

Es gibt dazu zwei Theorien.

Nach der ersten gehört der Deutschland-Pakt in eine Reihe rhetorischer Aufschläge, wie man sie von Scholz schon kennt. Erst die Zeitenwende, dann der Doppel-Wumms, jetzt der Deutschland-Pakt. So etwas verfängt. Und Scholz kann dann rückblickend sagen, er habe sich "persönlich" um die Dinge gekümmert. Vom Getriebenen zur treibenden Kraft – könnte demnach die Strategie sein. Ob das am Ende funktioniert, bleibt zumindest fragwürdig.

Es gibt noch eine zweite Theorie zu den Hintergründen des Deutschland-Paktes. Demnach legt Scholz mit seiner ausgestreckten Hand in Richtung Union die Schwäche der Ampelkoalition offen. Würde die Regierung funktionieren, bräuchte der Kanzler die Opposition nicht. Doch die immer wiederkehrenden Streitereien der vergangenen Monate haben das Vertrauen in die Regierung massiv erschüttert.

Und wie beim Fußball fällt die Schwäche der Mannschaft vor allem auf ihren Trainer zurück. Scholz muss sich fragen, wie er sein Team wieder in den Griff bekommt. Der Deutschland-Pakt scheint ein Versuch zu sein, die Ampelparteien, gerade FDP und Grüne, zu disziplinieren. Die Botschaft könnte demnach auch sein: Wenn in der Regierung keine Mehrheiten mehr zustande kommen, organisiert der Kanzler sie anderswo.

Zwar könnten auch die Grünen anfangen, ihre Alternativen außerhalb der Ampel auszuloten. Solange Merz in der CDU jedoch das Sagen hat, dürfte ein Pakt zwischen der Union und den Grünen (zumindest im Bund) schwer werden. Machtpolitisch stärkt das die Position des Kanzlers.

Treffen zwischen Scholz und Merz im Kanzleramt

Dafür, dass Scholz die Koalition unter Druck setzen will, spricht auch, dass der Kanzler Merz am Donnerstag anrief und zu Gesprächen ins Kanzleramt einlud. Laut t-online Informationen kam es noch am selben Nachmittag zu einem Treffen zwischen den beiden. Eigentlich war für Merz von Anfang an klar: Wenn der Kanzler seine Hilfe will, bekommt er sie nur, sofern etwas für die Union dabei herausspringt. Einen Blanko-Scheck, wie es ihn beim Sondervermögen für die Bundeswehr gegeben hatte, würden CDU und CSU nicht noch einmal akzeptieren, hieß es nach der Generaldebatte aus dem Umfeld des Oppositionsführers. Dieses Mal müsste Scholz ihm vorab entgegenkommen, beispielsweise in migrationspolitischen Fragen. Wie aus dem Umfeld der beiden zu hören ist, soll der Kanzler das Thema im Gespräch jedoch gleich abgeblockt haben.

Denn klar ist auch: Scholz bewegt sich auf einem schmalen Grat. Auf der einen Seite will er Druck auf die Ampel ausüben. Auf der anderen darf er seine Koalitionspartner nicht vor den Kopf stoßen. Das könnte im schlimmsten Fall zu einem Bruch in der Koalition führen.

Letzten Endes sind beide Theorien ohne Erfolgsgarantie für den Kanzler. Scholz geht hier ins Risiko. Gewiss ist nur, dass die Unions-Fraktion, die Ministerpräsidenten, vielleicht sogar die Ampel Scholz in den kommenden Wochen an seinen Deutschland-Pakt erinnern werden. Er muss jetzt liefern. Gewissermaßen hat Scholz sich damit selbst am meisten unter Druck gesetzt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mediathek Bundestag: Reden von Olaf Scholz und Friedrich Merz zur Generaldebatte
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