Umstrittener THC-Wert Promillegrenze für Kiffer? Eine Partei macht Druck
Kiffen hinterm Steuer soll bald rechtlich nicht mehr strafbar sein. Doch welcher Grenzwert gilt für Cannabis-Konsumenten? Darüber herrscht große Uneinigkeit.
Es ist eines der umstrittensten Projekte der Ampelkoalition. Die Cannabis-Freigabe in Deutschland. Angesichts der Pläne für eine teilweise gesetzliche Freigabe von Cannabis in kleinen Mengen fordert Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) klare Regeln und Grenzwerte für Autofahrer beim Drogenkonsum. Laut einem Bericht der "Bild" will Wissing ähnlich der Promille-Grenze beim Alkohol künftig Cannabis-Grenzen für Autofahrer festlegen.
"Wir prüfen, wie die Grundlage für einen Grenzwert für Cannabis im Rahmen der Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 24a Straßenverkehrsgesetz auf wissenschaftlicher Basis ermittelt und geschaffen werden kann", sagte eine Sprecherin des Ministers der Zeitung.
Insbesondere die kleinste Ampelpartei, die FDP, hatte sich im Wahlkampf mit dem Schlager der Cannabis-Legalisierung hervorgetan, um junge Wähler anzusprechen. Doch auch gut anderthalb Jahre nach dem Start der neuen Regierung ist das Versprechen noch immer nicht eingelöst.
Schon 2021 höheren Grenzwert diskutiert – ohne Ergebnis
Einen entsprechenden Gesetzesentwurf muss das Gesundheitsministerium von Karl Lauterbach (SPD) vorlegen. Dass der Prozess nun schon so lange dauert, hat auch mit EU-rechtlichen Bedenken zu tun. Brüssel könnte ein Veto gegen die deutschen Pläne zur Legalisierung von Cannabis einlegen. Zuletzt drängten die Grünen, aber auch die FDP dennoch auf eine Beschleunigung des Verfahrens.
Offenbar will Lauterbachs Haus nun einen Entwurf vorlegen, in dem der Kauf und Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis straffrei ist.
Für Wissing sei entscheidend, "dass Regelungen über die Zulässigkeit von Fahrten unter Einfluss von Cannabis sich konsequent an den Erfordernissen der Straßenverkehrssicherheit orientieren", sagte die Sprecherin weiter.
Genau dieser Punkt ist allerdings unter Experten umstritten. So hatte die Grenzwertfindungskommission, die beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) angesiedelt ist, bereits 2021 äußerst kontrovers über eine Obergrenze von THC im Blut von Autofahrern diskutiert. Ohne konkretes Ergebnis.
Damals hatte die Linksfraktion, unterstützt von den Grünen, eine Anhebung des Werts von derzeit 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum (ng/ml) auf 10 ng/ml gefordert. Die Linke begründete dies damals damit, dass dieser Wert dem derzeit im Straßenverkehr zulässigen Grenzwert von 0,5 Prozent Blutalkohol entspreche.
Tatsächlicher THC-Wert im Blut schwer zu bestimmen
Allerdings werden THC und Alkohol vom Körper je unterschiedlich abgebaut. Der THC-Wert allein kann laut Experten nicht als alleinige Grundlage für die Bewertung einer Fahrtüchtigkeit genommen werden.
Dr. Renate Zunft, Leitende Ärztin des Medizinisch-Psychologischen Instituts beim TÜV Nord, verwies seinerzeit bei einer Anhörung zum Thema vor dem Deutschen Bundestag darauf, dass eine Gleichstellung von THC- und Promille-Obergrenze schon aus pharmakologischer Sicht keinen Sinn ergebe, weil der tatsächliche THC-Gehalt im Blut überwiegend nicht bekannt sei und die aufgenommene Menge stark von der Art des Konsums und der Erfahrung des Cannabis-Konsumenten abhängig sei.
"Deshalb gibt es sehr viele nüchterne Fahrer, die viele Stunden nach dem letzten Konsum noch mit unwirksamen THC-Restwerten zwischen 1 und 5 ng/ml unterwegs sind", sagte auch Georg Wurth, der Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbandes und Befürworter einer höheren THC-Obergrenze im Straßenverkehr.
Eine einheitliche Promillegrenze für Kiffer, wie sie FDP-Verkehrsminister Wissing nun vorschlägt, dürfte letztlich also nur ein Richtwert sein. Und damit umstritten bleiben.
- zeit.de: "FDP dringt auf schnelle Cannabis-Legalisierung"
- bundestag.de. "Experten uneins über zulässigen Cannabis-Grenzwert im Straßenverkehr"
- zdf.de: "Cannabis: Eine entscheidende Anpassung fehlt"
- bild.de: "FDP will "Promille"-Grenze für Kiffer"