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Hitze, Brände, Fluten: Die Bundesregierung muss handeln!


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Nichts begriffen?
Das ist ein fatales Signal

  • Sonja Eichert
MeinungVon Sonja Eichert

Aktualisiert am 18.07.2023Lesedauer: 4 Min.
Olaf Scholz: Der Bundeskanzler forderte zuletzt, beim Klimaschutz auch mal "alle fünfe gerade" sein zu lassen.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz: Der Bundeskanzler forderte zuletzt, beim Klimaschutz auch mal "alle fünfe gerade" sein zu lassen. (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)
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Die Klimakrise eskaliert zunehmend. Der Sommer 2023 wird damit zu einer historischen politischen Chance. Die Bundesregierung muss sie nutzen.

Es geht gerade heiß her auf der Erde: Hitzewellen sorgen in etlichen Ländern für Temperaturen an der Grenze des menschlich Aushaltbaren. Brände lassen Wälder in Flammen aufgehen. Anderswo setzen Starkregenfälle ganze Landstriche unter Wasser. Klar ist: Diese Ereignisse sind längst keine reinen Naturkatastrophen mehr, sondern werden durch die menschengemachte Erderhitzung heftiger und häufiger.

Weniger heiß her geht es hingegen in der deutschen Klimapolitik – jedenfalls dann, wenn man es ernst meint mit dem Klimaschutz. Dabei bietet sich hier aktuell eine historische Chance für die Politik.

Bricht die Bundesregierung das Gesetz?

Am Montag lief eine wichtige Frist ab: Bis zum 17. Juli hätten die Ministerien ihre Sofortprogramme für die Sektoren Verkehr und Gebäude vorlegen müssen, nachdem diese im Vorjahr die Klimaziele gerissen hatten. Diese Pflicht steht schwarz auf weiß im Klimaschutzgesetz. Sie betraf in diesem wie schon im vergangenen Jahr Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne).

Dass Wissing kein Sofortprogramm vorlegte, dürfte keinen mehr überraschen, hatte sich der Verkehrsminister doch bereits 2022 dagegen entschieden – und damit für das Unterlaufen des Klimaschutzgesetzes. Auch in diesem Jahr kündigte sein Ministerium an, es werde kein Sofortprogramm für den Verkehrssektor kommen, mit der abenteuerlichen Begründung: Die Bundesregierung habe sich schließlich auf die Reform des Klimaschutzgesetzes geeinigt – und damit praktischerweise auf das Ende der Pflicht zum Sofortprogramm in der bisherigen Form.

Was Wissing jedoch unterschlägt: Noch ist die Reform nicht beschlossen, es gilt das aktuelle Klimaschutzgesetz – und damit die Sofortprogramm-Pflicht.

Gesetzesbruch bliebe ohne Konsequenzen

Nun lässt allerdings nicht nur Wissing sein Sofortprogramm vermissen, auch aus den Häusern der Ampelpartner Geywitz und Habeck kam: nichts. Die Bundesregierung will aber von einem Gesetzesbruch nichts wissen. Man habe schließlich im Juni, zusammen mit dem Entwurf für die Reform des Klimaschutzgesetzes, ein Klimaschutzprogramm der gesamten Regierung vorlegt. Darin sind auch Maßnahmen für die einzelnen Sektoren aufgeschlüsselt.

Dieses Programm hatte die Bundesregierung allerdings schon im Koalitionsvertrag versprochen, für Ende 2022, völlig unabhängig von den Klimaergebnissen der einzelnen Sektoren. Kurzerhand deklarierte sie es nun aber als Sofortprogramm im Sinne des bisherigen Klimaschutzgesetzes, das an der entscheidenden Stelle so widersprüchlich formuliert ist, dass die Pflicht der Bundesregierung in diesem Bereich tatsächlich getan sein könnte. Ein fatales Zeichen.

Erde an Bundesregierung: Bitte handeln!

Denn eines ist mit dem Verstreichen der Frist am 17. Juni wieder einmal klar geworden: Die Bundesregierung hat den Ernst der Lage noch immer nicht begriffen. Trotz der Hitze, trotz der Fluten, trotz der immer weiter eskalierenden Klimakatastrophe. Man müsse beim Klimaschutz "auch mal fünfe gerade sein" lassen, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) vergangene Woche auf seiner Sommerpressekonferenz, "aber gleichzeitig ambitioniert die Klimaziele" verfolgen.

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Zugegeben: Mehr als die Vorgängerregierung unter Angela Merkel tut die Ampel beim Thema Klimaschutz. Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht endlich voran. Die Bundesregierung nimmt sich des Themas Wasser an. Aber dass sie "ambitioniert Klimaziele verfolgt", wie Scholz meint, ist eher Wunschdenken.

Denn es ist an der Zeit, den Klimaschutz nicht mehr an der Vergangenheit zu messen. "Besser als die Merkel-Regierung" ist kein Gütesiegel. Wir müssen Politik stattdessen an der Realität messen – und die ist wissenschaftlich umfassend beschrieben worden: Wenn wir so weitermachen wie bisher, erhitzt sich die Erde um 2,7 Grad. Und selbst wenn die bis 2030 gesteckten weltweiten Klimaziele erfüllt werden, gehen Wissenschaftler von einer Erhitzung um 2 Grad aus.

Dabei handelt es sich allerdings um den globalen Durchschnitt. Deutschland erhitzt sich schneller. Es drohen noch heftigere Dürren, Starkregen und Hitzewellen. Ernteausfälle, Trinkwasserknappheit und neue Fluchtbewegungen.

Mehrheit will stärkeren Klimaschutz

Dabei wären große Teile der Bevölkerung für mehr Klimaschutz, nicht nur auf der individuellen Ebene, sondern auch als politische Maßnahme: Zum Beispiel beim Ausbau der Windkraft in der Nähe von Wohngebieten und beim Tempolimit gäbe es laut neuesten Umfragen sogar eine Mehrheit. Der Haken: Diese Mehrheit scheint nicht zu wissen, dass sie in der Mehrheit ist. Und die Bundesregierung weiß anscheinend nicht einmal, dass sie existiert.

Es ist also höchste Zeit, den Stempel "unbeliebt" beim Thema Klimaschutz beiseite zu legen. Unbeliebt ist nicht der Klimaschutz, sondern eine Bundesregierung, die sich, wie zuletzt beim Heizungsgesetz, in Klientel- und Identitätspolitik verrennt.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Stattdessen sollten die politisch Verantwortlichen endlich Ernst machen mit echtem Klimaschutz: Die vielen aktuellen Katastrophen – die Waldbrände, die Überflutungen, die gebrochenen Hitzerekorde – bieten zynischerweise eine günstige Gelegenheit für die Regierung, um endlich wirksame politische Maßnahmen umzusetzen. Viele Menschen werden sich wohl diesen Sommer klarmachen, was uns in der kommenden Klimakatastrophe blüht.

Die Ampel hätte daher nun die historische Chance, die Menschen beim Klimaschutz mitzunehmen, wie oft gefordert wird. Die Bundesregierung muss sie ergreifen, denn die Zeit drängt. Je länger wir warten, desto heißer, desto lebensfeindlicher wird der Planet. Und daran, dass es noch viel schlimmer wird, kann niemandem gelegen sein.

Verwendete Quellen
  • ariadneprojekt.de: Soziales Nachhaltigkeitsbarometer 2023
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