Auftritt von Pechstein So stärkt sie die AfD
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Claudia Pechstein hat ein gutes Anliegen: Sie will die Sorgen der Bürger ernst nehmen. Doch mit ihrer Rhetorik schießt sie über das Ziel hinaus.
Claudia Pechstein ist eine Frau, die gern mit besonderer Wucht auftritt. Immer soll es noch eine Umdrehung mehr sein, andere will sie neben sich verblassen lassen. Dafür nimmt sie ein wenig Krawall gern in Kauf. Das war schon 2016 so. Damals war sie bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung zunächst unterlegen und behauptete daraufhin: Jeder Flüchtling, der in Deutschland einreise, genieße mehr Rechtsschutz als Sportler. Ein wenig Krawall nimmt sie gern in Kauf. Hauptsache, die Lautstärke stimmt.
So war es dann auch am Wochenende. Die mehrfache Olympiasiegerin im Eisschnelllauf sprach bei einer CDU-Veranstaltung und sollte eine Art Impuls für die Erneuerung der Partei setzen. Pechstein redete die meiste Zeit über die Bedeutung der Sportförderung, schweifte dann aber ab zur Familien- und Asylpolitik.
Sie hatte dabei ein Anliegen, das grundsätzlich gut ist: Politiker reden in Wahlkämpfen gern etwas wolkig davon, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen. Genau das wollte offenbar auch Pechstein – dabei jedoch konkreter werden. Angesichts des Höhenflugs der AfD in den Umfragen zeigt sich, dass sich viele Menschen von der Politik kaum noch abgeholt fühlen.
Das stereotype Draufhauen hilft nicht weiter
Doch die ehemalige Olympiasiegerin sprach mit einem seltsamen populistischen Sound, der die AfD nicht kleiner, sondern eher größer macht. Sie nutzte eine Rhetorik, die nicht hinnehmbar ist.
Denn sie wetterte gegen Gendersternchen und darüber, dass man das Wort "Zigeunerschnitzel" nicht mehr benutzen dürfe. Die Sicherheit des Landes wäre höher, wenn abgelehnte Asylbewerber abgeschoben würden. Die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen zu können, "ohne ängstliche Blicke nach links und rechts werfen zu müssen, gehört zu den Alltagsproblemen, die viele, besonders ältere Menschen, besonders Frauen, belasten", sagte Pechstein. Und sie lobte das traditionelle Familienbild, verteidigte, dass man ja wohl noch einen "deutschen Liederabend" veranstalten dürfe.
Selbstverständlich kann man eine Debatte darüber führen, wo gegendert werden sollte und wo nicht. Wie die deutsche Migrationspolitik aussehen soll. Und darüber, dass viele Frauen Angst haben, wenn sie einer Horde testosterongesteuerter junger Männer begegnen. Allerdings dürfte das unabhängig davon sein, woher diese Männer stammen.
Das stereotype verbale Draufhauen führt in so einer Debatte nicht weiter. Die Tonlage bei Pechstein war daneben. Gerade weil die Welt zunehmend komplizierter wird, werden einfache Lösungen nicht helfen – und populistische Parolen erst recht nicht.
Thomas de Maizière, der ehemalige Innenminister, sagte nun im ZDF: "Je mehr Themen wir diskutieren, desto besser für die demokratische Mitte." Doch in der Schärfe der Wortwahl müsse es "Grenzen geben". Besser kann man es nicht zusammenfassen.
- Eigene Meinung