Haushaltsstreit in der Regierung Lindner verschickt offenbar Sparvorgaben an alle Ministerien
Bundesfinanzminister Lindner hat die Ministerien der Bundesregierung offenbar auf Sparkurs gesetzt, um das Finanzloch im Haushaltsplan zu schrumpfen. Dazu nennt er konkrete Maßnahmen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erhöht im Haushaltsstreit den Druck: Alle Ressorts der Bundesministerien sollen von Lindners Bundesfinanzministerium Briefe mit Sparmaßnahmen erhalten haben, berichtet das "Handelsblatt". Demnach sollen darin für das jeweilige Ressort konkrete Vorgaben aufgelistet sein, die vorschreiben, wie hoch ihre Ausgaben im kommenden Jahr maximal sein dürfen. Mit Ausnahme des Bundesverteidigungsministeriums müssten so alle Ministerien Einsparungen vornehmen. Aus Regierungskreisen heißt es, dass Lindners Spar-Briefe mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abgesprochen seien, schreibt das "Handelsblatt".
Durch das Vorgehen solle ein hoher einstelliger Milliardenbetrag eingespart werden. Die geforderten Einsparungen fielen je nach Ressort aber unterschiedlich hoch aus. So sollen vor allem unternehmerische Kosten, wie etwa Förderprogramme, gekürzt werden. Investitionen oder Sozialausgaben, für die Rechtsansprüche bestehen, seien vorerst ausgenommen. Etwa bei den Sozialausgaben seien Leistungskürzungen aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sollten die Ministerien nicht ausreichende Einsparungen vornehmen, hieß es.
Durch die Einsparvorgaben würde die Finanzlücke im Haushalt 2024 allerdings noch nicht einmal zur Hälfte geschlossen werden, schrieb das "Handelsblatt" weiter. Zuletzt hatte das Finanzministerium den Fehlbetrag auf etwa 20 Milliarden Euro beziffert. In den Briefen wurden die Ressorts daher nicht nur zu Einsparungen angehalten sondern teilweise auch dazu aufgefordert, konkrete Vorschläge für ein geplantes Haushaltsbegleitgesetz vorzulegen. Ein solches Gesetz würde es Lindner erlauben, gesetzlich geregelte Ausgaben für Soziales, aber auch für Subventionen, zu kürzen.
Lindner warnt davor, an der "Steuerschraube" zu drehen
Der Etat für nächstes Jahr sorgt in der Koalition seit Monaten für Unruhe. Mehrere Ministerien meldeten teils hohen Mehrbedarf an, Lindner aber will die Schuldenbremse einhalten. Diese sei ein Gebot der Verfassung und auch der "ökonomischen Vernunft", betonte Lindner am Donnerstag beim Deutschen Sparkassentag in Hannover. Steuererhöhungen schließt er indes weiterhin aus.
Es gebe viele wünschenswerte Vorhaben, so Lindner. Es gelte aber auch: "Wir müssen mit dem auskommen, was wir haben." Die Lösung sei einfach: "Nicht immer neue Schulden, nicht immer weiteres Drehen an der Steuerschraube", sagte Lindner. "Der Staat muss einfach lernen, wieder mit dem Geld auszukommen, das die Bürgerinnen und Bürger ihm zur Verfügung stellen."
Mit dieser Einstellung will Lindner der Europäischen Zentralbank den Rücken stärken: Regierungen dürften in Zeiten hoher Inflation nicht mit schuldenfinanzierten Ausgabenprogrammen die geldpolitischen Schritte der EZB konterkarieren, sagte er. Zwar gebe es Stimmen, die für einen flexibleren Stabilitäts- und Wachstumspakt seien. "Wir brauchen aber einen verbindlichen Pfad, Schuldenquoten abzubauen", betonte Lindner. Die Aufgabe der Politik sei es daher, "zwischen dem zu unterscheiden, was notwendig und dringend einerseits ist, und was wünschenswert andererseits ist, was aber noch eine Zeit braucht, bis wir es finanzieren können."
Wie weit der Konflikt in der Ampelregierung reicht, zeigt ein Blick in die vergangenen Wochen: So hatte Lindner bereits darauf verzichtet, wie üblich im März Eckpunkte für den neuen Haushalt sowie die mittelfristige Bundesfinanzplanung vorzulegen. Auch ein weiterer Termin wurde beerdigt: Der Kabinettsbeschluss des Haushaltsentwurfs erfolgt nicht wie geplant am 21. Juni. Wann er nun stattdessen erfolgen soll, ist nicht geplant. Ein neuer Termin steht noch aus.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP