"Trauzeugenaffäre" So rechtfertigte sich Habeck hinter verschlossenen Türen
In einem Ausschuss stand Habeck in der vergangenen Woche Rede und Antwort. Nun wird öffentlich, was der Wirtschaftsminister dort gesagt hat.
In der sogenannten Trauzeugenaffäre steht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seit Tagen in der Kritik. Der Hintergrund: Sein Staatssekretär Patrick Graichen war an der Auswahl eines neuen Geschäftsführers für die bundeseigene Deutsche Energie-Agentur beteiligt – die Wahl fiel am Ende auf dessen Trauzeugen Michael Schäfer. Sowohl Graichen als auch Habeck sprechen mittlerweile von einem "Fehler". Das Verfahren zur Personalauswahl soll neu aufgerollt werden.
Trotzdem sind noch viele Fragen offen. Vergangene Woche Mittwoch standen Habeck und Graichen den Mitgliedern der Ausschüsse für Wirtschaft sowie Klimaschutz und Energie hinter verschlossenen Türen Rede und Antwort – eine öffentliche Befragung bekam keine Mehrheit.
Nun hat allerdings die Bundestagsverwaltung das Protokoll der Sitzung veröffentlicht. Lesen Sie hier die wichtigsten Aussagen aus Habecks Eingangsstatement:
- Zu Beginn seines Beitrags stellt er sich vor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Hauses: "Die Menschen, die im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium arbeiten, teilweise schon sehr lange dort arbeiten, die einen Beamteneid geschworen haben, sie leisteten und leisten Herausragendes", sagt Habeck dem Protokoll zufolge. Er verwehre sich gegen pauschale Verdächtigungen und Unterstellungen gegen sie. Der Wirtschaftsminister beklagt in dem Zusammenhang eine "Häme, die weit über das übliche Maß hinausgeht", mit welcher in der vergangenen Zeit über sein Ministerium gesprochen worden sei. Dabei habe es auch zahlreiche Unterstellungen und Unwahrheiten gegeben – in dem Zusammenhang greift er die Opposition an.
- Inhaltlich gehe vieles durcheinander, Habeck unterscheidet vier Komplexe – lediglich in einem davon seien tatsächlich Fehler passiert. Das Gebäudeenergiegesetz, "das zu vielen Debatten führt", gehört für den Wirtschaftsminister nicht dazu. Die Debatten um das Gesetz seien nötig, doch sollte man diese "nicht über Angriffe auf die Person führen, sondern in der Sache", sagt der Wirtschaftsminister in der Sitzung. Aus seiner Sicht werde das Gesetz gebraucht, um Deutschland klimaneutral zu machen und Verbraucherinnen und Verbraucher vor hohen Preisen zu schützen. Hier lesen Sie mehr zu den Plänen der Regierung. Aufgrund des großen Widerstands signalisieren allerdings sogar die Grünen inzwischen die Bereitschaft, das Startdatum des Gasheizungsverbots etwas nach hinten zu rücken.
- Als zweiten Punkt nennt er Stellenbesetzungen in seinem Ministerium zu Beginn der Legislaturperiode. "Ja, es wurden in meinem Ministerium, um die Funktionsfähigkeit der Koalition über die Vizekanzlerschaft zu gewähren, neue Stellen geschaffen", sagt Habeck. Alle diese Stellen seien an "die Aufgabe der Vizekanzlerschaft gebunden". Habeck ist nicht nur Wirtschaftsminister, sondern auch Vizekanzler. Er fügt hinzu: "Sollte die [Vizekanzlerschaft, Anmerkung der Redaktion] wegfallen, fallen die Stellen auch weg." Im Zuge der öffentlichen Diskussion der Trauzeugenaffäre wurde auch Habecks Stellenbesetzung insgesamt thematisiert.
- Daraufhin kommt Habeck auf das Verwandtschaftsverhältnis zweier seiner Staatssekretäre, Patrick Graichen und Michael Kellner, zu sprechen. "Hier ist von beiden selbständig, gleich zu Beginn der Legislaturperiode, Transparenz hergestellt worden", so der Minister. Graichens Schwester Verena ist verheiratet mit Kellner. Sie arbeitet beim Öko-Institut, einer Forschungseinrichtung, die Aufträge vom Bund bekommt. Hier seien allerdings "unmittelbar Brandmauern eingezogen und die Strukturen entsprechend aufgestellt" worden, so Habeck. Sein Ministerium betonte bereits in der Vergangenheit, dass Kellner und Graichen nicht an Ausschreibungen beteiligt gewesen seien, auf die sich das Öko-Institut hätte bewerben können.
- Zum Schluss kommt Habeck zum vierten Punkt, der eigentlichen Trauzeugenaffäre: die Neubesetzung der Geschäftsführung der Energie-Agentur mit Graichens Trauzeugen Schäfer. "Ja, hier ist ein Fehler passiert, der nicht hätte passieren dürfen", sagt Habeck. Man habe diesen eingestanden und Konsequenzen gezogen. Es sei richtig und berechtigt zu fragen, ob dieser Fehler zur Entlassung seines Staatssekretärs führen müsse. "Und natürlich habe ich mir diese Frage gestellt und sicherlich Patrick Graichen ebenfalls sich selbst", sagt der Minister. Er fügt hinzu: "Ich habe sie verneint." Das begründet er damit, dass die Ausschreibung der Geschäftsführung wiederholt wird und dass die Sensibilität für mögliche Interessenkonflikte gestärkt worden sei.
Im Anschluss folgte in der Sitzung ein Statement von Staatssekretär Graichen, welches in dem Wortprotokoll ebenfalls nachgelesen werden kann. Danach konnten die Ausschussmitglieder Fragen stellen. Das ganze Protokoll der Sitzung lesen Sie hier.
- bundestag.de: "Wortprotokoll Gemeinsame Sitzung des Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Klimaschutz und Energie"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa