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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Reaktionen auf Lambrecht-Nachfolge "Eine Verlegenheitslösung"
Der Landespolitiker Boris Pistorius soll Christine Lambrecht im Verteidigungsministerium nachfolgen. Es gibt bereits erste Reaktionen darauf aus der FDP – die auch eine Warnung enthalten.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), warnt den möglichen neuen Nachfolger von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, Boris Pistorius.
Strack-Zimmermann sagte t-online: "Boris Pistorius ist eine überraschende Wahl. Eine Schonfrist bekommt er angesichts der dramatischen internationalen Lage und dem Zustand der Bundeswehr nicht. Wir werden mit ihm konstruktiv zusammenarbeiten und ihn unterstützen, sofern er am Kabinettstisch ausschließlich die Interessen der Soldatinnen und Soldaten vertritt und dem Ministerium gegenüber durchsetzungsstark ist."
Sie appelliert an den SPD-Politiker, einen anderen Umgang mit dem Bundestag zu pflegen als seine Vorgängerin: "Gegenüber den Parlamentariern erwarten wir eine offenere Kommunikation."
"Der Bundeskanzler hat eine gute Entscheidung getroffen"
Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Dürr, äußert sich bei t-online positiv: "Ich kenne Boris Pistorius aus meiner Zeit im niedersächsischen Landtag und habe ihn als Innenminister dort stets geschätzt. Der Bundeskanzler hat eine gute Entscheidung getroffen. Herr Pistorius hat langjährige Erfahrung mit der Struktur unserer Sicherheitsbehörden, zudem war er selbst bei der Bundeswehr. Ich bin davon überzeugt, dass er der richtige Mann für das Amt des Verteidigungsministers ist und die Zeitenwende mit Leben füllen kann."
Der verteidigungspolitische Sprecher der Liberalen, Alexander Müller, erklärte: "Die Zeitenwende erfordert Reformen, um die Bundeswehr wieder zur Landes- und Bündnisverteidigung zu befähigen. Dafür wünsche ich ein gutes Händchen und Durchsetzungsvermögen." Der Leiter der Arbeitsgruppe Verteidigung der FDP, Marcus Faber, sagte zudem: "Vor ihm liegen große Aufgaben von der Bundeswehr bis zur Ukraine."
Aus der Union kommt dagegen scharfe Kritik. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Johann Wadephul, sagte t-online, der Kanzler habe "offensichtlich niemanden aus der ersten Berliner Reihe" gefunden. Wadepuhl nennt einen Landesminister eine "Verlegenheitslösung." Er kenne aber Pistorius als "verlässlichen Partner", dem er eine "konstruktive Zusammenarbeit" anbiete.
Kühnert: Ein "beherzter Anpacker und Problemlöser"
Aus der SPD gab es viel Zustimmung, auch von Pistorius' früheren Innenminister-Kollegen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert lobte den Parteifreund und neuen Verteidigungsminister als jemanden, der anpackt und Probleme löst. "Boris Pistorius beherrscht das Feld der Sicherheitspolitik aufgrund seiner umfassenden Erfahrung gleichermaßen technisch wie auch menschlich", sagte Kühnert t-online. "Er wird die Bundeswehr mit Herz und Hand führen."
"Die Menschen im Land können sich ebenso wie die Truppe auf Boris Pistorius verlassen", sagte Kühnert. "In zehn Jahren als Innenminister hat er sich als beherzter Anpacker und Problemlöser einen Namen gemacht." Er sei sich sicher, dass Pistorius mit dieser Art schnell das Vertrauen der Truppe gewinnen werde. "Wir sind überzeugt, uns in diesen herausfordernden Zeiten für den richtigen Minister entschieden zu haben."
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte t-online: "Boris Pistorius ist hervorragend für dieses Amt geeignet. Er ist durchsetzungsstark und entscheidungsfreudig. Er kann sich schnell in komplexe Themen einarbeiten und agiert in Verhandlungen sehr geschickt." Er schätze ihn als Kollegen, "sowohl fachlich als auch menschlich", sagte Maier. Als früherer Innenminister von Niedersachsen verfüge Pistorius "über Erfahrungen im Bereich Beschaffung, Ausrüstung und Krisenbewältigung".
Der langjährige Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) schloss sich dem Lob an. "Boris Pistorius hat ganz klar das notwendige Format für diesen Posten", sagte er t-online. "Er hat langjährige Verwaltungserfahrung, kennt sich mit der Führung von großen Personaleinheiten aus und hat als Sprecher der SPD-Länder bei der Innenministerkonferenz immer klare Worte gefunden."
"Das Problem ist das Verpulvern von Geld", heißt es bei der Linken
Die Linken-Chefin Janine Wissler sagte t-online, mit der Entscheidung verabschiede sich Scholz von der Parität im Kabinett. Sie setzte hinzu: "Entscheidend ist nicht der Austausch von Personal, sondern die politische Ausrichtung. Das Problem im Verteidigungsministerium sind keine Silvester-Videos, sondern das Verpulvern von Geldern an die Rüstungsindustrie, ein desolates Beschaffungswesen und die immer weitere Aufrüstung."
AfD-Chefin Alice Weidel sagte, die Entscheidung wirke "wie ein Akt der Verzweiflung von Bundeskanzler Olaf Scholz." Die AfD-Fraktion erwarte keine Verbesserung für die "desolate Lage" der Bundeswehr. Weidel sagte weiter: "Für die Truppe und unser Land sind das leider keine guten Aussichten."
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