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Gas-Deal: Katars kleine Rache


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Umstrittener Gas-Deal
Katars Rache


Aktualisiert am 29.11.2022Lesedauer: 4 Min.
Aus Katar kommt nun doch Flüssiggas: Das Emirat gab den gefundenen Kompromiss bekannt. (Quelle: Glomex)
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Deutschland bekommt bald Gas aus Katar. Ausgerechnet. Der Deal hat eine Vorgeschichte, die nicht nur für Robert Habeck unangenehm ist.

Manchmal reicht es ja, den Mächtigen genau zuzuhören. So wie am Dienstag in Katar, als es ausnahmsweise mal nicht um Fußball geht – sondern um Gas. "Das ist eine konkrete Demonstration der Entschlossenheit Qatar Energys, allen großen Märkten in der Welt sichere Energie zur Verfügung zu stellen", sagt Saad Scharida al-Kaabi. "Und unseres Engagements für das deutsche Volk."

Wie bitte?

Saad Scharida al-Kaabi hat da gerade einen Vertrag unterschrieben, bald Flüssiggas nach Deutschland zu liefern. Al-Kaabi ist Geschäftsführer von Qatar Energy, das Erdöl und Erdgas in Katar fördert.

Aber er ist mehr als das: Er ist ein mächtiger Mann. Al-Kaabi ist zugleich Katars Energieminister und auch politisch zuständig für den wichtigsten Wirtschaftszweig des Emirats. Und damit ist er verantwortlich für den Teil der Beziehungen zu Deutschland, bei dem Katar gerade etwas zu gewinnen hat.

Es ist nicht mal eine Woche her, da wollte Deutschland mal wieder was von Katar: Menschenrechte, LGBTQI-Rechte, alles unangenehme Themen für die Mächtigen. Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser schmuggelte eine "One Love"-Armbinde ins Fußballstadion und setzte sich neben die Leute, die den Spielern verboten hatten, sie bei der WM in Katar zu tragen.

Knapp eine Woche später nutzt der katarische Energieminister die Chance, sein "Engagement für das deutsche Volk" zu betonen. Es braucht nicht viel Fantasie, um auch das als eindeutiges Zeichen zu interpretieren. Ein Zeichen, das die Mächtigen in Deutschland an etwas erinnern soll. Und ja, das ihnen wohl auch etwas wehtun soll: Ihr wollt etwas von uns, lautet die Botschaft. Mehr noch: Ihr braucht uns.

Es ist Katars kleine Rache.

Habecks Bückling

Besonders für Wirtschaftsminister Robert Habeck hat die Sache eine Vorgeschichte. Er erinnert am Dienstag selbst daran, als er auf der Industriekonferenz gefragt wird, wie der Deal zu bewerten sei. Habeck war im Frühjahr nach Katar geflogen, um genau das zu erreichen: Er wollte Deutschland Flüssiggas aus Katar sichern.

Ende März stand damals ein glücklicher Habeck vor der Palmenkulisse in Katar und sagte in die Kameras, es sei "großartigerweise" fest vereinbart worden, eine langfristige Energiepartnerschaft einzugehen. Nicht nur diese überschwängliche Formulierung brachte ihm damals Kritik ein. Es ging schließlich um Katar.

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Vor allem über ein Foto machten sich Habecks Kritiker lustig, das zur Situation einfach zu gut zu passen schien. Es zeigt Habeck just in dem Moment, als er sich bei der Begrüßung des katarischen Handelsministers ein paar Zentimeter zu tief nach vorne beugt.

"Habeck hat Rücken", schrieb Linken-Chef Martin Schirdewan damals zu dem Foto auf Twitter. "Oh, nein. Wait. Er macht doch tatsächlich einen Bückling vor seinen neuen Freunden aus Katar."

Der deutsche Bückling vor den Scheichs war fortan das Symbolbild der Reise.

Ein Dilemma größer als das andere

Dabei war Habeck das Dilemma bewusst, in das er sich und Deutschland damals brachte: Das sei eine Reise, sagte er in einem Video aus Doha für seine sozialen Netzwerke, die "irgendwie total merkwürdig ist". Deutschland, die Wirtschaftsmacht mit den hohen moralischen Ansprüchen, will Gas von der autoritären Monarchie, die es mit den Menschenrechten eben nicht so genau nimmt.

Nur gab und gibt es Habecks Einschätzung nach eben ein Dilemma, das noch größer und akuter ist: Die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas, für das so schnell wie möglich Ersatz hermusste. Ein Schlamassel, in das die Große Koalition Deutschland geführt hatte. Und das Habeck seit Kriegsbeginn lösen muss.

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Für Habeck ist die Nachricht über den Vertragsabschluss deshalb zwiespältig. Das moralische Dilemma ist mit der Fußball-WM und der kompromisslosen Linie des Emirats eher größer als kleiner geworden.

Zugleich kann Habeck durch den Deal argumentieren, dass seine Reise nach Katar und die fragwürdigen Bilder aus Doha nicht gänzlich umsonst gewesen sind. Denn auch das stand zwischenzeitlich im Raum, als Katar einige Wochen nach dem Besuch dementierte, dass es überhaupt ein Abkommen mit Deutschland gebe.

FDP nutzt Habecks Zwänge aus

In den Details des Vertrags zeigt sich zudem, dass Katar beim bislang größten Streitpunkt durchaus kompromissbereit ist (Lesen Sie hier mehr zu den Details des Deals). Die Abmachung mit dem US-Unternehmen Conoco Phillips soll ab 2026 für 15 Jahre gelten. Übrigens für den festen Flüssiggas-Terminal, der bis dahin in Brunsbüttel entstehen soll. Nicht für den schwimmenden Terminal, der schon bald Flüssiggas aufnehmen soll.

Mit 15 Jahren ist die Vertragslaufzeit kürzer, als Katar das idealerweise gerne gehabt hätte. Das Emirat hatte argumentiert, dass sich die Lieferung nach Deutschland nur mit sehr langfristigen Verträgen lohne. Von 25 und mehr Jahren war die Rede. Das ist jedoch für die Importunternehmen insofern schwierig, als Deutschland 2045 klimaneutral sein will. Und den Gasverbrauch schon wesentlich früher senken muss.

"15 Jahre sind super", sagt Habeck also am Dienstag bei der Industriekonferenz. Nur hilft ihm dieser Erfolg auch nicht aus dem grundsätzlichen Dilemma heraus. Einem Dilemma, das wie so oft mehr ist als nur ein moralisches. Denn die FDP nutzt Habecks Zwänge genussvoll realpolitisch aus.

"Der Gas-Deal mit Katar macht deutlich, wie abhängig wir uns von Staaten machen, die unsere Werte nicht teilen", sagt der energiepolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse, t-online. "Deshalb ist es wichtig, die deutsche Energiesouveränität zu stärken, indem wir eigene Gasförderung betreiben. Deutschland sollte auch die Schiefergasförderung an Land vorantreiben, um sich stärker unabhängig zu machen."

Schiefergas per Fracking in Deutschland zu fördern aber, das wollen die Grünen und Robert Habeck auf keinen Fall: Zu groß das Risiko, zu spät würde es wirklich helfen, wenn man jetzt damit anfinge, so die Argumentation.

Saad Scharida al-Kaabi, dem Energieminister Katars, können diese Diskussionen egal sein. Er dürfte sich einfach freuen, dass die Welt Katars Flüssiggas braucht. Selbst Deutschland.

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