Giffey spricht über Energiekrise Kretschmanns Waschlappen-Vorschlag sorgt bei Lanz für Lacher
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Berlins Regierende Bürgermeisterin spricht über Angstszenarien hinsichtlich der Energiekrise. Lockerer wird die Stimmung, als es um Waschlappen von Ministerpräsident Kretschmann geht.
Markus Lanz‘ Fotomontage, auf der mit dicken roten Buchstaben das Wort "Blackout" prangte, gefiel SPD-Politikerin Franziska Giffey nicht, wie sie dem Moderator am Donnerstagabend unmittelbar zu verstehen gab. Bilder wie diese schürten zu viel Angst in der Bevölkerung, so die Regierende Bürgermeisterin von Berlin.
Die Gäste
- Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin Berlins (SPD)
- Hajo Schumacher, Publizist
- Lamia Messari-Becker, Bauingenieurin
- Stephan Grünewald, Psychologe
Sie stellte klar: Mit Blick auf den Winter liefen in Berlin bereits die Vorbereitungen, um die Hauptstadt vor einem totalen Stromausfall zu schützen. Eine Schädigung der Anlagen zu vermeiden, sei dabei der "wichtigste Punkt", so Giffey.
Im Zweifelsfall könne es, um das zu gewährleisten, in Zukunft auch mal dazu kommen, dass nach Ankündigung in Berlin zwei bis drei Stunden auf Strom verzichtet werden müsste, räumte die SPD-Frau ein.
Nur weil es Pläne für den Notfall gebe, heiße das aber nicht, "dass morgen so ein Zustand eintritt", so Giffey. "Wir tun alles dafür, dass das nicht passiert!", sagte sie über den Worst Case – einen Blackout.
"Es ist ein Horrorszenario"
Die Professorin für Gebäudetechnologie Lamia Messari-Becker pflichtete Giffey in ihrer Einschätzung bei. "Es ist ein Horrorszenario", sagte sie über einen möglichen totalen Stromausfall. "Die Lösung: Es darf nicht passieren", so die Ingenieurin. "Kommunen müssen Evakuierungspläne in der Schublade haben."
Was in diesem Winter ohne Zweifel passieren wird, ist, dass Energierechnungen von Haushalten und Unternehmen deutlich höher ausfallen. Lanz wollte von Giffey wissen, ob sie dem "kleinen Bäcker", dessen Existenz bedroht sei, versprechen könne: "Dich retten wir."
"Ich kann das nicht garantieren Herr Lanz, das wissen sie auch", so die Bürgermeisterin. Der Grund: Die entscheidenden Beschlüsse würden auf Bundesebene getroffen. Um der Bevölkerung wieder mehr Sicherheit zu geben, müsse dort nun ein Energiespardeckel beschlossen werden, so Giffey.
Giffey: "Die Schuldenbremse muss ausgesetzt werden"
Der Bundeshaushalt allein werde den allerdings nicht finanzieren können, so die SPD-Frau. "Die Schuldenbremse muss ausgesetzt werden", sagte Giffey. "Wir haben eine Ausnahmesituation!"
Auf Lanz‘ Verweis darauf, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner da wohl nicht für sei, entgegnete Giffey nur knapp: "Wenn Herr Lindner meint, er kriegt das anders finanziert, bitteschön!"
Publizist Hajo Schumacher stellte die Vermutung auf, dass Lindner vor der Niedersachsenwahl am 9. Oktober die Schuldenbremse wohl sowieso nicht aussetzen werde. Schließlich würde das einige Kernwähler irritieren.
Ob dieser ideologische Faktor trotz der immensen Wichtigkeit der aktuellen Debatte tatsächlich eine Rolle spiele, wollte Lanz daraufhin Giffeys Einschätzung wissen. "Das spielt natürlich eine Rolle, das muss man ganz klar sagen", antwortete die SPD-Frau. Lanz überraschte so viel Offenheit: "Ich würde mich nicht trauen, das so zu sagen", entgegnete der Moderator.
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Lanz-Runde lacht über Kretschmanns Waschlappen-Vorschlag
Trotz aller Ernsthaftigkeit des Themas – lustig wurde es am Donnerstagabend auch im Studio. Und zwar so lustig, dass Lanz und seine Gäste ganz schön lachen mussten. Das Thema: Der Waschlappen-Vorschlag von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann aus dem August.
"Auch der Waschlappen ist eine brauchbare Erfindung", hatte der Grüne damals verlauten lassen, als es darum ging, Energie durch verkürzte Duschzeiten einzusparen. Psychologe Stephan Grünewald urteilte, dass eine solche Aussage von der Bevölkerung als Bevormundung aufgenommen werde.
Hinzu komme, dass der "kratzige Lappen" unangenehme Erinnerungen daran wecke, wie man als Kind von seiner Mutter gewaschen worden sei. Für besondere Heiterkeit sorgte Grünewald, als er ausholte: "Waschen ist ja nicht nur ein rationaler Akt der Reinigung, sondern Waschen ist etwas, was uns auch sinnliche Momente beschert." Durch das "Hand-Präservativ" werde das "mit sich selbst in Berührung kommen" jedoch "verstellt".
Natürlich sprach der Psychologe bei Lanz nicht nur über Waschlappen. An anderer Stelle offenbarte Grünewald, der mit seinem Institut die Psyche und Ängste der Menschen in Krisenzeiten erforscht, die Stimmung in der Gesellschaft im Hinblick auf die Energiekrise kippe derzeit rasant. Von Solidarität sei dabei immer weniger zu spüren. Stattdessen mache sich ein Einzelkämpfertum breit.
- zdf.de: "Markus Lanz" vom 22. September 2022