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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Pro und Kontra: Schröders Privilegien Der Skandal hat eine positive Folge
Altkanzler Gerhard Schröder klagt gegen den Entzug seiner Privilegien. Sollte ihm der Bundestag Büro und Mitarbeiter wieder zugestehen?
In einem einmaligen Vorgang will Altkanzler Gerhard Schröder gegen den Bundestag vor Gericht ziehen. Der Haushaltsausschuss hatte dem SPD-Politiker wegen seiner Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin zuletzt die Finanzierung seines Büros sowie mehrerer Mitarbeiter gestrichen. Sollte Schröder Recht bekommen?
Ja, ob es uns passt oder nicht
Das Pro von Peter Schink
Um es gleich vorweg zu sagen: Gerhard Schröders Haltung und Agieren gegenüber dem russischen Regime sind indiskutabel. Es ist eines Altkanzlers unwürdig und wirft kein gutes Licht auf seine Person in Gänze.
Darum geht es aber nicht. Ob es uns passt oder nicht, der Mann ist kein verurteilter Straftäter, sondern ehemaliger Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Als solcher genießt er Privilegien (über die zu Recht von Zeit zu Zeit diskutiert wird). Um ihm diese zu entziehen, braucht es veritable Gründe.
Nun hat der Haushaltsausschuss des Bundestages argumentiert, der Bundeskanzler nehme keine "fortwirkende Verpflichtung" aus dem Amt wahr. Die Begründung ist mehr als wacklig, weil gar nicht klar ist, was ein Altbundeskanzler denn eigentlich für Verpflichtungen wahrnehmen muss. Klar ist nur, zu privaten oder privatwirtschaftlichen Zwecken darf kein Altkanzler die Ausstattung nutzen. Das hatte der Haushaltsausschuss aber bei Schröder gar nicht infrage gestellt.
So einfach geht das nicht. Wir leben in einem Rechtsstaat.
Schröder muss allerdings noch ein anderes Problem lösen: Er wird erst mal Mitarbeiter finden müssen, die für ihn arbeiten wollen. Vielleicht findet er die ja im Kreise von Linken oder AfD, dort ist Schröder mit seiner Position gegenüber Putin schon eher zu Hause. Deren Fraktionäre hatten sich auch im Haushaltsausschuss enthalten.
Nein, so hat der Schröder-Skandal wenigstens eine positive Folge
Das Kontra von Luis Reiß
Lassen wir den Unfug, den Gerhard Schröder zu Russlands Angriffskrieg verbreitet, zunächst beiseite. Warum bekommen Altkanzler überhaupt ein Büro und Mitarbeiter bezahlt? Zur Abwicklung früherer Aufgaben für einen begrenzten Zeitraum – so wurde es 1967 von Bundeskabinett und Haushaltsausschuss festgelegt. Seitdem hat sich die Versorgung der Altkanzler immer weiter verselbstständigt, zwischenzeitlich lagen allein die Personalkosten bei mehr als einer Million Euro.
Der Bundesrechnungshof hat zuletzt 2018 daran erinnert, dass ein Automatismus für die "lebenslange Vollausstattung" von ehemaligen Kanzlern niemals vorgesehen war. In seinem Bericht kritisierte er auch, dass mehrere Altkanzler ihre Büros für neue Jobs in der Wirtschaft oder Lobbyarbeit einsetzten. Nicht schwer vorzustellen, wer darunter gewesen sein könnte.
Eigentlich dürfen Büros und Mitarbeiter nur für Tätigkeiten im Dienste des Staates genutzt werden – ordnungsgemäß überprüft wurde das nach Ansicht des Rechnungshofs aber jahrzehntelang nicht.
Im Dienste des Staates? Von diesem Kurs hat sich Gerhard Schröder längst verabschiedet. Ganz im Gegenteil: Er verdient sein Geld seit Jahren als Lobbyist der russischen Energiekonzerne und schadet mit seinen Reisen zu Kriegstreiber Putin Deutschlands Ansehen in der Welt. Warum sollte ein Staat ihm noch mehr bezahlen als ohnehin schon? Schließlich erhält er weiter Pension, Fahr- und Sicherheitsdienst.
Dieser Maßstab muss natürlich auch für künftige Altkanzler gelten, die keine "lebenslange Vollausstattung" mehr bekommen sollten. Das wäre wenigstens eine positive Folge des Schröder-Skandals.
- Nachrichtenagentur dpa
- Veröffentlichung der Entscheidung auf bundestag.de
- Bericht des Bundesrechnungshofs