Interne Mail zeigt Das sollen die Grünen-Mitglieder zur Atomkraft sagen
Um die Atomkraft ist eine Debatte entbrannt, besonders die Grünen stehen im Fokus. Die Partei hat sich dazu offenbar auf eine Sprachregelung geeinigt.
Die Energiesituation ist angespannt – das befeuert in Deutschland eine Debatte über die Atomkraft. Sollen die drei Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus weiter betrieben werden oder nicht? Die Opposition äußert lautstark ihre Forderungen, erst am Mittwoch rief Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) die Bundesregierung dazu auf, sich schleunigst um die Beschaffung von Brennstäben zu kümmern, die für den Weiterbetrieb nötig seien. Das sagte er Zeitungen der Funke Mediengruppe. Besonders die Grünen stehen dabei unter Druck: Offenbar hat sich die Partei jetzt eine Strategie überlegt, wie genau sich ihre Vertreter öffentlich dazu äußern sollen.
Die Bundesgeschäftsstelle in Berlin soll eine Handreichung an die Mitglieder der Partei verschickt haben, berichtet "Welt". In dieser wird demnach eine einheitliche Sprachregelung empfohlen: "Grundsätzlich wichtig: Wir lassen uns hier nicht von Scheindebatten treiben. Wir haben in der Vergangenheit nach Fakten und Sachstand entschieden und tun das auch weiterhin", steht in der Mail, die der Zeitung vorliegt. Es wird geraten, auf Fragen "so unaufgeregt und knapp wie möglich zu antworten".
Inhaltlich wird ebenfalls eine Linie vorgeschlagen. So sollen die Grünen-Politiker auf den derzeit laufenden zweiten Stresstest verweisen. Die Formulierung in der Mail lautet: "Derzeit prüft das Wirtschaftsministerium in einem zweiten, weiterreichenden Stresstest die Versorgungssicherheit beim Strom. Stand jetzt ist diese gewährleistet. Sobald die Ergebnisse vorliegen, wird – wie auch zuvor – anhand der Sachlage über mögliche weitere Maßnahmen beraten. Eine Laufzeitverlängerung, sprich die Beschaffung neuer Brennstäbe, lehnen wir ab."
Es lohne sich bei Anfragen oder in Gesprächen immer, darauf zu verweisen, dass es mit Blick auf den Herbst und Winter um Wärme gehe. "Also auch um Diversifizierung und Energiesparen. Mir sagen selbst manche Journalisten, dass die Atomdebatte im Vergleich zum tatsächlichen Nutzen völlig unverhältnismäßig ist", heißt es in dem Schreiben.
"Ehrlich ist es nicht"
Außerdem wird in der internen Mail auf Aussagen von Parteichefin Ricarda Lang im Interview mit t-online verwiesen. Dort sagte sie: "Die Debatte wird bewusst viel größer gemacht, als sie es wert ist, um das Blamegame für den Herbst und Winter vorzubereiten. Dann wird es heißen: Ihr seid schuld, dass die Energie nicht reicht. Strategisch mag das klug sein. Ehrlich, verantwortungsvoll und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger ist es nicht." Das Interview lesen Sie hier.
Die Äußerungen von Grünen-Vertretern in den vergangenen Tagen legen nahe, dass die Politiker diese Linie beherzigen. Allerdings gibt es auch deutliche Abweichungen: Die Grünen in Niedersachsen etwa betonen, dass die Atomkraft hochgradig gefährlich und die Frage der Endlagerung noch überhaupt nicht gelöst sei. Das sagte die Grünen-Spitzenkandidatin bei der niedersächsischen Landtagswahl, Julia Willie Hamburg, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Die drei Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 müssen nach aktuell geltendem Recht spätestens am 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der damit verbundenen Gasknappheit will die Bundesregierung die Frage möglicher längerer Laufzeiten der Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus ergebnisoffen prüfen.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa
- welt.de: Interne Sprachregelung für die Partei – Wie die Grünen-Zentrale die Atomdebatte gewinnen will