Debatte um Atomkraft TÜV-Chef: Drei weitere AKW könnten schnell ans Netz
Deutschland diskutiert wegen der Gaskrise über eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten. Der TÜV-Chef wagt sich jetzt weiter vor.
Der Geschäftsführer des TÜV-Verbands, Joachim Bühler, hält eine rasche Wiederinbetriebnahme der drei Atomkraftwerke für möglich, die Ende vergangenen Jahres stillgelegt wurden. Es handelt sich um die Meiler Brokdorf (Schleswig-Holstein), Grohnde (Niedersachsen) und Gundremmingen C (Bayern).
Bühler sagte der "Bild"-Zeitung, eine Wiederinbetriebnahme wäre "keine Frage von Jahren, sondern eher von wenigen Monaten oder Wochen" – und vor allem eine des politischen Willens. "Die drei Kraftwerke befinden sich nach unserer Überzeugung in einem sicherheitstechnischen Zustand, der es möglich machen würde, sie wieder ans Netz zu nehmen." Die Kernkraftwerke zählten zu den sichersten und technisch besten, die es weltweit gebe.
CDU-Chef Friedrich Merz fordert die Bundesregierung indes auf, umgehend neue Brennstäbe für die drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland zu beschaffen. "Die Bundesregierung muss sich jetzt um neue Brennstäbe bemühen", sagte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Es könne nicht nur ein vorübergehender Streckbetrieb mit alten Brennstäben aufrechterhalten werden. "Wir müssen einen Weiterbetrieb so lange ermöglichen, bis die Gefahr eines Engpasses beseitigt ist." Die Zeit zur Bestellung neuer Brennstäbe laufe davon. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) müsse jetzt handeln, um eine Stromknappheit im Winter zu vermeiden.
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Scholz will Stresstest abwarten
Die drei letzten deutschen Meiler müssen eigentlich bis 31. Dezember abgeschaltet werden. Beim Streckbetrieb würden die Kernkraftwerke zunächst gedrosselt, damit sie dann mit den vorhandenen Brennstäben auch über den Jahreswechsel hinaus betrieben werden können. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will vor Entscheidungen zunächst die Ergebnisse eines zweiten Stresstests zur Sicherheit der Stromversorgung abwarten, wie eine Regierungssprecherin am Montag mitteilte. Sie sollen in den nächsten Wochen vorliegen.
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Grünen-Chefin Ricarda Lang bekräftigte im "Tagesspiegel" (Mittwoch): "Eine Laufzeitverlängerung wird es mit uns nicht geben." Einen Streckbetrieb schloss sie hingegen nicht aus. "Wir machen jetzt noch mal den Stresstest beim Strom. Natürlich schauen wir uns die Ergebnisse an, aber Stand jetzt spricht nichts dafür", sagte Lang.
Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse hatte eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke bis in das Frühjahr 2024 ins Spiel gebracht. Er fordert einen Gipfel im Kanzleramt. "Wie maximale Sicherheit gewährleistet werden kann und ob in Einzelfällen dafür auch kurzfristig neue Brennelemente benötigt werden, sollte die Bundesregierung in einem Kernenergiegipfel mit den Betreibern und Branchenverbänden klären", sagte Kruse dem "Tagesspiegel".
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Die Grüne Jugend bezeichnete die Diskussion über eine Laufzeitverlängerung als "gefährliche Scheindebatte". Sie helfe in der aktuellen Situation nicht, sagte Bundessprecher Timon Dzienus der dpa. Das Wirtschaftsministerium prüfe in einem zweiten, weiterreichenden Stresstest die Versorgungssicherheit beim Strom. "Stand jetzt ist diese gewährleistet. Diese Prüfung gilt es erst einmal abzuwarten. Grundsätzlich gilt aber: Eine Laufzeitverlängerung ist mit uns nicht zu machen", so Dzienus. "Der Streckbetrieb ist nicht das Allheilmittel, als das es einige gerade darstellen: Er schafft nicht mehr Strom, sondern stellt nur dieselbe Menge Strom über einen längeren Zeitraum bereit."
Die Grünen-Landeschefs in Nordrhein-Westfalen, Yazgülü Zeybek und Tim Achtermeyer, sagten allerdings der "Bild"-Zeitung: "Die Option, Atomkraftwerke mit einer begrenzten längeren Laufzeit am Netz zu halten, um so einen Teil des Gases aus der Verstromung zu entnehmen und einzusparen, ist noch nicht vom Tisch. Wir beantworten diese Option aber entlang sicherheitsrelevanter Faktoren und nicht von Sympathie."
- Nachrichtenagentur dpa