Nach G7-Treffen Baerbock: Putin führt Getreide-Krieg
"Es droht brutaler Hunger", warnt Außenministerin Baerbock. Sie wirft Russland vor, den Krieg ganz gezielt auf große Teile der Welt auszudehnen, indem es Getreideexporte blockiert. Viele weitere Menschen könnten sterben.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Kremlchef Wladimir Putin vorgeworfen, einen Getreide-Krieg oder auch "Korn-Krieg" zu führen. Die russische Regierung versuche bewusst, den Ukraine-Krieg in der Welt, insbesondere in Afrika auszuweiten, sagte Baerbock zum Abschluss des Treffens der G7-Außenminister in Schleswig-Holstein.
Dass Russland die Häfen in der Ukraine blockiere und deshalb kein Getreide exportiert werden könne, sei kein Kollateralschaden des Krieges. "Wir dürfen nicht naiv sein", so die Außenministerin. "Es droht brutaler Hunger." Der Ukraine-Krieg habe sich längst zu einer globalen Krise ausgedehnt. In Afrika und dem Nahen Osten seien bis zu 50 Millionen Menschen mit Hunger bedroht. Viele könnten in den nächsten Monaten sterben, so Baerbock. Russland verfolge zudem das Ziel, den internationalen Zusammenhalt zu schwächen.
Baerbock wirft Russland Verbreitung von Falschnachrichten vor
Baerbock warf Russland eine bewusste Strategie vor, die von einer massiven Verbreitung von Falschinformationen begleitet werde. Mit "absurden Behauptungen" werde versucht, "Täter und Opfer umzukehren". Die Außenministerin betonte, dass es von westlicher Seite keine Sanktionen gegen Getreidelieferung gebe. Russland halte die Lieferungen bewusst zurück, auch wenn es in seiner Propaganda gegenteilige Informationen verbreite. Wenn Russland wollte, könnte es die Exporte sofort freigeben, so Baerbock.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Sie könne aber auch nachvollziehen, weshalb die russische Propaganda in einigen Staaten auf fruchtbaren Boden stoße. Die G7-Staaten hätten dort keinen Vertrauensvorschuss, sagte die Grünen-Politikerin.
Eine Lösung sei technisch und politisch sehr anspruchsvoll, sagte Baerbock. Dass Indien nun ein Ausfuhrverbot für Weizen verhängt habe, zeige "wie tief wir bereits in dieser Krise sind". Deswegen sei es so wichtig, dass die Weltgemeinschaft gemeinsam handele. Die G7 habe hier eine besondere Verantwortung und die besten Möglichkeiten, etwas zu erreichen. Die indische Regierung begründete ihren Schritt damit, Preissteigerungen im eigenen Land verhindern zu wollen. Indien ist weltweit der zweitgrößte Weizenproduzent.
Baerbock wirbt für Neuorientierung der Entwicklungspolitik
Sie warb zudem eine Neuorientierung für die Entwicklungspolitik der westlichen Staaten. Man dürfe nicht immer erst mit Nothilfe auf Krisen reagieren. Man müsse sich fragen lassen, ob die G7-Staaten alles dafür getan hätten, bei den Krisen der Welt zu helfen. Baerbock kündigte an, dass die G7-Staaten die Ukraine weiterhin mit Waffen und Hilfsleistungen unterstützen wollen. Die Ukraine verteidigte im Kampf gegen den russischen Angriff auch die europäischen Werte.
Embed
Die G7-Gruppe schrieb in ihrer Erklärung zum Abschluss des Gipfels, dass sie von Russland durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine angestrebte neue Grenzziehungen "niemals" akzeptieren werde. "Wir werden niemals Grenzen anerkennen, die Russland durch militärische Aggression zu verschieben versucht hat", hieß es in dem Schriftstück.
Die G7 werde ihre "Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine – einschließlich der Krim – und aller Staaten aufrechterhalten", so die Minister. Sie forderten Moskau zur Einstellung der Kämpfe auf. Scharfe Kritik übten die G7-Außenminister auch an der Rolle von Belarus im Ukraine-Krieg. Die Führung in Minsk müsse "aufhören, die russische Aggression zu ermöglichen, und ihre internationalen Verpflichtungen" einhalten.
Treffen der Nato-Außenminister in Berlin
Wenige Stunden nach dem Ende der G7-Beratungen an der Ostsee beginnt am späten Nachmittag in Berlin ein Treffen der Außenminister der Nato-Staaten. Im Mittelpunkt dürfte dabei der russische Krieg in der Ukraine sowie die Frage einer raschen Nato-Mitgliedschaft von Finnland und Schweden stehen.
Das Treffen der G7-Außenminister begann am Donnerstagabend, es ging vor allem um den Krieg in der Ukraine und die Folgen. Am Freitag stießen deswegen auch die Außenminister der Ukraine und Moldaus, Dmytro Kuleba und Nicu Popescu, zu den Beratungen dazu. Am Samstag ging es zudem um die Auswirkungen der Klimakrise auf die internationale Sicherheit, die Konflikte im Mittleren Osten und die Terrorgefahr in Nordafrika.
- Pressekonferenz von Außenministerin Baerbock am 14. Mai 2022
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP