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Corona-Plan | Ramelow kritisiert Scholz: "Als wenn ich eine Ohrfeige dazu kriege"


Neuer Corona-Plan
Ramelow kritisiert Scholz: "Als wenn ich noch eine Ohrfeige dazu kriege"

Von dpa
Aktualisiert am 18.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Bodo Ramelow begrüßt Olaf Scholz bei Ankunft im Bundesratsgebäude im Rahmen der 1016.Sitzung im Bundesrat in Berlin.Vergrößern des Bildes
Bodo Ramelow begrüßt Olaf Scholz bei Ankunft im Bundesratsgebäude im Rahmen der 1016.Sitzung im Bundesrat in Berlin. (Quelle: imago-images-bilder)

Der neue Corona-Plan steht – und stößt auf großen Widerstand. Die Länderchefs greifen besonders Kanzler Scholz und Gesundheitsminister Lauterbach an. Die Strategie sei "kaum erträglich".

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bescheinigt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) indirekt einen Wortbruch bei der Corona-Politik. Der Kanzler habe ausdrücklich zugesichert, eine Zusammenarbeit mit den Ländern beim neu gefassten Infektionsschutzgesetz sei selbstverständlich, sagte Ramelow am Freitag im Bundesrat. Dann aber habe es keine Beteiligung der Länder gegeben. Das Gesetz sei "ohne unser Fachwissen" geändert worden.

Dann hätten Vertreter der Regierung in Medien gesagt, die Länder könnten sich nun nicht mehr hinter dem Bund verstecken. "Das ist, als wenn ich noch eine Ohrfeige dazu kriege. Ich will mich hinter niemandem verstecken, ich will Pandemieabwehr betreiben", sagte Ramelow. Den Ländern würden die Möglichkeiten dazu weitgehend genommen. "Impfen, Testen, Abstandhalten, Maskentragen – das sind die Basics, mit denen wir arbeiten müssen."

"Das Verfahren ist unsäglich"

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kritisierte das Vorgehen der Ampelkoalition bei der Bestimmung des künftigen Coronakurses ebenso scharf. "Das Verfahren ist unsäglich und schlichtweg unwürdig", sagte Bouffier am Freitag im Bundesrat.

Bouffier sagte, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fürchte öffentlich Schlimmstes und lege gleichzeitig so ein Lockerungsgesetz vor. "Es untergräbt die Akzeptanz." Die Bundesregierung wolle bei Corona "für nichts" mehr Verantwortung übernehmen. "Juristisch ist das Murks", sagte Bouffier mit Blick auf die geplante Hotspotregelung. Wer sich das in Ruhe durchlese und anschließend erkläre, dies sei eine Lösung – "dem kann ich nicht mehr helfen". Laut Bouffier gibt es etwa keine klaren Kriterien für die Definition eines Hotspots. Bouffier sagte, "dass das Thema Hotpot der untaugliche Versuch ist, eine missglückte Regelung durch eine Klausel noch irgendwie zu retten".

Konkret störten sich viele Länder daran, dass der Bund beinahe in allen Bereichen des Alltags die Maskenpflicht abschaffen will. Die Hürden für die Einführung der sogenannten Hotspot-Regelung, mit der sie selber strengere Regeln erlassen können, halten sie in der Praxis für kaum umsetzbar.

"Kaum erträglich, welchen Unsinn wir uns da bieten lassen müssen"

Das Verfahren sei auch ein Tiefpunkt im Verhältnis von Bund und Ländern. Die Regierung und die Ampelparteien hätten die Gemeinsamkeit bei der Bekämpfung der Pandemie aufgekündigt. Es habe keine Abstimmung mit den Ländern gegeben, die Regierung habe dies nicht gewollt. Mit Blick auf von der Regierung kaum eingeräumte Zeit zur Prüfung der Pläne sagte Bouffier: "Es ist kaum erträglich, welchen Unsinn wir uns da bieten lassen müssen."

Der Ministerpräsident warnte vor einer weiteren faktischen Entmachtung der Länder und des Bundesrats. "Wer das auf Dauer mit sich machen lässt, diese gezielte Selbstverzwergung insbesondere auch dieses Verfassungorgans, muss sich nicht wundern, was bei anderen Sachverhalten so passiert", sagte er mit Blick auf Reformen auf anderen Feldern. "Ich gehöre diesem Haus jetzt 23 Jahre an, ein solches Verfahren habe ich noch nie erlebt."

Kretschmann: "Das ist schon abenteuerlich"

Kritik kam auch aus Baden-Württemberg: "Das Virus breitet sich aus wie ein Flächenbrand. Aber statt mit schwerem Gerät und Löschflugzeugen sollen wir das Feuer jetzt mit Wassereimern und Gartenschläuchen bekämpfen", hieß es in einer Erklärung, die Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Freitag im Bundesrat zu Protokoll geben ließ. Der Grüne verwies darauf, dass in Deutschland noch immer noch drei Millionen Menschen über 60 Jahren ohne Impfschutz seien. Er verstehe nicht, warum die Ampelregierung nun ein Gesetz vorlege, "das fast keine grundlegenden Schutzmaßnahmen mehr vorsieht".

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Kretschmann griff in seiner Erklärung vor allem Gesundheitsminister Lauterbach an. "Es ist schon abenteuerlich, wenn der Bundesgesundheitsminister zuerst ein Gesetz auf den Weg bringt, das keine ausreichenden Schutzmaßnahmen vorsieht, dann aber die Länder aufruft, die Übergangsregel zu nutzen." Lauterbach halte offensichtlich sein eigenes Gesetz für unzureichend.

"Es geht um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger"

Der Regierungschef erneuerte, wie auch Ramelow, seine Kritik, dass der Bund das Gesetz quasi ohne Einbindung der Länder erarbeitet habe – "obwohl uns eine intensive Einbindung zugesichert wurde". Kretschmann sieht darin ein Muster. "Der Bund sagt an, und die Länder müssen dafür geradestehen." In den vergangenen Jahren seien es meist Fragen der Finanzierung gewesen. "Hier und heute geht es um ein Gut, das mit Geld nicht aufzuwiegen ist, weil es unersetzlich ist. Es geht um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger."

Zuvor hatte der Bundestag ungeachtet hoher Infektionszahlen ein geändertes Infektionsschutzgesetz mit dem Wegfall der meisten bundesweiten Corona-Schutzregeln beschlossen. Die Länder können aber in eigener Verantwortung weitergehende Corona-Auflagen für jeweils auszurufende "Hotspots" beschließen – was sie wegen aus ihrer Sicht unbestimmter Formulierungen im Gesetz als unpraktikabel und rechtlich schwierig ansehen.

Auch der Bundesrat ließ das Gesetz am Freitagnachmittag passieren. Damit ist der Weg für die neue Regelung frei.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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