Virologe suspendiert Kekulé bezeichnet Uni-Rauswurf als "politisches Verfahren"
Alexander Kekulé darf vorerst nicht mehr an der Universität forschen, an der er eine Professur innehat. Gegen den Virologen läuft ein Disziplinarverfahren. Er selbst zeigt sich über die Maßnahme empört.
Der Virologe Alexander Kekulé darf nach eigenen Angaben vorerst nicht mehr an der Universität Halle forschen und lehren. Die Martin-Luther-Universität habe eine "vorläufige Dienstenthebung" gegen ihn ausgesprochen, sagte Kekulé, der dort eine Professur innehat, der Nachrichtenagentur dpa. Er habe bereits mit einem Anwalt gesprochen und werde rechtlich dagegen vorgehen. Zuvor hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" (MZ) berichtet. Die Universität war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
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Bekannt wurde der Schritt laut "MZ" am Dienstag in einem Brief, den der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Thomas Moesta, und der Dekan der Medizinischen Fakultät, Michael Gekle, an alle rund 50 Klinikdirektoren geschrieben haben. Darin soll zu lesen sein, dass die Entscheidung des Rektors "im Interesse einer bestmöglichen Krankenversorgung vollständig von uns unterstützt" werde. Zudem werde erläutert, wie die Interimsleitung des Instituts für Medizinische Mikrobiologie aussieht, dessen Leiter Kekulé seit rund 20 Jahren ist. Die Gründe, die zur vorläufigen Dienstenthebung Kekulés geführt haben, werden demnach in dem Brief nicht genannt.
Dem Bericht der "MZ" zufolge geht es in einem Disziplinarverfahren um die Unterrichtsverpflichtungen des Professors. Gegenstand einer Prüfung ist offenbar unter anderem die Frage, in welchem Umfang Kekulé Lehrangebote gemacht hat und ob diese auch alle so stattfanden. Das gelte auch für die Zeit während des Lockdowns, als der Unterricht virtuell erfolgte. Geprüft wird dem Bericht zufolge auch eine Vorlesungsveranstaltung im Sommersemester.
Kekulé sieht andere Motivation hinter Ausschluss
Kekulé dagegen sagte, es gehe um ein Praktikum im vergangenen Jahr, das er unter Verstoß gegen die Corona-Auflagen hätte stattfinden lassen sollen. Der Vorgang habe eine lange Vorgeschichte, so der Virologe. Er kämpfe schon seit Jahren für eine bessere Ausstattung seines mikrobiologischen Instituts. Nun versuche die Universität offenbar, ihn mit Vorwürfen loszuwerden. Beim Thema Lehrverpflichtungen gehe es lediglich um ein Formular, das er möglicherweise nicht richtig ausgefüllt habe.
Zu "Bild" soll Kekulé zudem am Dienstagabend gesagt haben: "Das ist ein politisches Verfahren." Die Vorwürfe der Universität seien "an den Haaren herbeigezogen", es sei "unmöglich, wie diese Universität mit ihren Professoren umgeht". "Im Januar wurde mir das molekularbiologische Labor weggenommen. Das Labor, das unter anderem die Corona-Tests durchführt und erhebliche Einnahmen für das Klinikum generiert. Seitdem läuft dazu ein Gerichtsverfahren", so der Virologe bei "Bild".
Eine vorläufige Dienstenthebung kann laut Beamtenrecht ab Einleitung eines Disziplinarverfahrens ausgesprochen werden. Damit ist es dem Beamten vorläufig untersagt, seine Dienstgeschäfte weiterzuführen. Laut Bundesinnenministerium ist die Maßnahme vor allem für solche Fälle vorgesehen, in denen damit zu rechnen ist, "dass im Disziplinarverfahren voraussichtlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen werden wird".
Kekulé hatte als einer der ersten Wissenschaftler in Deutschland vor den Gefahren des Coronavirus gewarnt. Er ist neben Christian Drosten und Hendrik Streeck einer der bekanntesten Virologen, die sich zu Corona-Fragen äußern. Er tritt regelmäßig in Talkshows auf und beantwortet im Radio mehrfach in der Woche Fragen zu Corona.
- Nachrichtenagenturen afp und dpa
- Mitteldeutsche Zeitung: "Uni Halle trennt sich von dem bekannten Virologen Kekulé"