Neue Fluchtbewegung nach Europa? Seehofer hält Afghanistan-Einsatz für gescheitert
Angesichts des Vormarsches der Taliban in Afghanistan rechnet Innenminister Seehofer damit, dass Menschen aus dem Land nach Europa fliehen werden. Der Einsatz der Bundeswehr in dem Land sei gescheitert.
Bundesinnenminister Horst Seehofer hält den Bundeswehreinsatz in Afghanistan für gescheitert und rechnet mit einer neuen Fluchtbewegung nach Europa. "Was im Moment in Afghanistan geschieht, ist ein Desaster", sagte der CSU-Politiker der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). "Das große Ziel war es, die Lebensbedingungen für die Menschen zu verbessern und Stabilität ins Land zu bringen. Heute muss man leider festhalten: Das ist gescheitert."
Die Motivation für den Einsatz der Bundeswehr sei jedoch berechtigt gewesen. Hinzu sei die Bündnistreue zu den USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gekommen. "Aber im Ergebnis ist der langfristige Einsatz nach 20 Jahren relativer Stabilität gescheitert." Ein militärisches Eingreifen halte er nun nicht mehr für möglich. "Jetzt schlägt die Stunde der Außenpolitik." Diese müsse auf europäischer Ebene abgestimmt werden.
Embed
Seehofer rechnet mit Flüchtlingsstrom Richtung Europa
Angesichts des Vormarschs der militant-islamistischen Taliban rechnet Seehofer damit, "dass sich Menschen in Bewegung setzen, auch in Richtung Europa". Dies sei keine Angstmache, sondern eine realistische Beschreibung der Situation. Dabei müsse man jedoch nicht nur Afghanistan im Blick haben, sondern auch andere Länder wie Belarus, Pakistan, Iran, die Türkei, Tunesien, Marokko und Libyen. "Wir stehen vor schwierigen Entwicklungen", sagte Seehofer.
Er rechne jedoch nicht damit, dass aufgrund seiner Entscheidung, bis auf Weiteres nicht mehr nach Afghanistan abzuschieben, mehr Migranten nach Deutschland kommen. Die Krisenherde, die er genannt habe, hätten vor allem mit der innenpolitischen Situation vor Ort zu tun und nicht mit der Frage, ob abgeschoben wird oder nicht. "Außerdem haben wir bislang ohnehin nur Straftäter und Gefährder nach Afghanistan abgeschoben."
- Nachrichtenagentur dpa