Ungenutzter Stoff Länder geben Zehntausende Impfdosen zurück
Das Tempo der Impfkampagne ist deutlich zurückgegangen. Nun wollen einige Bundesländer ungenutzte Impfdosen wieder an den Bund schicken. Ein Impfstoff ist besonders betroffen.
Mehrere Bundesländer planen offenbar ungenutzte Impfdosen gegen das Coronavirus abzugeben. Berlin will etwa bis zu 62.400 nicht genutzte Dosen an den Bund zurückgeben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus der Gesundheitsverwaltung. Demnach handelt es sich um den aktuellen Lagerbestand des Vakzins von Astrazeneca, der noch mehrere Monate haltbar ist.
Der Impfstoff wird schon seit längerem kaum noch angefragt. Ein Grund ist die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), zum besseren Schutz vor der ansteckenderen Virusvariante Delta allen mit Astrazeneca Erstgeimpften beim zweiten Piks einen mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer oder Moderna zu verabreichen.
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Spenden an andere Staaten vorgesehen
In einem der dpa vorliegenden Schreiben hat der Bund den Ländern nun die Möglichkeit eröffnet, "Impfstoffdosen, die in der nationalen Impfkampagne nicht mehr zum Einsatz kommen und deren Lagerhaltung eine Weitergabe an Drittstaaten im Rahmen von Spenden zulassen", an das zentrale Lager des Bundes zurückzugeben.
Die gelte zunächst nur für die Mittel von Astrazeneca und Johnson & Johnson und auch nur für solche Impfstoffe, die die zentralen Lager der Länder nicht verlassen haben, also nicht zwischenzeitlich an Impfzentren oder Arztpraxen geliefert wurden. "Nur so kann die pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der COVID-19-Impfstoffe unter Einhaltung der erforderlichen Lagerungs- und Transportbedingungen sichergestellt werden", heißt es in dem Schreiben.
Kein Impfstoff soll ungenutzt bleiben
Vor dem Hintergrund einer nachlassenden Impfnachfrage wird auch Hamburg rund 60.000 ungenutzte Impfdosen von Astrazeneca zurückgeben. Das sagte der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Martin Helfrich, der Deutschen Presse-Agentur: "Hamburg wird von dieser Möglichkeit Gebrauch machen".
Es gehe um einen Lagerbestand von rund 6.000 Fläschchen mit rund 60.000 Dosen des Impfstoffs von Astrazeneca, der noch mindestens drei Monate haltbar sein soll. Auch beim Vakzin von Johnson & Johnson gebe es einen Lagerbestand. "Hiervon haben wir gegenwärtig etwa 24.000 Dosen vorrätig." Das Mittel werde aber bei den mobilen Impfaktionen, etwa in Jobcentern, eingesetzt. "Ob und in welchem Umfang Dosen dieses Impfstoffes zurückgegeben werden, richtet sich nach der Inanspruchnahme dieser Angebote."
Der Lagerbestand an den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna sei dagegen verhältnismäßig niedrig. "Hier bestehen keine Überkapazitäten." Auch sei der Impfstoff noch mindestens zwei Monate haltbar. Da immer der zuerst gelieferte Impfstoff verbraucht worden sei, gebe es keine Bestände, die zu verfallen drohen. "Zu keinem Zeitpunkt musste Impfstoff vernichtet werden, weil er wegen ablaufender Haltbarkeit nicht genutzt werden konnte", betonte er.
Rückgabe weiterer Impfstoffe möglich
Auch Baden-Württemberg plant eine Rückgabe, allerdings in deutlich kleinerem Umfang. Wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums mitteilte, gehe es dabei um 4.000 Astrazeneca-Dosen. Bei ihnen sei das Verfallsdatum zum Ende des Monats Juli angegeben. Wie es aus dem Gesundheitsministerium dazu weiterhin hieß, steht das Land grundsätzlich in engem Austausch mit den Impfzentren des Landes, um zu vermeiden, dass der vorhandene Stoff verfällt.
Neben diesem Impfstoff könnten dem Ministeriumssprecher zufolge in den kommenden Monaten weitere Dosen an den Bund zurückgegeben werden, die womöglich von anderen Herstellern stammen. Konkrete Angaben konnte der Sprecher zunächst noch nicht machen. Entsprechende Prüfungen seien noch nicht abgeschlossen. Auch war den Angaben zufolge zunächst unklar, wie mit den Impfstoffen umgegangen werde, die ihr Verfallsdatum überschritten hätten.
Andere Länder prüfen noch
In Niedersachsen ist noch keine Entscheidung gefallen. Das Gesundheitsministerium in Hannover hält die Rückgabe von ungenutztem Impfstoff an den Bund für möglich. Es werde derzeit geprüft, ob und wie viele Dosen zurückgegeben werden könnten, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Dass es sich dabei vor allem um Dosen des Vakzins von Astrazeneca handle, liege nahe.
Das Bundesland Bremen machte keine Angaben zu einer möglichen Rückgabe. In den Impfzentren in Bremen und Bremerhaven lagere ein Vorrat von 24.000 Dosen Astrazeneca, der erst im Oktober verfalle, teilte das Gesundheitsressort mit. Weitere Lieferungen von Astrazeneca seien gestoppt worden. Alle gelieferten Impfdosen von Biontech/Pfizer, Moderna und Johnson & Johnson seien verplant.
Einige Länder wollen Bestände weiter verimpfen
Andere Länder wollen dagegen alle ihre Bestände weiter verimpfen. So ist eine mögliche Rückgabe ungenutzter Dosen an den Bund in Rheinland-Pfalz nach Angaben des Gesundheitsministeriums derzeit kein Thema. Die Versorgung der Impfzentren orientiere sich am Bedarf, sodass es bisher keine Bestände gebe, die zu verfallen drohten, teilte ein Sprecher mit.
"Derzeit erreichen wir voraussichtlich nahezu eine Vollverwertung des angelieferten Impfstoffs vor Ablaufdatum." Sollte dies künftig nicht mehr gewährleistet sein – dies beträfe voraussichtlich erst im Oktober Chargen von Astrazeneca – könnte sich Rheinland-Pfalz vorstellen, das Angebot des Bundes zur Rückgabe anzunehmen.
Auch Thüringen will nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums vorerst keine bislang ungenutzt gelagerten Corona-Impfstoffe an den Bund zurückgeben. Aktuell gebe es dazu keine Planungen, sagte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage. Noch bestehe keine Gefahr, dass der Impfstoff verfalle. Thüringen schließe eine Rückgabe aber nicht aus – "wenn sich abzeichnet, dass wertvolle Impfdosen verfallen".
- Nachrichtenagentur dpa