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Corona-Lockerungen: Die Häme über die Friseuröffnungen ist entlarvend


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Lockdown-Ausnahme
Die Häme über die Friseuröffnungen ist entlarvend

  • Sonja Eichert
MeinungVon Sonja Eichert

11.02.2021Lesedauer: 3 Min.
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Folgen des Lockdowns in Deutschland: Der Branchenverband HDE schlägt Alarm und legt offen, wie viele Milliarden an Umsatz dem Einzelhandel derzeit entgehen. (Quelle: reuters)
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Mittwochabend wurde verkündet: Friseure dürfen wieder öffnen. Seitdem sammeln sich Häme und Spott. Im Lockdown ist jedoch eine große Not entstanden, die dabei völlig übersehen wird.

Mittwochabend verkündeten Bund und Länder: Der Lockdown wird verlängert, Restaurants und Geschäfte bleiben zu. Eine große Ausnahme gibt es jedoch: Die Friseure können ab dem 1. März wieder öffnen. Das breite Echo: Häme und Spott. "Perfekt gestylt auf die Intensivstation" hieß es oder "Dauerlockdown dann immerhin mit frischer Dauerwelle". Diese Häme ist entlarvend, denn sie zeigt, wie begrenzt die Sichtweite der Spötter ist.

Bund und Länder begründen den Schritt im gestrigen Beschluss damit, dass Teile der Bevölkerung auf den Friseurbesuch angewiesen seien. Sie haben recht. Wer sich jetzt über die Friseuröffnungen lustig macht, hat wohl noch nie einen älteren oder gar dementen Menschen gepflegt. Es geht nicht um den frischen Haarschnitt oder neue Farbe. Es geht um die grundlegendste Hygiene: das Haarewaschen.

Herausforderung Haarwäsche

Einfach in der Dusche die Haare zu säubern, funktioniert für einige Menschen nicht mehr oder hat nie funktioniert. Wer aufgrund des Alters oder aus anderen Gründen körperlich schwer eingeschränkt ist, für den wird schon das Waschen, erst recht aber die Haarwäsche, zur Herausforderung, die selbstständig kaum zu bewältigen ist – insbesondere dann, wenn die räumlichen Gegebenheiten im Bad nicht optimal sind.

Ist dann auch noch eine Demenzerkrankung vorhanden, kommt die psychische Belastung dazu: Viele Betroffene entwickeln eine starke Abneigung gegen das Haarewaschen, sei es aufgrund des vermeintlich falschen Shampoos, des Wassers auf dem Kopf oder der Annahme, die Haare seien ja gestern erst gewaschen worden. Erkrankte wehren sich im schlimmsten Fall aggressiv gegen jegliche Versuche. So werden die Haare auch zur extremen Belastung für die Pflegenden, vor allem in der häuslichen Pflege durch Angehörige. Letztere stehen in der aktuellen Situation ohnehin vor einer Zerreißprobe.

Friseurbesuch als einzige Option

Hier kann der Friseur durch seine Ausstattung, Erfahrung und vielleicht sogar spezielle Schulungen große Entlastung schaffen. Viele Ältere kamen vor dem Lockdown wöchentlich in die Geschäfte – zum Waschen und Legen, nicht für die neue Dauerwelle. Auch für Demenzerkrankte ist der Friseurbesuch häufig eine Option, die die Haarwäsche angenehmer gestaltet oder überhaupt erst machbar werden lässt.

Dabei sichert der Friseur nicht nur die Hygiene auf dem Kopf, sondern auch die Kontrolle zum Beispiel auf Hauterkrankungen. Außerdem entsteht hier ein Sozialkontakt. Einsamkeit im Alter ist in Corona-Zeiten ein noch größeres Problem als ohnehin schon.

Alternative: ungewaschene Haare

Im Lockdown fiel all das weg – oft ohne (legale) Alternative. Folge: Die Haare auf den Köpfen wurden nicht nur länger, sondern blieben im Zweifel über längere Zeit ungewaschen. Eklig, ja – und deswegen wohl oft unerwähnt. Doch genau aus diesem Grund unterscheiden sich die Friseure von anderen Bereichen der Körperpflege, wie Kosmetik- oder Tattoostudios. Auf ein Tattoo lässt sich warten. Den Selbstversuch, drei Wochen ohne Haarwäsche zu leben, würden aber wohl die wenigsten freiwillig starten.

Die Öffnung der Friseure ist keine Pflicht, auch einen Termin zu vereinbaren – wer den Schritt für unfair hält, darf auch weiterhin fernbleiben. Für viele wird er aber eine riesige Erleichterung sein – für die Friseure selbst, für Angehörige in der Pflege, und vor allem für alle, die auf Hilfe bei den Haaren angewiesen sind.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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