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USA: Amtseinführung von Joe Biden – "Washington muss auch auf uns zugehen"


Machtwechsel in den USA
"Washington muss auch auf uns zugehen"

  • Johannes Bebermeier
InterviewVon Johannes Bebermeier

19.01.2021Lesedauer: 3 Min.
Interview
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Das Kapitol in Washington: Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, hofft auf einen Neustart der Beziehungen mit den USA.Vergrößern des Bildes
Das Kapitol in Washington: Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, hofft auf einen Neustart der Beziehungen mit den USA. (Quelle: Erin Scott/Reuters-bilder)

Was erwartet sich Deutschland von einem Präsidenten Joe Biden? Peter Beyer, Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, ist hoffnungsfroh. Doch er hat auch klare Forderungen an die USA.

Herr Beyer, mit welchen Gefühlen blicken Sie heute nach Washington, wenn Joe Biden als neuer Präsident der USA vereidigt wird?

Es sind gemischte Gefühle. Die Nachrichten über mögliche Gewaltausbrüche beunruhigen mich natürlich, auch wenn strenge Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. Abgesehen davon verbinde ich mit der Amtseinführung aber eine große Hoffnung. Die ersten Wortmeldungen und Entscheidungen von Joe Biden stimmen mich zuversichtlich, dass ein Neustart der transatlantischen Beziehungen gelingen kann.

Wird das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA denn jemals wieder so wie vor Donald Trump?

Nein, das sollte aber auch nicht das Ziel sein. Transatlantische Nostalgie bringt uns nicht weiter. Wir sollten am "Neuen Westen" arbeiten. Deutschland kann sich nicht mehr auf der Hoffnung ausruhen, dass die USA es im Zweifel schon für uns richten werden. Wir haben die Verpflichtung, als starker Partner an der Seite der USA zu stehen. Zusammen können wir bei den essenziellen Themen Handel, Sicherheit, Tech, Gesundheit und Klima eine neue Ära einleiten.

Wie meinen Sie das mit unserer Verpflichtung?

Deutschland muss seine Führungsrolle ernst nehmen, natürlich mit unseren europäischen Partnern. Aber es gibt große Erwartungen an uns Deutsche, denen wir gerecht werden müssen. Und zwar nicht erst nach der nächsten Bundestagswahl, sondern jetzt.

Was kann Deutschland konkret tun, um Biden die Hand zu reichen?

Es fängt bei relativ einfachen Dingen an: Die EU und die USA könnten in bestimmten Fragen wieder mit einer Stimme sprechen, also gemeinsame politische Statements herausgeben. Etwa wenn es um die Systemrivalen China oder Russland geht. Daraus könnte eine besser abgestimmte internationale Politik erwachsen.

Peter Beyer ist Bundestagsabgeordneter für die CDU. Im Auswärtigen Amt arbeitet er zudem seit 2018 als Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung an den Beziehungen zu den USA und Kanada.

Mehr Einfluss durch Zusammenarbeit also. Was schwebt Ihnen noch vor?

In der Wirtschafts- und Handelspolitik sollten wir als EU ein breit angelegtes Paket schnüren, das ein Freihandelsabkommen beinhaltet, und es den USA auf den Verhandlungstisch legen. Und immer wenn wir uns auf einzelne Punkte einigen, sollten wir diese auch sofort umsetzen. Damit es schnell sichtbare Erfolge gibt.

Gerade die Handelspolitik war in den vergangenen Jahren von Negativschlagzeilen über Strafzölle dominiert.

Ja, davon müssen wir dringend weg, weil bei Zöllen immer beide Seiten verlieren. Ich erwarte, dass die neue amerikanische Regierung die Strafzölle auf Stahl und Aluminium bedingungslos abräumt. Es wäre ein wichtiges Zeichen der USA, um das beschädigte Vertrauen wiederherzustellen. Wir müssen die Hand ausstrecken, aber Washington muss auch auf uns zugehen.

Müssen wir derweil mehr tun, um das Nato-Ziel schneller zu erreichen, zwei Prozent unserer Wirtschaftskraft in die Verteidigung zu investieren?

Wir haben in den vergangenen zwei, drei Jahren schon deutlich mehr für unsere Verteidigung ausgegeben. Aber da dürfen wir jetzt nicht nachlassen. Das Zwei-Prozent-Ziel werden wir aus verschiedenen Gründen auch bis zum vereinbarten Datum 2024 nicht erreichen. Es sollte auch kein Fetisch werden, sondern die Richtung vorgeben. Wir müssen weiterhin mehr Tempo machen.

Was wird Joe Biden für ein Präsident für Deutschland und Europa?

Joe Biden wird ein kooperativer Präsident sein. Er ist ein Freund Europas, Biden kennt und versteht die EU. Donald Trump wollte Europa gar nicht verstehen. Zugleich wird Biden vor großen Aufgaben stehen – vor allem innenpolitisch. Er muss die Corona-Pandemie managen. Er muss versöhnen und entpolarisieren. Das wird ihn viel Kraft kosten.

Er erbt ein gespaltenes Land. Was muss Biden tun, um die USA zusammenzuführen?

Seine Rhetorik in den Wochen nach der Wahl, die auf das Zusammenführen ausgerichtet war, sollte Biden im Amt beibehalten. Aber er muss politisch natürlich auch liefern – und zwar nicht nur für seine demokratische Basis. Mit der demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat könnte er jetzt durchregieren. Dazu sollte er sich aber nicht verleiten lassen. Es ist sehr wichtig, dass er den Republikanern die Hand ausstreckt und überparteiliche Kompromisse sucht.

Und was wird aus Donald Trump?

Der Trump-Clan wird weiter eine wichtige Rolle spielen. Da sollte man sich keine Illusionen machen. Donald Trump hat mehrere Millionen Dollar eingesammelt, um seine politische Bewegung zu erhalten. Dutzende Millionen Amerikaner unterstützen ihn noch immer bedingungslos und sehen ihn als Wahlsieger. Das hat er mit seinen Lügen geschafft.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Peter Beyer am 18. Januar per Videokonferenz
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