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Triage in Sachsen: Michael Kretschmer nennt Äußerung aus Zittau "Hilferuf"


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Not in Klinik
Kretschmer nennt Triage-Äußerung aus Zittau "Hilferuf"


Aktualisiert am 16.12.2020Lesedauer: 3 Min.
Ein Notarzthubschrauber vor dem Klinikum Oberlausitzer Bergland gGmbH in Zittau: Die Entwicklung der Pandemie in Sachsen nimmt weiter dramatische Züge an, der Ärztliche Direktor hat von Triage gesprochen,Vergrößern des Bildes
Ein Notarzthubschrauber vor dem Klinikum Oberlausitzer Bergland gGmbH in Zittau: Die Entwicklung der Pandemie in Sachsen nimmt weiter dramatische Züge an, der Ärztliche Direktor hat von Triage gesprochen, (Quelle: Daniel Schäfer/dpa)
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Triage in einem deutschen Krankenhaus? Nach den Äußerungen eines Mediziners aus Zittau spricht Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer von einem "Hilferuf". Der Arzt bekommt Widerspruch.

Was heißt "bestmögliche Therapie", wenn an allen Ecken und Enden Mitarbeiter fehlen, die Zahl der Betten reduziert werden muss und immer mehr Patienten kommen? Das Klinikum Oberlausitzer Bergland in Zittau ist am Mittwoch durch die dramatische Corona-Situation bundesweit in die Schlagzeilen geraten. "Bestmögliche Therapie" erhielten die Patienten, teilte der Träger, das Gesundheitszentrum des Landkreises Görlitz, am Mittwoch mit. Die Versorgungssituation sei aber extrem angespannt.

Vorausgegangen war eine Äußerung des Ärztlichen Direktors Mathias Mengel. Mengel hatte gesagt, es sei bereits mehrfach Triage nötig gewesen – eine Entscheidung, wem geholfen werden kann und wem nicht. Das hatte zuvor noch kein Arzt aus einer Klinik in Deutschland öffentlich berichtet. Und aus dem Kreis Görlitz wurden am Mittwoch 467 Neuinfektionen gemeldet, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt laut Gesundheitsamr bei 701.

"Die Wortmeldung aus Zittau ist ein Hilferuf", sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Der Arbeitsalltag in deutschen Krankenhäusern sei "extrem angespannt". Schutzmaßnahmen machten die Arbeit schwieriger, es gebe Personalausfall wegen Erkrankungen oder Quarantäne. Auf das Klinikum selbst prasselten Anfragen aus ganz Deutschland ein. Der Mediziner, der t-online seine Aussagen bestätigt hatte, äußerte sich seither nicht mehr.

Klinikum und Sozialministerin bestätigen Vorgang nicht

Am frühen Mittwochnachmittag gab der Träger der Klinik eine Erklärung heraus, in der die Triage weder bestätigt noch dementiert wurde. Zu den Aussagen des Arztes äußerte sich die Klinik nur indirekt: Triage sei ein Begriff aus der Notfallmedizin, der ein Verfahren zur Einschätzung des Schweregrades von Erkrankungen und Verletzung beschreibe, hieß es. Die deutlichen Sätze des Mediziners dementierte die Klinik darin nicht.

Die "Sächsische Zeitung" zitierte allerdings eine Sprecherin, dass keine Patienten verstorben seien, weil ihnen als Folge von Triage beispielsweise kein Intensivplatz zur Verfügung gestanden habe oder keine Sauerstoffgabe möglich gewesen sei. Gegenüber der "Bild" sprach sie von einem "Missverständnis". Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) erklärte, sie könne den Fall nicht bestätigen. Die Verantwortlichen in Zittau hätten zeigen wollen, dass sie "bald" nicht mehr wissen, wie sie die Patienten versorgen sollen.

Intensivmediziner-Verband beruhigt

Die Meldung aus Zittau führt auch dazu, dass sich sie Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die Fachgruppe COVRIIN beim Robert-Koch-Institut (RKI) in einer gemeinsamen Stellungnehme meldeten: "Wir stehen derzeit nicht an dem Punkt, Priorisierungen von Patienten vornehmen zu müssen“, heißt es dort. Durch ein Verlegungskonzept könnten alle schwerkranken Patienten Betten in weniger belasteten Regionen auch erreichen."

Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker zeichnete die Lage in der Region dramatisch: Die Krankenhäuser der Region hätten ihre Leistungsgrenze überschritten, teilte er mit. Es sei "schockierend, aus dem Munde eines hochangesehenen Mediziners, der die ärztliche Leitung unseres Krankenhauses verantwortet, zu hören, dass bereits die so genannte Triage angewendet wird", so Zenker, der an dem Gespräch mit Mengel teilgenommen hatte.

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Klinikum kann geplante Betten nicht betreuen

In den beiden Standorten des Klinikums im Kreis Görlitz in Zittau und Ebersbach-Neugersdorf gibt es weniger nutzbare Betten für Corona-Patienten, als dort vorgesehen waren. Die Bettenzahl musste "deutlich reduziert werden", erklärte die Geschäftsführung laut MDR. Der Grund: Personal ist krank oder in Quarantäne. Deshalb kann die Betreuung für die geplante Bettenzahl nicht gewährleistet werden.

Um 100 Betten für Coronapatienten zu schaffen, waren auch andere Stationen geschlossen worden. Laut Klinik waren bis zu 85 Betten bereits belegt. Das Klinikum machte keine Angaben, wie viele Betten nun vorgesehen sind und wie viele Intensivbetten es gibt.

In der Erklärung hieß es, dass Erkrankte in umliegende Krankenhäuser geflogen werden, wenn eigene Kapazitäten nicht reichen. Sei das nicht möglich, verschärfe sich die ohnehin angespannte Situation deutlich. Die Leitstelle in Dresden bestätigte, dass es "verstärkt" Verlegungen aus den Landkreisen Bautzen und Görlitz in entferntere Krankenhäuser gegeben hat. Das geschieht, wenn es regional keine Aufnahmekapazitäten mehr gibt. Allerdings sind auch nicht alle Patienten transportfähig.

Laut Ministerpräsident Kretschmer wird die Bundeswehr in Sachsen "über den Jahreswechsel hinaus weiter im Krankenhaus helfen". Derzeit sind in Sachsen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie rund 700 Soldaten im Einsatz. Zudem sollen in den nächsten Wochen verstärkt niedergelassene Ärzte für die Versorgung eingebunden werden.

Verwendete Quellen
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