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NRW-Verfassungsschutz: Radikalisierung? Jeder zehnte "Querdenker" rechtsextrem


"Gibt eine Radikalisierung"
NRW-Verfassungsschutz: Jeder zehnte "Querdenker" rechtsextrem

Von afp, dpa
Aktualisiert am 10.12.2020Lesedauer: 3 Min.
Polizisten beobachten Hooligans auf einer Querdenken-Demo in Düsseldorf: Der NRW-Verfassungsschutz sieht eine Radikalisierung der Gruppierung.Vergrößern des Bildes
Polizisten beobachten Hooligans auf einer Querdenken-Demo in Düsseldorf: Der NRW-Verfassungsschutz sieht eine Radikalisierung der Gruppierung. (Quelle: C. Hardt/imago-images-bilder)
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Die Bewegung der "Querdenker" ist homogen. In Nordrhein-Westfalen radikalisieren sich deren Anhänger zunehmend. Der Verfassungsschutz ist alarmiert.

Rund zehn Prozent der Teilnehmer "Querdenken"-Demonstrationen sind nach Einschätzung des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes Rechtsextreme oder Reichsbürger. Laut einem Bericht der "Neuen Westfälischen" aus Bielefeld vom Donnerstag mischen sich auch einflussreiche Protagonisten der rechtsextremistischen Szene unter die Demonstranten. "Es gibt eine Radikalisierung, je länger die Maßnahmen dauern", sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) der Zeitung.

Einheitliche "Anti-Corona-Bewegung" gibt es nicht

Immer mehr Rechtsextremisten entdeckten die Proteste für sich. "Hier laufen Impfgegner neben Verschwörungsideologen, da hält der Rechtsextremist sein Plakat neben Bürgerinnen und Bürgern, die Angst um ihr Geschäft haben oder ihre Enkel gern wiedersehen wollen", sagte Reul. Eine einheitliche "Anti-Corona-Bewegung" gebe es nicht.

In Nordrhein-Westfalen gab es dem Verfassungsschutz zufolge bisher rund 400 solcher "Corona-Protestversammlungen". Am Mittwoch wurde bekannt, dass Baden-Württemberg als erstes Bundesland eine Gruppe der sogenannten Querdenker vom Verfassungsschutz beobachten lässt.

Die Verfassungsschutzbehörden der Länder haben nach den Worten von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann auch außerhalb von Baden-Württemberg "ein wachsames Auge" auf die "Querdenken"-Bewegung. Der CSU-Politiker und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) betonten jedoch am Donnerstag am Rande der Innenministerkonferenz (IMK) in Berlin, die Bewegung sei nicht überall in Deutschland so aufgestellt wie im Südwesten, wo sie seit dieser Woche vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird.

"Die Bewegung der Querdenker kommt von dort, hat dort ihre organisatorische Basis. und ihre Wortführer und Anführer haben dort ihren Sitz – das ist in Niedersachsen und in Thüringen und in anderen Bundesländern anders", sagte Pistorius. Deswegen gehe es in diesen Ländern weniger darum, Organisationen zu beobachten, "sondern im Zweifel nur lockere Personenzusammenschlüsse oder Einzelpersonen". Dies finde aber durchaus statt.

Bayern: Geringer Anteil von Rechtsextremisten bei Protesten

Die Situation stelle sich in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich dar, sagte Herrmann – auch die Frage, wie stark die Verbindungen zum Rechtsextremismus sind. In Bayern habe es zuletzt einen sehr geringen Anteil von Rechtsextremisten bei Protesten gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gegeben – "andernorts war das wesentlich stärker".

Der IMK-Vorsitzende, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), sieht bei der "Querdenken"-Bewegung dagegen eine deutliche Tendenz in eine rechtsextreme Richtung. Er sagte: "Es gibt allerdings mittlerweile schon nachweislich Kontakte, persönliche Kontakte zur "Reichsbürger"-Szene und zu anderen im extremistischen Bereich angesiedelten Personen." Daher könne er die Entscheidung in Baden-Württemberg gut nachvollziehen – "und wir müssen uns in den anderen Bundesländern natürlich individuell ein Bild machen und dann entscheiden".

Entscheidung liegt jeweils bei Bundes-Behörden

Pistorius und Maier betonten jedoch beide, die Entscheidung liege letztlich bei den jeweiligen Verfassungsschutzbehörden. Die Innenministerkonferenz werde daher dazu keinen Beschluss fassen.

Ob sie zu einem Verdachtsfall des Verfassungsschutzes werde, liege auch an der "Querdenken"-Bewegung selbst, sagte der IMK-Chef der Deutschen Presse-Agentur. Bei Demonstrationen und Veranstaltungen müsse sie sich konsequent von demokratiefeindlichen Teilnehmern und deren Gedankengut und Symbolen distanzieren. Dafür sei mehr nötig als ein Aufruf zu Beginn von Versammlungen, dass diese Teilnehmer die Veranstaltung verlassen sollen. Nach Schätzungen sei etwa ein Drittel der Teilnehmer in der Regel dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen.

Die Initiative "Querdenken" zweifelt die staatlichen Corona-Regelungen an und kritisiert die Einschränkung von Grundrechten. Seit Wochen ruft sie bundesweit zu Demonstrationen auf.

Gründer der "Querdenker" traf sich mit "Reichsbürger"

"Querdenken"-Gründer Michael Ballweg verteidigte erneut ein Treffen mit dem prominenten "Reichsbürger" Peter Fitzek, der sein eigenes "Königreich Deutschland" ausgerufen hat. "Das war ein reines Vernetzungstreffen", sagte der IT-Unternehmer der dpa in Stuttgart. "Nur weil man sich mit jemandem trifft, muss man nicht dessen Meinung haben."

Die Chefin des baden-württembergischen Verfassungsschutzes, Beate Bube, hatte am Mittwoch erklärt, das Treffen von etwa 80 Anhängern von "Querdenken 711" mit Fitzek im thüringischen Saalfeld sei ein wichtiger Faktor für die Entscheidung gewesen, die Bewegung zu beobachten.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) forderte mit Blick auf die "Querdenken"-Bewegung eine Reform des Paragrafen zum Landfriedensbruch. "Ein Problem ist, dass Einzelne in der Bewegung immer gewalttätiger werden", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag).

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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