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CSU-Chef Markus Söder in Moskau: Warum lädt Putin ihn überhaupt ein?


CSU-Chef Söder in Moskau
Warum lädt Putin ihn überhaupt ein?

Von dpa
Aktualisiert am 29.01.2020Lesedauer: 4 Min.
Handschlag mit Kreml-Chef Wladimir Putin (l.): Für CSU-Chef Markus Söder war es der vierte Besuch als Politiker in Moskau – und wohl der bislang wichtigste.Vergrößern des Bildes
Handschlag mit Kreml-Chef Wladimir Putin (l.): Für CSU-Chef Markus Söder war es der vierte Besuch als Politiker in Moskau – und wohl der bislang wichtigste. (Quelle: Maxim Shemetov/dpa)

Er beharrt auf Sanktionen, spricht schwierige Themen an, trifft Menschenrechtler: Bayerns Ministerpräsident Söder gibt sich als unbequemer Gast. Dass Präsident Putin ihn dennoch empfangen hat, hat mehrere Gründe.

So ganz verzichten kann Markus Söder dann doch nicht. Zu seinem Premierenbesuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin im Kreml hat er bewusst keine Journalisten mitgenommen. Kurz nach seiner Ankunft in Moskau am Dienstagabend ploppt dann aber doch im Internet ein bemerkenswertes Foto des CSU-Chefs auf.

Das Bild mit dem Titel "Angekommen in Moskau..." zeigt den bayerischen Ministerpräsidenten mit ernster Miene, fern im Hintergrund die verschneite Moskauer Innenstadt mit den weltberühmten Zwiebelturmspitzen der Basilius-Kathedrale am Roten Platz.

"00Söder auf Auslandsmission"

Der Medienprofi Söder weiß genau um die Macht von Bildern. Und wer etwa bei Facebook die Kommentare liest, erfährt, wie es auch hier funktioniert: "Gute Gespräche, nicht unterkriegen lassen und kommen Sie gesund wieder heim. Wir brauchen Sie hier nämlich noch", heißt es etwa. Nur ganz wenige nutzen den Post für Spott an "00Söder auf Auslandsmission" oder Seitenhieben für die K-Frage in Deutschland: "Das könnte der Blick eines zukünftigen Kanzlers sein."

Er war zwar schon mehrfach in Moskau, aber sein vierter Besuch ist der bisher wichtigste. Erstmals trifft er Putin im Kreml persönlich. In dem halbstündigen Gespräch sprechen beide Deutsch, was Putin aus seinen Zeiten als KGB-Offizier in Dresden gut beherrscht. Die festliche Deko in der ganzen Stadt, sagt Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin mit feierlichem Lächeln, sei extra für den Gast aus München. Söder hat bayerisches Bier als Gastgeschenk dabei. Aber er ist nicht gekommen, um nur Freundlichkeiten auszutauschen.

Söder spricht Sanktionen und Tiergarten-Mord an

Eine Einladung von Putin schlägt niemand aus. Aber die Zeiten für solche Treffen sind nicht ideal. Er sei mit gemischten Gefühlen angereist, sagt Söder. Der Mord an einem Georgier in Berlin – womöglich in staatlichem russischen Auftrag – belastet das Verhältnis von Deutschland und Russland. Auch die Sanktionen im Ukraine-Konflikt hängen wie die dunklen Wolken an diesem grauen Wintertag über der Beziehung. Söder weiß darum, spricht beides offensiv von sich aus an. Putin nickt einmal, als es um Probleme geht. Nicht "überragend", wie Söder später meint.

Für den 53-jährigen Franken ist die Reise ein Balanceakt. Er weiß um die wirtschaftlichen Interessen bayerischer Konzerne in Russland – Siemens ist groß hier. Die Russen fahren auch ganz gern Autos aus dem Freistaat. Zugleich muss er betonen, dass die Sanktionen bleiben, solange es keine echten Fortschritte gibt bei der Lösung des blutigen Konflikts in der Ostukraine.

Seehofer nannte den Ukrainekonflikt eine "Schießerei"

Darin unterscheidet er sich etwa von den ostdeutschen Ministerpräsidenten, die für ein Ende der Sanktionen plädieren – und für Putin daher die angenehmsten Gäste sind. Auch Söders Vorgänger als Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer sorgte 2016 mit unglücklichen Äußerungen für viel Ärger in Berlin. Er forderte damals ein Ende der Sanktionen und nannte den Ukrainekonflikt eine "Schießerei". Putin sagte, dass er mit Söders Vorgängern gute Kontakte gehabt habe.

Söder aber will zuerst die Linie der deutschen Außenpolitik mit seinem Besuch verstärken, wie er sagt. Dazu hat er sich mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgesprochen – sie befürworte Söders Besuch. Putin richtet schöne Grüße für Angela aus.

Söder: "Ich überschätze mich nicht"

In Moskau bewegt sich Söder auf dem diplomatischen Parkett – immer mit dem deutschen Botschafter in Moskau, Géza Andreas von Geyr, als Sicherheitsnetz an seiner Seite. Söder hebt auch Russlands starke Rolle bei dem Versuch hervor, Konflikte wie in Syrien und Libyen zu lösen. "Es ist mir klar, dass sich mit so einem Besuch nicht die Welt verändert wird. Ich überschätze das nicht, ich überschätze mich nicht", sagt er.

Auch er weiß, dass erst vor wenigen Wochen Merkel selbst stundenlang im Kreml war – wegen Libyen. Russland ist inzwischen international gefragter Stabilitätsfaktor – vor allem mit Blick auf die umstrittene Außenpolitik von US-Präsident Donald Trump.

Söders Besuch ist Futter für das russische Staatsfernsehen

Aber warum hat Putin Söder eingeladen? Russen schätzen Bayern – nicht nur wegen der wirtschaftlichen Stärke. Beliebt sind auch bayerisches Brauchtum, Bier und Weißwürste. Und nicht zuletzt ist Söders Besuch bei Putin Futter für das russische Staatsfernsehen. Als Söder in der Früh mit einer Kranzniederlegung an den Sieg der Sowjetunion über den Hitlerfaschismus erinnert, sind die russischen Kameras ganz nah dran. Es ist ein Moment der Stille, während nebenan der Moskauer Weihnachtsmarkt noch immer bunt glänzt.

Kremlchef Putin hat ihn aber nicht deshalb zu sich gerufen. Zum einen gibt es eine lange Besuchstradition von CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten in Moskau seit 1987 Söders großes Vorbild Franz Josef Strauß erstmals seinen Flieger selbst nach Moskau steuerte. Zum anderen ist Söders Marktwert wegen dessen Schlüsselrolle bei der Suche nach dem Union-Kanzlerkandidaten in die Höhe geschossen. Vor allem aber ist Russland auf Investitionen angewiesen. Wirtschaftlich geht es dem Land wegen der seit 2014 geltenden Sanktionen und dem niedrigen Ölpreise schlecht wie seit Jahren nicht mehr.

Söder trifft Menschenrechtler

Putin hat wohl auch deshalb Reformen angekündigt und seinen neuen Wirtschaftsminister neben Bürgermeister Sobjanin mit zum Treffen gebracht. Es gibt eine neue Regierung – und mit ihr die Hoffnung, dass deutsche und andere westliche Geldgeber wieder mehr investieren. Söder macht in Moskau deutlich, dass viel mehr möglich sei in den deutsch-russischen Beziehungen als heute. Er betont aber auch, dass sich vor allem Russland dafür bewegen müsse. Nicht nur im Ukraine-Konflikt.

Der CSU-Chef trifft vor seinem Besuch im Kreml auch Menschenrechtler, die zunehmenden Repressalien ausgesetzt sind. Er mahnt demokratische Freiheiten an. Als Zeichen des guten Willens vereinbart Söder mit Bürgermeister Sobjanin, dass Bayern und die größte Stadt Europas mit ihren mehr als zwölf Millionen Einwohnern wirtschaftlich enger zusammenarbeiten wollen. Es bleibt aber ein Besuch der kleinen Schritte, wie Söder einräumen muss.


Unmittelbar nach seinem Rückflug am Mittwochabend dürfte Söder im Kanzleramt beim Koalitionsausschuss Merkel brühwarm über seinen Besuch am Rande des Koalitionsausschusses berichten. Ob er dort – wie zuvor in Moskau – Merkels Strategie der kleinen Schritte als "einzig sinnvollen Weg" verteidigt, ist mehr als unwahrscheinlich. So wie jüngst bei Söders Forderung nach einer Umbildung des Bundeskabinetts dürften die Schritte dann nicht groß und schnell genug sein.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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